Kartiks Schicksal
bleibt.«
Felicity schnaubt. »Bist du verrückt? Sie wird uns bei lebendigem Leib die Haut abziehen ! «
»Nein«, sage ich. »Der leiseste Hinweis darauf, dass Magie im Spiel ist, und sie weiß es. Wir können jetzt einfach kein Risiko eingehen. Sie darf keinen Verdacht schöpfen. Tut mir leid, aber ich fürchte, wir müssen warten, bis sie fest schläft, bevor wir ins Magische Reich gehen.«
»Sie sieht überhaupt nicht müde aus«, jammert Ann.
Ich sehe, dass Mademoiselle LeFarge sich aus ihrem Sessel erhebt.
»Haltet die Stellung«, sage ich und stehe ebenfalls auf.
Ich fange unsere Lehrerin in der Bibliothek ab, wo sie unter den vielen Büchern in den Regalen nach einem bestimmten Buch sucht.
»Bonsoir, Mademoiselle LeFarge« ,sage ich in meinem besten Französisch. »Äh, comment allez-vous?«
Sie korrigiert meine Aussprache, ohne aufzusehen.
»Ja. Ich werde mich mehr bemühen.«
»Ich würde mich freuen, wenn Sie sich überhaupt bemühen, Miss Doyle.«
Ich grinse wie ein Possenreißer. »Ja. Natürlich.« Unser kleines Gespräch fängt ja vielversprechend an. Ich suche verzweifelt nach Worten und hoffe auf eine plötzliche Eingebung. »Ist heute nicht ein wunderschöner Abend?«
»Es regnet«, stellt sie fest.
»Ja, das stimmt. Aber wir brauchen Regen, nicht wahr? Er lässt die Blumen so schön wachsen und …«
Ich verstumme unter Mademoiselle LeFarges wissendem Blick. »Also heraus mit der Sprache. Was wollen Sie wirklich, Miss Doyle?«
Unter Inspektor Kents Einfluss wurde Mademoiselle LeFarges detektivischer Spürsinn sichtlich geschärft.
»Ich habe mir gedacht, vielleicht könnten Sie uns zu dieser Veranstaltung hier begleiten.«
Ich falte den Werbezettel für die Vorstellung in der Ägyptischen Halle auseinander und reiche ihn ihr. Sie hält den Zettel unter die Lampe. »Eine Laterna-magica- Schau ? Morgen Nachmittag!«
»Sie verspricht ganz fantastisch zu werden! Und ich weiß, wie sehr Sie solche Veranstaltungen lieben!«
»Allerdings …« Mit einem Seufzer faltet sie das Blatt wieder zusammen. »Aber dieses Spektakel dürfte kaum als erbaulich zu betrachten sein.«
»Oh, aber …«
»Tut mir leid, aber die Antwort ist Nein, Miss Doyle. In einem Monat werden Sie in London sein, um dort Ihre Debütantinnensaison zu verbringen, dann können Sie sich ansehen, was Sie möchten. Und in der Zwischenzeit sollten Sie besser Ihren Hofknicks üben. Schließlich werden Sie Ihrer Königin gegenübertreten. Es ist der wichtigste Augenblick Ihres Lebens.«
»Das hoffe ich nicht«, murmle ich.
Mit einem freundlichen Lächeln gibt sie mir den Zettel zurück und ich verfluche mein Schicksal. Wie kommen wir jetzt in die Ägyptische Halle und zu Dr. Van Ripple?
Ich könnte ihr meinen Willen aufzwingen. Nein, das ist schrecklich. Aber wie sonst sollen wir Dr. Van Ripple finden? Eben. Nur dieses eine Mal und danach nie wieder.
»Liebe Mademoiselle LeFarge«, sage ich und nehme ihre Hände.
»Miss Doyle? Was …«
Die Magie lässt sie verstummen.
»Sie wollen Felicity, Ann und mich morgen Nachmittag in die Ägyptische Halle begleiten. Sie sind ganz versessen darauf. Es wird … sehr erbaulich sein. Das verspreche ich«, sage ich in beschwörendem Ton.
Es klopft und ich breche den Kontakt mit Mademoiselle LeFarge gerade noch rechtzeitig ab, als ich Miss McChennmine in der Tür erblicke.
»Miss Doyle, Sie sollten längst im Bett sein«, sagt Miss McChennmine.
»J-ja, ich w-wollte gerade gehen«, stottere ich. Meine Hände zittern. Die Magie ist jetzt in mir aufgerührt und sie will heraus. Ich versuche verzweifelt, sie unter Kontrolle zu halten.
Mademoiselle LeFarge schwenkt das Blatt über ihrem Kopf wie einen Liebesbrief. »Ist das nicht wundervoll? Eine Laterna-magica -Schau morgen in der Ägyptischen Halle. Ich werde Mrs Nightwing um Erlaubnis bitten, mit den Mädchen hinzugehen. Es verspricht höchst erbaulich zu sein.«
»Eine Laterna-magica- Schau ?« Miss McChennmine lacht. »Eine Zauberlaterne? Ich glaube kaum …«
»Sehen Sie selbst – die Wolfson-Brüder!« Sie reicht Miss McChennmine die Ankündigung. »Miss Doyle hat mich darauf aufmerksam gemacht und ich bin froh, dass sie es getan hat. Ich werde sofort mit Mrs Nightwing sprechen. Entschuldigen Sie mich.«
Miss McChennmine und ich bleiben allein zurück.
»Ich werde ins Bett gehen.«
»Einen Moment noch«, sagt sie, als ich an ihr vorbeischlüpfen will. »Sind Sie krank, Miss Doyle?«
»N-nein«, krächze ich. Ich
Weitere Kostenlose Bücher