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Karriere oder Jakobsweg? Wegezeit - Wendezeit. Mein Weg nach Santiago De Compostela

Karriere oder Jakobsweg? Wegezeit - Wendezeit. Mein Weg nach Santiago De Compostela

Titel: Karriere oder Jakobsweg? Wegezeit - Wendezeit. Mein Weg nach Santiago De Compostela Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Dankbar
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früher in der Lage waren, ohne all die Werkzeuge, die heute zur Verfügung stehen.
    Gu und ich wollten in Logroño abends zum ersten Mal richtig toll essen gehen. Nachdem wir aus der Kathedrale kamen, machten wir uns auf die Suche nach einem entsprechenden Lokal. Doch entweder boten die Restaurants nur ein Pilgermenue an, worauf wir diesmal überhaupt keine Lust hatten, oder sie öffneten erst um 21 Uhr. Bis dahin wären wir verhungert und zu allem Überfluss mussten wir um spätestens 22.30 Uhr im Refugio sein. Wir beschlossen zu kochen, in der Herberge gab es eine Gemeinschaftsküche, die von allen genutzt werden durfte. Im Supermarkt kauften wir Spaghetti, Tomaten, Speck und Ruccola, dazu einen Rotwein aus dem Rioja. Spaghetti a la Amatriciana wollten wir zubereiten.
    In der Küche ging es bereits hoch her, es war eng und laut. Viele Gerüche empfingen uns, ein Gewirr von Sprachen war zu vernehmen: Deutsch, Englisch, Spanisch und Italienisch. Wir fanden noch ein freies Plätzchen bei drei älteren Spaniern, die wir unterwegs, allerdings zu viert, schon häufiger bemerkt hatten. Sie gehörten offensichtlich zusammen, aber jeder ging über den Tag sein Tempo. Immer waren sie freundlich und sprachen uns munter auf Spanisch an. Sie hatten sichtlich Spaß, wenn Gu ihnen mit seinen Spanischkenntnissen antwortete. Nachdem ich Gu bei den Vorbereitungen geholfen hatte und er allein weiterkochen wollte, setzte ich mich zu den Herren, die sofort versuchten, mich in ihre Unterhaltung einzubeziehen. Es war so lustig, außerdem versuchten sie, mir auf charmante Art und Weise ständig Komplimente zu machen. Da ich nicht alles verstand, wurde Gu immer wieder an den Tisch geholt, um zu übersetzen, aber leider verstand er auch nicht alles. Als wir gerade mit dem Essen begonnen hatten, trudelte der Vierte ein. Er konnte etwas Deutsch, sodass nun die Unterhaltung noch besser in Schwung kam. Zunächst berichtete er uns aber, dass er gerade geholfen habe, einer Italienerin, die sich bereits vor Tagen verletzt habe, einen Flug nach Hause zu beschaffen. Im Krankenhaus habe sich herausgestellt, dass sie sich das Waden- oder Schienbein gebrochen habe. Wir wunderten uns alle sehr, dass sie mit so einer Verletzung überhaupt noch so weit hatte laufen können. In der anderen Ecke der Küche wurde es lauter und lauter. An dem Tisch saßen Italiener und Deutsche, die offenkundig bester Laune waren. Bei Mirella und Walter waren zwei junge Italiener, einer davon mit wilder Rastamähne. Die beiden Deutschen waren zwei strohblonde Frauen, die eine klein, die andere groß, beide lachten ausgesprochen fröhlich und sehr prägnant - man konnte sie deutlich heraushören. Unterdessen wurde das Essen munter untereinander ausgetauscht, jeder verteilte seine Reste, es war kurzweilig und sehr anregend. Es war eine Form der Völkerverständigung. Wir waren froh, nicht essen gegangen zu sein! Satt, zufrieden und müde gingen wir gegen zehn nach oben.
    Die Ersten lagen bereits wieder im Bett. Vor dem Schlafengehen sortierte ich noch einmal den Rucksack aus. Trotz meiner trockenen Haut ließ ich die Bodylotion zurück, auch die Seife musste dran glauben, das Shampoo musste ab sofort für Kopf und Körper reichen. Gu tauschte mit mir die Isomatte, da seine Matte leichter war als meine, jedes Gramm zählte! Ein wenig ärgerte ich mich immer noch, dass ich den größeren Rucksack statt des kleineren gekauft hatte, aber wie heißt es so schön: Wer nicht hören will, muss fühlen. Vielleicht sollte ich mir meines Ballasts bewusst werden, damit ich ihn abwerfen konnte, um beweglicher zu sein. Vielleicht sollte mir dadurch endlich klar werden, wie wenig ich eigentlich zum Leben brauche.
     
     

8. Pilgertag, Dienstag, 30. Mai 2006
    Logroño - Nájera
     
    Wir hatten uns für den achten Pilgertag Nájera als Ziel gesetzt, bis dahin waren es fast 31 km. Würden wir es schaffen? Zunächst hieß es aber aus Logroño herauskommen. Eine größere Stadt zu verlassen, ist meistens unschön, da an der Peripherie oft die Industriegebiete angesiedelt sind. Kurz nach Logroño führte der Pilgerweg dann aber über einen Spazierweg in ein Naherholungsgebiet, La Grajera. Ein riesiger Stausee lag malerisch vor uns, an seinem bewaldeten Ufer wanderten wir eine ganze Weile entlang. Die Gegend erinnerte mich an zu Hause, an die Vennlandschaften im Münsterland, auch wenn die Bäume schon eher dem mediterranen Klima entsprachen. Leider führte der Weg irgendwann weg aus dem

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