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Kartiks Schicksal

Kartiks Schicksal

Titel: Kartiks Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Libba Bray
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leid, meine Liebe, aber ich werde am Tisch erwartet«, antwortet er.
    Du wirst unter meiner Stiefebohle erwartet, du elender Köter. Ich zwinge mich zu einem honigsüßen Lächeln und senke meine Stimme. »Es ist ziemlich dringend. Ich bin sicher, die Herren werden warten. Oder soll ich mich mit meinem Anliegen vertrauensvoll an Mr Fowlson wenden?«
    »Meine Herren«, sagt Lord Denby zu den versammelten Männern, »entschuldigen Sie mich einen Augenblick. Sie wissen ja, wie Frauen sind, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt haben.« Die Herren kichern auf meine Kosten und ich kann nur schwer der Versuchung widerstehen, jedem Einzelnen von ihnen einen juckenden Hautausschlag zu verpassen.
    Lord Denby führt mich durch eine Tür in eine private Bibliothek. Er nimmt in einem gepolsterten Ledersessel neben einem Schachtisch Platz und bläst einen Schwall schweren Zigarrenrauch aus, der mich zum Husten reizt. »Sie wollten mich sprechen, Miss Doyle?«
    »Ich weiß, wer Sie sind, Lord Denby. Ich weiß, dass Sie zu den Rakschana gehören und dass Sie meinen Bruder umwerben.«
    Er wendet seine Aufmerksamkeit dem Schachbrett zu und spielt gegen einen unsichtbaren Gegner, indem er abwechselnd, Zug um Zug, dessen Figuren und seine eigenen bewegt. »Und weiter?«
    »Ich will, dass Sie meinen Bruder in Ruhe lassen, bitte.«
    »Meine Liebe, ich fürchte, das liegt nicht in meinen Händen.«
    »Wer nimmt einen höheren Rang ein als Sie? Sagen Sie mir das und ich werde mich …«
    »Die Ränge der Rakschana werden von den bedeutendsten und einflussreichsten Männern der Welt bekleidet – Staatsmännern und Industriekapitänen. Doch das meinte ich nicht. Ich meinte, dass die Entscheidung in Ihren Händen liegt, meine Teuerste«, sagt er durch eine Rauchwolke. Seine Hand schwebt für den Bruchteil einer Sekunde über einer Figur, bevor er angreift, einen im Weg stehenden Bauern kassiert und sich rasch über das Brett bewegt. »Sie brauchen uns nur die Magie und die Kontrolle über das Magische Reich zu überlassen und Ihrem Bruder wird nichts geschehen, das versichere ich Ihnen. Tatsächlich wird er ein großer Mann sein. Es wird gut für ihn gesorgt werden. Wie für Sie alle. Ja, ich bin sicher, Lady Denby würde einen Ball zu Ihrem Debüt geben, der alle anderen Bälle in den Schatten stellt. Die Königin selbst würde ihn besuchen.«
    »Glauben Sie, ich bin gekommen, um über Bälle zu reden? Meinen Sie, ich bin ein Kind, das man mit einem neuen Pony herumkriegen kann? Haben Sie keine Ehre im Leib, Sir?« Ich hole tief Luft. »Die Rakschana sollten das Magische Reich und den Orden beschützen. Das war eine ehrenvolle Aufgabe. Jetzt bekämpfen Sie uns. Sie wollen mich einschüchtern und versuchen, meinen Bruder zu korrumpieren. Was ist aus Ihnen geworden?« Lord Denby stößt den Turm seines imaginären Gegners um und bringt seinen Läufer in Stellung. »Die Zeiten haben sich geändert, Miss Doyle. Die Tage, als ein Adliger als Patron für das Wohl aller sorgte, die sein Land bestellten, sind vorbei. Auch die Rakschana müssen sich anpassen – sie müssen allmählich lernen, den ritterlichen Händedruck der Bruderschaft gegen die unnachgiebige Faust der Industrie zu vertauschen. Können Sie sich vorstellen, wie weit unsere Macht reichen würde, wenn wir eine Zauberkraft wie die Ihre zu unserer Verfügung hätten? Denken Sie wie eine Engländerin, Miss Doyle! Was könnte diese Kraft für das britische Weltreich, für die zukünftigen Söhne Englands bewirken?«
    »Sie vergessen: Nicht alle von uns sind Engländer und England hat nicht nur Söhne. Was ist mit den Töchtern?«, sage ich und schmuggle mich langsam in diese Schachpartie ein. Ich bewege einen Bauern vorwärts und nehme unversehens Lord Denbys Läufer. »Was ist mit Amar und Kartik und anderen wie ihnen? Was ist mit meinem Geschlecht – oder mit Männern vom Stand Fowlsons? Wird jemand von uns an Ihrem Tisch sitzen?«
    »Einige regieren, andere sind zu Untertanen bestimmt.« Sein Springer nimmt meine Königin und bringt meinen König in Gefahr. »Was meinen Sie, Miss Doyle? Sie könnten alles haben, was Sie nur möchten. Die Verehrer, die Ihnen gefallen – vielleicht meinen Sohn.«
    Eiseskälte überläuft mich. »Haben Sie dafür gesorgt, dass Simon und ich uns begegnen? War das alles Teil Ihres Plans?«
    »Nennen wir es einen glücklichen Zufall.« Lord Denby greift meinen König an. »Schachmatt, meine Liebe. Es ist Zeit, dass ich zu meinem Tisch und Sie zum Ball

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