Kartiks Schicksal
gerade jetzt irgendein teuflischer Plan am Werk und wir sind ihm auf Gnade oder Ungnade ausgeliefert.« Der Doktor lächelt wie ein freundlicher Onkel. Er reicht mir seine Visitenkarte. »Für Ihre Mutter. Vielleicht kann sie einmal einen Zauberkünstler zur Unterhaltung ihrer abendlichen Gäste brauchen.« Ich nehme die Karte; er legt seine Hände um meine. »Machen Sie sie auf.«
Als ich meine Hände öffne, sind sie leer. Die Karte ist verschwunden. »Wie haben Sie …«
Er zieht die Karte hinter meinem Ohr hervor und legt sie triumphierend in meine Hand. »Ah, da war siel Tut mir leid, dass meine Karten solchen Schabernack treiben.« Dr. Van Ripple befühlt seine Taschen und runzelt die Stirn. »Oje. Das hat mir gerade noch gefehlt.«
»Was ist passiert?«, fragt Felicity.
»Anscheinend habe ich meine Brieftasche verlegt. Ich hasse es zu schnorren, aber könnten Sie vielleicht einem alten Mann ein paar Schillinge leihen? Ich gebe Ihnen mein Wort als Gentleman, dass ich sie Ihnen morgen auf Heller und Pf …«
»Hier sind Siel Wirklich, Mädchen, ich habe mir schon große Sorgen gemacht«, erklärt Mademoiselle LeFarge, die, gefolgt von einer wutschnaubenden Miss McChennmine, geradewegs auf uns zueilt. Ich hoffe, dass bei der Laterna-magica- Schauein Wunder geschieht, denn das könnte meine letzte Nacht auf Erden sein.
Dr. Van Ripples Lächeln ist ausnehmend freundlich. »Keine Angst, werte Dame. Ihre Töchter sind in den besten Händen und absolut sicher vor dem Pöbel, das garantiere ich Ihnen.«
»Diese jungen Damen sind nicht meine Töchter, Sir. Sie sind meine Schutzbefohlenen«, sprudelt Mademoiselle LeFarge hervor. »Ich war wirklich schon vor Sorge außer mir, Mädchen.«
»Ärger, meine Liebe?« Inspektor Kent tritt entschlossen an die Seite von Mademoiselle LeFarge. Er fixiert den Doktor mit jenem durchdringenden Blick, den er als Polizist so perfekt beherrscht, und der Zauberkünstler erbleicht.
»Nun ja, dann gehe ich jetzt wohl«, sagt Dr. Van Ripple und will rasch verschwinden.
»Halt. Einen Moment noch. Ich kenne dieses Gesicht – Bob Sharpe. Es ist schon eine Weile her, aber wie ich sehe, haben die Jahre nicht alles an Ihnen verändert, Sir.« Inspektor Kent starrt Dr. Van Ripple fest an. »Sie haben nicht etwa versucht, diesen jungen Damen Geld abzuknöpfen?«
»Inspektor, Sie kränken mich«, sagt Dr. Van Ripple. »Ich habe nur wie eine Glucke über sie gewacht.«
Der Inspektor verschränkt seine Arme vor der Brust und baut sich drohend vor Dr. Van Ripple auf. »Wie ein Fuchs, der auf die Hühner aufpasst, meinen Sie. Mr Sharpe, ich nehme nicht an, dass Sie das Verlangen haben, wieder im Gefängnis zu landen?«
»Zufälligerweise bin ich schon anderweitig engagiert.«
Miss McChennmines Blick lässt das Blut in meinen Adern fast gefrieren. »Es tut mir leid, Mademoiselle LeFarge, ich war nur für einen Moment fort«, sagt sie.
»Meine Damen«, schilt Mademoiselle LeFarge, »wenn Sie je wieder die Grenzen von Spence verlassen wollen …«
»Spence, sagen Sie? Die Spence-Akademie für junge Damen?«, fragt Dr. Van Ripple.
Mademoiselle LeFarge nickt. »Die nämliche, Sir.«
Dr. Van Ripple gibt uns einen leichten Schubs. »Tja, nun also, sehen Sie zu, dass Sie die Schau nicht versäumen, und nehmen Sie jetzt am besten Ihre Plätze ein. Ihnen allen einen unterhaltsamen Abend. Inspektor.« Und damit humpelt der alte Mann fort, so schnell er kann.
Mademoiselle LeFarge schüttelt den Kopf. »Was für ein komischer Kauz.«
»Dr. Theodore Van Ripple, geborener Bob Sharpe. Zauberkünstler, Dieb, Betrüger. Hat er Ihnen, meine Damen, eine Geschichte erzählt und dann behauptet, er könne seine Brieftasche nicht finden?«, fragt der Inspektor.
Wir nicken verdutzt.
»Er hat uns von einer verschwundenen Dame erzählt. Seiner Assistentin«, sagt Ann. »Er meinte, dass sie ermordet wurde.«
Miss McChennmine runzelt die Stirn. »Ich denke, das reicht.«
»Ja, ich versichere Ihnen, Dr. Van Ripple ist ein Schwadroneur und ihm ist nicht zu trauen«, sagt Inspektor Kent. »Also, wollen wir uns jetzt das Wunder der beweglichen Bilder ansehen?«
Dr. Van Ripple scheint nichts als ein Schwindler zu sein. Es ist mir unverständlich, wie meine Visionen mich zu ihm geführt haben, diesem alternden Zauberkünstler mit seiner lebhaften Fantasie und seinem Mantel, der genauso schäbig ist wie sein Ruf. Und zu denken, dass ich Magie verschwendet habe, um ihn zu treffen.
»Haben Sie Ihren
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