Kartiks Schicksal
zurückkehren.« Er drückt seine Zigarre aus. Der widerliche Rauch hängt noch im Raum, als er zur Tür geht. »Überlegen Sie sich unser Angebot. Wir machen es Ihnen zum letzten Mal. Ich bin sicher, Sie werden tun, was unserem Interesse am besten dient – und Ihrem.«
Ich möchte ihm einen glimmenden Zigarrenstumpen nachwerfen. Ich möchte schreien. Ich drücke die Finger auf meine Augen, um die Tränen zurückzuhalten. Es war unsagbar dumm von mir, die Reichweite der Rakschana so zu unterschätzen – und Simon Middleton zu vertrauen. Er hat sich nie etwas aus mir gemacht. Er hat mit mir gespielt wie mit einem Bauern und ich war ein williges Opfer.
»Miss Doyle!« Mrs Tuttle eilt mir entgegen, als ich den Ballsaal erreiche. »Miss Doyle, Sie dürfen nicht mehr so davonlaufen. Es gehört sich nicht. Es ist meine Pflicht …«
»Ach, halten Sie doch den Mund«, fauche ich.
Bevor sie protestieren kann, spinne ich meinen Zauberfaden. »Sie sind durstig, Mrs Tuttle. Durstiger, als Sie je in Ihrem Leben gewesen sind. Stillen Sie Ihren Durst mit Limonade und lassen Sie mich in Frieden.«
»Ich hätte jetzt gern ein Glas Limonade«, sagt sie und fasst sich mit einer Hand an die Kehle. »Du meine Güte, ich bin am Verdursten. Ich muss unbedingt etwas zu trinken haben.«
Ich lasse sie stehen und schlüpfe hinter eine Säule, um von dort das Ballgeschehen zu beobachten. Ich bin allein, voller Magie und Hass, die sich zu einem neuen, mächtigen Gespann verbinden. In der Nähe schwatzt Lady Denby mit Lady Markham und einigen anderen wichtigen Damen der Gesellschaft.
»Ich habe sie in diesen paar Wochen so ins Herz geschlossen, als wäre sie meine eigene Tochter«, verkündet Lady Denby.
»Sie werden ein glänzendes Paar abgeben«, stimmt eine andere Dame zu.
Lady Denby nickt. »Simon hat in solchen Dingen nicht immer ein gutes Urteil bewiesen. Aber Miss Fairchild ist ein mustergültiges Beispiel eines jungen Mädchens – wohlerzogen, liebenswürdig, von makellosem Ruf und hoch angesehenem Stand.«
Eine üppige, perlen- und juwelenbehängte alte Dame verbirgt sich hinter ihrem Fächer. »Lady Markham, haben Sie sich wegen Miss Worthington entschieden?«
»Allerdings«, erwidert Lady Markham. »Ich habe heute Abend mit dem Admiral gesprochen und er ist einverstanden: Miss Worthington soll bei mir wohnen. Ich werde sie während ihrer Saison unter meine Obhut nehmen; ihre Mutter wird dabei nichts mitzureden haben.«
Lady Denby tätschelt Lady Markhams Hand. »Recht so. Mrs Worthington muss für ihren Leichtsinn bezahlen. Ihre Tochter ist ein viel zu freches und aufbrausendes Ding. Sie werden das Mädchen unter Ihre Fittiche nehmen und sie zu einer jungen Dame formen.«
»In der Tat«, sagt Lady Markham. »Ich empfinde es als meine Pflicht, da ihre Mutter bei der Erziehung vollkommen versagt hat.« Die Frauen werfen Blicke zu Mrs Worthington, die mit einem Mann tanzt, der halb so alt ist wie sie. »Und das ansehnliche Erbe der jungen Miss Worthington nicht zu vergessen. Wenn es ihr zugesprochen wird, wäre sie für jeden Mann eine erstrebenswerte Partie.«
»Vielleicht für Ihren Horace«, gurrt Lady Denby.
»Vielleicht«, sagt Lady Markham.
Ich stelle mir Felicity als verhätschelte Debütantin in Lady Markhams Wohnzimmer vor statt als feurigen Freigeist in einer Pariser Dachstube, wovon sie träumt. Das darf nicht passieren, nie und nimmer. Ich werde etwas dagegen unternehmen, wenn es sein muss.
»Ah, da ist ja unsere Miss Fairchild«, verkündet Lady Denby.
Simon übergibt Miss Fairchild seiner Mutter, die sich liebevoll um das Mädchen bemüht, während er seiner Mutter höflichen Respekt erweist. Ich bin von einem brennenden, neidvollen Verlangen erfüllt.
Reißende Raubtiere, das ist es, was sie sind. Anns Worte fallen mir wieder ein: Aber sie sind es, die den Ton angeben. Nicht heute Abend, dafür werde ich sorgen, denn die Zauberkraft des Magischen Reichs lodert in mir und ich werde sie nicht zähmen. Legt euch nicht mit mir an, Herrschaften. Ich werde gewinnen.
Ich schließe die Augen, und als ich sie wieder öffne, hat Simon sich von seiner Mutter, Miss Fairchild und all den anderen Speichelleckern losgerissen. Sein Kinn ist entschlossen, seine Stimme rau, als er einfach sagt: »Tanz mit mir, Gemma.«
Er hat mich geduzt und das ist für alle, die es gehört haben, ein Schock. Mrs Tuttle sieht aus, als würde sie gleich ihre Limonade verschütten. Für einen Moment weiß ich nicht, was ich sagen
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