Karpatenfürst - Landers, K: Karpatenfürst
gemeint hatte. Trotzdem war sie mit dem schmalen Gesicht, den hohen Wangenknochen und den schräg geschnittenen Augen attraktiv. Die Zigeunerin erinnerte sie an jemanden, aber ihr fiel nicht ein, an wen. Schwarzes, lockiges Haar quoll unter einem grellroten Kopftuch hervor, wie es viele ihrer Sippe trugen. Als sich ihre Blicke begegneten, lächelte sie. Es war ein warmes, offenes Lächeln, das Daniela sofort Vertrauen zu ihr fassen ließ.
„Oana, sie ist aus der Ohnmacht aufgewacht“, sagte die Frau aufgeregt und blieb stehen.
Vorsichtig legten sie Daniela auf den weichen Waldboden und beugten sich über sie. Die andere, deren Stimme so unfreundlich geklungen hatte, besaß ein klassisch schönes Gesicht mit ebenmäßigen Zügen und einem sinnlich vollen Mund. Sie war um einiges jünger als die schwarzhaarige Zigeunerin und erinnerte Daniela an ein Bildnis der Gräfin Elisabeth, das ihre Mutter ihr einst gezeigt hatte. Mandelaugen sahen hochmütig auf Daniela herab. Kastanienbraunes Haar hing als Zopf über der Schulter und um ihren Schwanenhals war ein Tuch geknotet. Deutlich roch Daniela das verkrustete Blut darunter, das sie zu verbergen suchte.
Die bleiche Haut der Frauen bestätigte den Verdacht, sie könnten Bluthuren sein. Kein Wunder, dass sie nicht viel von den Dceras hielten, die ihre vampirischen Freier vernichteten.
„Kannst du uns verstehen?“, wandte sich die Zigeunerin an Daniela.
Daniela wollte ihr antworten, aber ihre Stimme versagte und heraus kam nur ein heiseres Krächzen, das in einem Hustenanfall endete. Danach zitterte sie schlimmer als vorher.
„Du Armes, hast viel mitgemacht. Deine Haare sind klitschnass. Hier, nimm noch mein Tuch.“ Sie nahm ihr Kopftuch ab und wickelte es um Danielas nasses Haar, als ein leichter Wind aufkam.
Daniela lächelte sie dankbar an. Die Fürsorge tat ihr wohl.
„Wir bringen dich jetzt zu unserem Lager, wo wir dich aus den nassen Sachen schälen.“
„Wenn wir dort sind, keinen Mucks, Herzchen. Hast du kapiert?“ Die andere spitzte ihre Lippen und funkelte sie feindselig an. Die Freundliche legte ihre Hand auf Danielas Schulter und tat, als hätte sie die Worte der anderen überhört.
„Wir müssen dich verstecken. Du bist keine von uns, oder?“, fragte sie, während ihr Blick über Danielas durchnässte Lederbekleidung glitt, die nach dem Bad in der Moldau aufgequollen war.
Eine von ihnen? Sie war doch keine Hure! Wussten die denn nicht, dass nur Dceras sich in Leder und Hosen kleideten? Daniela öffnete den Mund, um zu antworten, doch die andere kam ihr zuvor.
„Bist du eine Bluthure oder nicht? Antworte gefälligst“, zischte sie. Daniela schüttelte den Kopf.
„Hab ich mir gleich gedacht. Ileana, die können wir nicht mitnehmen. Wir besorgen ihr frische Kleidung und dann soll sie selbst zusehen, wie sie sich durchschlägt.“
„Auf gar keinen Fall“, widersprach Ileana. „Sie könnte Vampiren oder Werwölfen zum Opfer fallen. Wir nehmen sie mit und verstecken sie, bis es ihr besser geht.“
„Wovon soll sie leben? Wir können sie nicht auch noch durchfüttern.“
„Ich habe ein wenig Geld.“ Danielas Stimme klang kratzig. Das Geld war im Futter ihrer Jacke eingenäht. Sie verschwieg den beiden, dass es sich um eine beträchtliche Summe handelte.
Oana betrachtete sie skeptisch.
„Hast wohl geklaut?“
„Nein. Ich habe es mir redlich verdient. Bei einem Bäcker.“ Daniela bemühte sich, den Blicken der Huren standzuhalten. Hoffentlich kauften die beiden ihr das ab.
„Siehst du, das wäre doch geklärt“, erwiderte Ileana sichtlich erleichtert und nickte der anderen Hure zu, deren Blick misstrauisch blieb.
„Wie ist dein Name?“, fragte Ileana.
Wenn sie jetzt ihren Namen preisgab, scheiterte ihr Plan sicherlich schneller als gehofft. Drazice kannte ihren Namen.
„Mirela.“ Daniela schluckte und forschte in ihren Mienen.
„Gut, Mirela, wir nehmen dich mit ins Lager. Aber wenn wir dort sind, gibst du uns das Geld.“
Daniela unterdrückte einen Seufzer der Erleichterung über Ileanas Worte.
„Danke“, sagte sie leise.
„Und wie stellst du dir das vor? Wenn Anton und sein Gefolge heute Nacht zurückkehren, werden sie sie wittern.“ Oana lief rot an und gestikulierte wild in ihrer Erregung.
Beim Erwähnen dieses Namens horchte Daniela sofort auf. Sprachen die etwa von dieser Teufelsbrut Drazice? Sie konnten nur ihn meinen, denn oft genug hatten ihre Gefährtinnen ihn beobachtet, wie er das Zigeunerlager
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