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Karriere oder Jakobsweg? Wegezeit - Wendezeit. Mein Weg nach Santiago De Compostela

Karriere oder Jakobsweg? Wegezeit - Wendezeit. Mein Weg nach Santiago De Compostela

Titel: Karriere oder Jakobsweg? Wegezeit - Wendezeit. Mein Weg nach Santiago De Compostela Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Dankbar
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und verneigte mich, an der Rückseite des Pórtico schlug ich dann dreimal kurz meinen Kopf auf das Haupt des Mateo. Dieser kniete mit dem Rücken zu dem von ihm erschaffenen Portal. Durch das Anschlagen soll ein wenig von seiner Schöpferkraft übertragen werden. Es war schon ein besonderer Moment, aber kein außergewöhnlicher. Die Pilgermesse später wie auch der Besuch der Jakobusstatue und des Apostelgrabes hinter dem Altarraum waren für mich die bewegenderen Augenblicke. Am meisten jedoch fühlte ich mich angekommen, als ich mich, ganz für mich allein, in eine der Bänke setzte und diesem Augenblick nachspürte. Ich war da, ich hatte es geschafft. Ich hatte etwas erlebt, was sicherlich zu den eindrucksvollsten Erfahrungen in meinem Leben gehörte. Mir war nichts richtig Böses widerfahren, im Gegenteil, ich war mit einem Schutzengel unterwegs gewesen. Ich weinte vor Freude und Erleichterung. Im Zwiegespräch mit Gott bedankte ich mich.

    Kurz darauf befand ich mich in der Menschenschlange vor dem Pilgerbüro, ganz in der Nähe der Kathedrale, um mir die Pilgerurkunde ausstellen zu lassen. Aufgrund der frühen Tageszeit war die Schlange noch relativ kurz, sie reichte noch nicht mal bis in das Treppenhaus. Die Pilger standen hintereinander, manche im Gespräch, andere still und in sich Die Gasse, in der das Pilgerbüro und mein gekehrt. Es gab immer Hotel liegt wieder Hallos und Wiedersehensfreude. Vor mir und hinter mir war niemand, den ich kannte. Meine Mitpilger standen außer Reichweite. Gern hätte ich die Wartezeit mit jemandem geteilt. Ich fühlte mich auf einmal sehr einsam, trotz der Menschen um mich herum. Seltsam, die überwiegende Zeit des Tages war ich in den zurückliegenden Wochen allein gewesen und jetzt inmitten der anderen Pilger überkam mich dieses schreckliche Gefühl des Alleinseins. Die Pilgerurkunde in den Händen haltend, machte ich mich auf den Weg, eine Unterkunft zu finden. Bevor um zwölf Uhr die Messe beginnen sollte, wollte ich unbedingt meinen Rucksack loswerden. Ich hatte beschlossen, wie die meisten Pilger, mir etwas in der Altstadt zu suchen. Die Herberge lag etwas außerhalb und ich wollte mich auch an keine Regeln bezüglich der Uhrzeit mehr halten. Plötzlich traf ich Maciej, wir umarmten uns herzlich. Er, Steffi, Katrin, Marcello, Graham und Peter waren bereits am vorherigen Tag in Santiago angekommen. Frühestens am nächsten Tag planten sie, nach Finisterre aufzubrechen. Mein Wunsch, sie alle noch zu sehen, sollte sich also erfüllen. Maciej zeigte mir den Hostal, in dem er war, doch dort hätte ich nach zwei Nächten umziehen müssen. Ich entschied mich, meinem ersten Impuls nachzugeben und in dem kleinen Hotel schräg gegenüber dem Pilgerbüro nach einem Zimmer zu fragen. Ich hatte Glück; zwar musste ich noch eine Stunde warten, aber direkt unter dem Dach bekam ich ein wunderbares Zimmer. Von dort oben konnte ich sogar einen Blick auf die Kuppeln der Kathedrale werfen. Im Vergleich zu den Pilgerunterkünften war das Zimmer der reinste Luxus. Um die Wartezeit auf das Zimmer zu verkürzen, machte ich mich wieder auf den Weg zur Kathedrale. Der Platz davor war gefüllt mit Menschen. Ich traf dort so viele. Es war ein einziges großes Hallo: Steffi, Katrin, Ute, wieder Maciej, Elvira und Martin, meine Franzosen, die beiden netten Belgierinnen und, und, und. Die Stimmung war großartig.
    Endlich im Zimmer schob ich meinen Rucksack in die hinterste Ecke und nahm eine schnelle Dusche. Ich wollte nicht zu spät zu der Pilgermesse um zwölf kommen. Neben mir saßen schließlich Hans-Jakob und Johannes, denen ich auf dem Weg in die Kirche begegnet war. Sie war rappelvoll. Die Pilger unterschieden sich deutlich von den übrigen Besuchern, nicht nur durch ihre Kleidung, sondern auch durch eine erwartungsvolle Freude auf ihren Gesichtern. Mich eingeschlossen. Es war ein unbeschreiblich schönes Gefühl, Teil dieser Pilgergemeinschaft zu sein. Die Messe wurde auf Spanisch gehalten, doch auf dem Weg zur Kommunion stimmte einer der vielen Priester, ein deutscher Geistlicher, das Lied »Lobe den Herren« an. Es ist eines meiner Lieblingskirchenlieder und anscheinend waren sehr viele deutschsprachige Pilger in der Kirche, denn es erhob sich ein kräftiger Chorgesang. Mir lief ein Schauer über den Rücken. Etwas später sang eine Nonne, die mit ihrer wunderbaren Stimme die ganze Kathedrale erfüllte. Hans-Jakob und ich gingen nach der Messe zum Grab und zur Statue des heiligen

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