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Kartiks Schicksal

Kartiks Schicksal

Titel: Kartiks Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Libba Bray
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ist, ist vorbei, also trocknen wir unsere Tränen. Wir sind hier und alles wird so werden, wie wir es uns nur je erträumen konnten. Warte nur ab.«
    Das Mädchen wischt sich die Nase am Ärmel ab und das allein zeigt, dass sie noch ein halbes Kind ist. Sie ist nicht älter als dreizehn. Die Vorstellung, dass sie von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang in der Fabrik gearbeitet hat, ist schrecklich.
    »Also, wer möchte ein lustiges Abenteuer erleben?«, fragt Pippa.
    Die Mädchen brechen in einen Sturm der Begeisterung aus. Sogar Mercy schafft es zu lächeln.
    »Was für ein Abenteuer?«, fragt Ann.
    Pippa kichert. »Ihr werdet mir vertrauen müssen. Jetzt schließt die Augen und folgt mir. Und nicht heimlich gucken!«
    Mit Pippa an der Spitze bilden wir eine Kette und lassen uns von Hand zu Hand weiterziehen. Es geht aus der Burg hinaus ins Freie. Ich kann die Kühle des Niemandslands auf meiner Haut spüren.
    »Augen auf!«, kommandiert Pippa.
    Vor uns liegt eine riesige Hecke, über acht Fuß hoch. An der einen Seite sehe ich einen Eingang.
    Ann grinst. »Ein Labyrinth!«
    »Ja«, sagt Pippa und klatscht in die Hände. »Ist das nicht großartig? Wer will sich verstecken?«
    »Ich«, sagt Bessie. Sie biegt um die Ecke und verschwindet im Innern des Labyrinths.
    »Und ich.« Mae folgt ihr.
    »Ich liebe ein gutes Versteckspiel. Such mich, Fee!« Damit rafft Pippa ihren Rock und Felicity jagt ihr kichernd nach. Ich bleibe als Letzte übrig. Ich weiß nicht, wie die anderen so schnell verschwinden konnten. Ich biege um die nächste Ecke und die nächste, von einer zur anderen, sehe aber nichts als ein verwirrendes Geflimmer von Farben und dann nichts. Es ist die ungewöhnlichste Hecke, die ich je gesehen habe. Ihre Wände sind aus dicht verflochtenem Klee und kleinen schwarzen Blumen und ich könnte schwören, dass sie sich bewegen, denn sooft ich mich umdrehe, hat sich der Durchgang verändert. Ich gerate in Panik und beschleunige meine Schritte.
    »Ann!«, schreie ich.
    »Hier!«, ruft sie zurück. Der Laut schallt von überall gleichzeitig, sodass ich mir nicht sicher bin, in welche Richtung ich jetzt gehen soll. Ich höre Flüstern. Kommt es von weiter vorne?
    Als ich um die nächste Ecke biege, sehe ich Felicity und Pippa vor mir. Sie stehen dicht beisammen, Stirn an Stirn gelehnt, und halten einander an den Händen. Sie sprechen leise, murmeln, und ich kann nur das eine oder andere Wort, den einen oder anderen Satzfetzen aufschnappen.
    »… gibt es einen Weg …«
    »… aber wie …«
    »… könnten wir … zusammen … verstehst du?«
    »… Pip …«
    »… versprich mir …«
    »… verspreche …«
    Ich trete auf einen heruntergefallenen Zweig. Er bricht mit einem lauten Knacken. Sofort lassen sie ihre Hände los und strahlen mich mit einem zu rasch angeknipsten Lächeln an.
    »Du sollst dich nicht so anschleichen, Gemma«, schimpft Felicity, aber sie fasst sich erschrocken ans Herz und ist vor Verlegenheit rot geworden bis über beide Ohren.
    Pippa springt ein und erklärt, ohne mit der Wimper zu zucken: »Fee hat mir gezeigt, wie man bei Hof richtig knickst. Es ist wahnsinnig schwer, aber sie kann es hervorragend, stimmt’s, Fee?«
    Wie auf ein Stichwort versinkt Felicity in einem tiefen Knicks, mit beiden Händen den Rock haltend, den Kopf gesenkt. Ihre kühlen grauen Augen werfen mir von unten herauf einen Blick zu.
    »Ihr habt also übers Knicksen gesprochen«, sage ich belämmert.
    »Ja.« Pippas Lächeln ist eine Lüge.
    »Egal. Es geht mich nichts an«, sage ich und wende mich ab.
    »Gemma, sei nicht albern!«, ruft mir Felicity nach. »Wir haben über den Hofknicks gesprochen und nichts anderes!«
    Während ich mich entferne, höre ich sie hinter meinem Rücken flüstern. Schön. Sollen sie ihre Geheimnisse haben. Ich schlängle mich durch das Labyrinth. Die Magie wirbelt und strudelt in mir. Ich könnte die Welt fressen, sie als Ganzes verschlingen. Ich muss rennen. Um mich schlagen. Zerstören und heilen in gleichem Maß.
    Ich muss, und was in mir vorgeht, ist mehr, als ich ertragen kann.
    Leichtfüßig fliehe ich aus dem Labyrinth in den Wald. Unter der Berührung meiner Hände wird etwas Neues geboren. Seltsame Blumen so groß wie Menschen. Ein Schwarm Schmetterlinge mit leuchtend gelben, schwarz geränderten Flügeln. Dunkelviolette Früchte, die dick und schwer von den Zweigen hängen. Ich zerquetsche eine zwischen meinen Händen und der Saft verwandelt sich in Maden. Ich werfe sie schnell

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