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Kartiks Schicksal

Kartiks Schicksal

Titel: Kartiks Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Libba Bray
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nicht länger auf die Wolfson-Brüder hören wollen. Sie gehorchen unseren Befehlen nicht! Seien Sie auf der Hut, denn ich kann nicht mit Sicherheit sagen, was als Nächstes geschehen wird!«
    Die Luft knistert vor Spannung. Und dann, plötzlich, verändert sich die Erscheinung an der Wand. Sie schrumpft zusammen, bis nichts mehr da ist außer einem entzückenden kleinen Mädchen, das uns eine Blume entgegenhält. Befreites Gelächter erfüllt den Saal.
    »Du meine Güte.« Mademoiselle LeFarge kichert. Und in diesem Moment bemerke ich, dass Miss McChennmines Stuhl leer ist. Miss McChennmine furchtet sich ganz bestimmt nicht vor einer Laterna-magica- Schau;sie fürchtet sich vor überhaupt nichts.
    Ich sehe sie eiligen Schritts den Saal verlassen.
    »Gemma«, flüstert Felicity. »Wo willst du hin?«
    »Zur Damentoilette, wenn dich jemand fragt.«
    Miss McChennmine huscht in einen großen Raum und durch einen Vorhang, hinter dem eine Wendeltreppe nach unten führt. Ich hole tief Luft und gehe in sicherem Abstand hinterher. Als ich unten angelangt bin, fürchte ich schon, sie verloren zu haben. Doch bald höre ich Schritte. Ich folge ihnen, so leise ich kann. Wir scheinen in einem Gewölbe unter der Halle zu sein, denn ich höre noch immer das geschäftige Hin und Her über uns.
    Miss McChennmine geht in einen großen, schwach beleuchteten Raum, der alle möglichen Ausstellungsstücke beherbergt – Statuen, exotische Gewänder, Zauberapparate, ein Plakat der Wolfson-Brüder, über das das Wort Scharlatane geschmiert ist. Ich verstecke mich hinter einer Büste einer ägyptischen Königin mit dem Kopf einer Katze.
    Miss McChennmine spricht erregt zu jemandem im Dunkeln. »Sie haben mich belogen. Mit Lügnern lasse ich mich nicht ein. Dies ist kein Spiel! Ich habe Ihnen das Leben gerettet. Sie stehen in meiner Schuld. Oder haben Sie das vergessen?«
    Ich kann die Antwort nicht hören und ich kann auch nicht mehr erkennen, ohne mich zu verraten.
    »Von jetzt an muss ich alles wissen«, verlangt Miss McChennmine. »Ich brauche Sie wohl nicht daran zu erinnern, dass sie Sie töten würden, wenn sie wüssten, dass Sie hier bei mir sind. Wenn Sie sie retten wollen, müssen Sie mir folgen. Das ist die einzige Möglichkeit.«
    Sie bringt ihr Haar in Ordnung und rückt die Brosche an ihrem Kragen zurecht. »Seit fünfundzwanzig Jahren widme ich mich mit Leib und Seele dieser Sache. Ich habe nicht die Absicht, alles an die Rakschana oder ein sechzehnjähriges Mädchen zu verlieren. Also gehen Sie schon, bevor jemand Sie sieht.«
    Die Gestalt im Dunkeln zieht sich zurück. Ich mache mich hinter der riesigen Statue so klein wie möglich und Miss McChennmine eilt den Weg zurück, den sie gekommen ist. Ich warte, bis das Echo ihrer Schritte verklungen ist, dann kehre ich in den Saal zurück, wo sich das Publikum über das lustige Bild eines springenden Hundes und eines mit Bällen jonglierenden Clowns amüsiert.
    Ich werfe einen verstohlenen Blick zu Miss McChennmine. Mein Gefühl des Triumphs, sie überlistet zu haben, ist einer gewissen Ratlosigkeit gewichen. Mit wem mag sie gesprochen haben? War es Fowlson? Ist er ihr Spion aus den Reihen der Rakschana? Sie haben mich belogen, hat sie gesagt. Belogen worüber? Und wen wollen sie retten?
    Schließlich löscht Mr Wolfson die Petroleumlampe, die die Zauberlaterne, die Laierna magica, speist. Die Lichter im Saal flammen wieder auf und die geisterhaften Erscheinungen verschwinden von den Wänden. Aber die Geister, die in meinem Inneren spuken, lassen sich nicht so leicht vertreiben.
    »Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen für Ihre werte Aufmerksamkeit!«, dröhnt Mr Wolfsons Stimme. »Diese Bilder sind eine Art von Zauberei, aber es sind Illusionen – aus Gas und Licht geborene Illusionen. Unsere freundlichen Gastgeber, Maskelyne und Cooke, haben es sich zur Aufgabe gemacht, Schwindler und Betrüger unter uns zu entlarven. Ich rate Ihnen, seien Sie auf der Hut vor jeglicher Form der Täuschung, die als Wahrheit verkleidet ist. Wir spielen wieder für Sie um acht Uhr abends und morgen um drei und um acht. Wir wünschen Ihnen allen noch einen angenehmen Abend!«
    In einer Welle von drängenden und stoßenden Menschen, die noch in letzter Minute Einkäufe erledigen wollen, werden wir aus der Halle gespült. Ich bemühe mich, einen sicheren Abstand zu Miss McChennmine zu halten, und klammere mich an meine Freundinnen.
    »Wo warst du?«, fragt Felicity.
    »Ich bin Miss McChennmine

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