Kartiks Schicksal
soll. Ich sollte Gewissensbisse haben. Stattdessen erfasst mich eine Welle schrecklicher, prickelnder Befriedigung. Ich habe gewonnen. Und Gewinnen, wie unrechtmäßig es auch erkauft sein mag, ist aufregend.
»Tanz mit mir, Gemma«, sagt er noch einmal, lauter und drängender. Es erregt die Aufmerksamkeit der anderen Gäste. Viele der Tanzpaare haben ihre Schritte verlangsamt, um die Szene zu beobachten. Es wird geflüstert. Lady Denby hat ungläubig den Mund geöffnet und nicht wieder zugeklappt.
Nun ist auch Lord Denby aufmerksam geworden. Seine Augen begegnen meinen und erkennen meine Absicht. Sie wollen meinen Bruder korrumpieren, ja? Eher sehe ich Sie in der Hölle, Sir.
Das Lächeln, das ich Simon schenke, gleicht dem eines gefallenen Engels. Er packt mein Handgelenk und zerrt mich halb zur Tanzfläche. Grob zieht er mich in Walzerposition. Die Musik beginnt aufs Neue und Simon und ich wirbeln über den Tanzboden. Zwischen uns ist eine Hitze, die von den anderen nicht unbemerkt bleibt. Bei jedem Druck seiner Hand gegen mein Kreuz fühlt es sich an, als möchte er mich lebendig fressen. Ich habe diese Leidenschaft in ihm geweckt. Sollen nur alle sehen, welche Macht ich über ihn habe. Sollen nur alle denken, ich sei eine Schönheit, rasend begehrt von einem bedeutenden Mann. Und sollen Lord und Lady Denby nur vor Scham im Boden versinken. Ein Lächeln der Befriedigung spielt um meine Lippen, ich kann nichts dagegen tun. Ich führe das Kommando und es ist berauschend. Lord Denby steht am Rand der Tanzfläche und beobachtet uns. Er schäumt vor Wut. Es war ein Fehler von ihm, mich zu unterschätzen.
Ein alter Herr tippt Simon auf die Schulter, um einzuschreiten, aber Simon drückt sich enger an mich. Wir tanzen weiter und ziehen immer mehr Blicke auf uns, und als es genug ist – als ich beschließe, dass es genug ist –, bringe ich es zu Ende. Zeit aufzuhören, Simon. Sag Gute Nacht, süßer Prinz.
Blinzelnd kommt Simon wieder zu sich, höchst überrascht, mich in seinen Armen zu finden.
»Danke für den Tanz, Mr Middleton«, sage ich und löse mich von ihm.
Ein leicht verwirrtes Lächeln erscheint auf seinen Lippen. »Es war mir ein Vergnügen.« Sofort sucht er in der Menge nach Lucy.
Klatsch verbreitet sich wie eine ansteckende Krankheit. Als ich die Tanzfläche verlasse, höre ich in meinem Rücken das Getuschel, spüre die Blicke, die mir hinter Fächern folgen.
Die Magie stürzt wie eine Welle über mich herein. Ich werde von ihr überrollt. Sie packt mich wie ein Fieber, das sich auf alle überträgt, die mit mir in Kontakt kommen. Verborgene Wünsche werden frei. Ein Herr bietet mir einen hilfreichen Arm und diese Geste wird ihm zum Verhängnis. Er wendet sich einem älteren Herrn zu, der in der Nähe sitzt. »Was haben Sie vorhin zu mir gesagt, Thompson? Dafür werden Sie mir Rechenschaft ablegen.«
Ein gespannter Zug tritt um den Mund des Alteren. »Fenton, sind Sie verrückt geworden?«
Ruhig, ruhig, denke ich. Vergesst es. Zurück zu eurem Brandy und euren Zigarren.
Ich laufe in eine ältliche Anstandsdame mit ihrem Schützling hinein und ich fühle ihren Herzenskummer. Die schmerzlichen Gefühle, die sie für ihren verheirateten Arbeitgeber, einen Mr Beadle, hegt.
»Er weiß nichts davon«, bricht es plötzlich aus ihr heraus. »Ich muss es ihm sagen. Ich muss ihm sofort meine zärtliche Liebe gestehen.« Ich kann gerade noch nach ihren Händen fassen, um diesen verzweifelten Wunsch zu verdrängen und durch einen anderen zu ersetzen.
Prickelnde Schweißtropfen treten mir auf die Stirn. Die Magie brennt in meinen Adern.
Lord Denby schleicht sich an mich heran. Sein Gesicht ist gerötet, seine Augen glänzen. »Sie spielen ein gefährliches Spiel, Miss Doyle.«
»Hat sich das noch nicht bis zu Ihnen herumgesprochen, Sir? Ich bin ein gefährliches Mädchen.«
»Sie haben keine Ahnung, was wir mit Ihnen tun können«, sagt er ruhig, aber seine Augen schießen Blitze.
Ich flüstere leise in sein Ohr: »Nein, Sir. Sie haben keine Ahnung, was ich mit Ihnen tun kann.«
Furcht flackert kurz in seinen Augen auf und ich weiß, dass ich diese Runde gewonnen habe.
»Lassen Sie meinen Bruder in Ruhe oder Sie werden die Folgen zu tragen haben«, warne ich.
»Da bist du ja! Endlich habe ich dich gefunden!«, ruft Felicity aufgeregt. »Guten Abend, Lord Denby. Würde es Ihnen sehr viel ausmachen, wenn ich mir Miss Doyle ausborge?«
Lord Denby lächelt breit. »Nicht im Geringsten, meine
Weitere Kostenlose Bücher