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Kartiks Schicksal

Kartiks Schicksal

Titel: Kartiks Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Libba Bray
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Herd.
    »Sie sind unruhig wie eine Katze«, schilt Brigid.
    Mrs Nightwing wird geholt. Sie kommt nahe heran und ich weiche instinktiv zurück. Der Brief in der Vision: Ich habe ihn in ihrem Schrank gesehen. Wollte Wilhelmina mich vor Mrs Nightwing warnen?
    »Also, was gibt es? Was hat diese Aufregung zu bedeuten?«, fragt meine Direktorin.
    »Nichts«, knurre ich.
    Sie will mir eine Hand auf die Stirn legen. Ich drehe den Kopf weg.
    »Seien Sie so freundlich und halten Sie still, Miss Doyle«, befiehlt sie und es klingt böse.
    »Ich möchte nur Brigids Hilfe«, sage ich.
    »Ach ja?« Mrs Nightwing zieht die Augenbrauen zusammen. »Brigid ist nicht die Direktorin der Spence-Akademie. Die bin ich.«
    Sie schüttet eine übel riechende Flüssigkeit auf einen Löffel. »Mund auf, bitte.«
    Als ich nicht gehorche, zwingt Brigid meine Lippen auseinander und das dickflüssige Ol rinnt meine Kehle hinunter, bis ich mich fast übergebe. »Sie haben mich vergiftet!«, sage ich und wische mit der Hand über meine Lippen.
    »’s ist nur Lebertran«, gurrt Brigid, aber ich wende meine Augen nicht von Mrs Nightwing.
    »Sie werden es bereuen«, sage ich laut.
    Mrs Nightwing fährt herum. »Was haben Sie gesagt?«
    »Sie werden es bereuen«, wiederhole ich.
    Die momentane Überraschung in Mrs Nightwings Gesicht weicht einer ruhigen Gelassenheit. »Ich denke, Brigid, Miss Doyle sollte den Tag im Bett verbringen, bis sie sich wieder gefangen hat.«
    Obwohl ich im Bett liege, kann ich nicht schlafen. Es ist, als hätte jemand Ameisen unter meiner Haut ausgesetzt. Bis zum Nachmittag schmerzen meine Muskeln und mein Kopf dröhnt, aber ich fühle mich nicht mehr unter dem Einfluss von Wilhelminas Drogen. Diese Vision hat mir kein Vergnügen bereitet und ich fürchte mich vor der nächsten.
    Mrs Nightwing persönlich bringt mir Tee auf einem Tablett. »Wie fühlen Sie sich?«
    »Besser.« Der Duft von gebuttertem Toast steigt mir in die Nase und ich merke, wie hungrig ich bin.
    »Zucker?«, fragt sie. Ihre Hand mit dem Löffel schwebt über der Zuckerdose.
    »Bitte. Drei – drei Stück, wenn Sie so freundlich sind.«
    »Wie Sie wünschen. Dann also drei«, sagt sie.
    »Ja. Drei. Danke«, sage ich und schlucke die Toastbissen rascher hinunter, als es der Anstand gebietet. Mrs Nightwing lässt ihre Augen durch mein Zimmer wandern und nimmt schließlich auf einem Stuhl Platz, so knapp am Rand, als wäre der Sitz mit Reißzwecken gespickt.
    »Was haben Sie mit dieser Bemerkung vorhin gemeint?«, fragt sie. Ihr Blick ist durchdringend. Mein Toast ist plötzlich ein dicker Klumpen, der auf halbem Weg hinab stecken bleibt.
    »Welche Bemerkung meinen Sie?«, frage ich.
    »Erinnern Sie sich nicht, was Sie gesagt haben?«
    »Leider erinnere ich mich an gar nichts«, lüge ich.
    Sie hält meinen Blick ein weniger länger fest, dann bietet sie mir Milch für den Tee an und ich nehme dankend an.
    »Hat Mutter Elena gesagt, warum sie die Hexenzeichen gemalt hat?«, wechselt sie das Thema.
    »Sie glaubt, sie würden uns beschützen«, sage ich vorsichtig. »Sie glaubt, jemand werde die Toten zurückbringen.«
    Meine Direktorin lässt keine Gefühlsregung erkennen. »Mutter Elena ist krank«, sagt sie und lässt das Thema fallen.
    Ich löffle Marmelade auf meinen Toast. »Mrs Nightwing, warum bauen Sie den Ostflügel wieder auf?«
    Mrs Nightwing gießt sich selbst eine Tasse Tee ein, ohne Milch und Zucker. »Ich weiß leider nicht, was Sie meinen.«
    »Seit dem Feuer sind fünfundzwanzig Jahre vergangen«, sage ich. »Warum jetzt?«
    Mrs Nightwing zupft einen Faden von ihrem Rock und streicht den Stoff glatt. »Wir haben Jahre gebraucht, um die Mittel aufzubringen, sonst hätten wir es schon früher getan. Ich habe die Hoffnung, dass die Restaurierung des Ostflügels die Kratzer an unserem guten Ruf beseitigen und uns neues Ansehen verschaffen wird.« Sie trinkt ihren Tee in kleinen Schlückchen und verzieht das Gesicht, doch obwohl der Tee offensichtlich zu bitter ist, greift sie nicht nach der Zuckerdose. »Jahr für Jahr verliere ich Mädchen an neuere Schulen wie die von Miss Pennington. Spence wird als eine alt gewordene Debütantin betrachtet. Die Schule ist mein Lebenswerk. Ich muss alles in meiner Macht Stehende tun, damit sie fortbesteht.«
    »Miss Doyle?« Mrs Nightwings fixiert mich wieder mit diesem durchdringenden Blick. Ich zwinge mich, eine liebenswürdige Miene aufzusetzen. »Ich hatte nicht die Absicht, so offen zu sprechen, aber ich

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