Kartiks Schicksal
heute Abend.«
»Sie werden nichts dergleichen tun, Miss Doyle«, sagt sie, als sei die Sache damit erledigt, was ein gründlicher Irrtum ist.
»Ich werde tun, was mir beliebt, Mrs Tuttle«, sage ich zuckersüß. Heimlich berühre ich mit der Hand ihren Rock und er fliegt wie unter einem Windstoß hoch, sodass ihre Unterröcke und die rüschenbesetzten Damenschlüpfer zum Vorschein kommen.
Mit einem entsetzten Aufschrei zieht sie ihr Kleid vorne herunter und der Rock fliegt hinten hoch. »Oh Gott ! « Sie fasst nach hinten und die Vorderseite wogt wieder empor. »Du meine Güte! Es … Ich … Würden Sie mich bitte entschuldigen?«
Mrs Tuttle eilt zur Damentoilette, ihre ungebärdigen Röcke festhaltend.
»Ich erwarte ungeduldig Ihre Rückkehr«, murmle ich für mich.
»Gemmai«
Felicity ist da, mit ihrer Anstandsdame im Schlepptau, einer Bohnenstange mit einer großen Nase. »Ist es nicht wundervoll? Hast du den Feuerschlucker gesehen? Ich bin so froh, dass mein Ball das Gesprächsthema der Saison sein wird. Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendjemand damit konkurrieren kann ! «
»Es ist wunderbar, Fee. Wirklich.«
»Wenigstens ist mein Erbteil jetzt gesichert«, flüstert sie. »Vater und Lady Markham haben sich heute Abend rasch angefreundet. Sie war sogar zu meiner Mutter liebenswürdig.«
Felicity nimmt meinen Arm und wir promenieren, gefolgt von ihrer Anstandsdame, einer Französin namens Madame Lumière.
Die Männer folgen uns mit ihren Blicken, als seien wir zu eroberndes Land. Der Saal schwirrt von Gesprächen über die Jagd, das Parlament, über Pferde und Liegenschaften, aber alle Augen hängen an uns. Es gilt, einen Handel abzuschließen, Samen zu säen. Und ich frage mich: Was wäre, wenn Frauen nicht Töchter und Gattinnen, Mütter und heiratsfähige Mädchen, zukünftige Ehefrauen oder alte Jungfern wären? Würden wir dann überhaupt existieren?
»Wir könnten uns mit einem Stück Kuchen die Zeit vertreiben«, schlägt Madame Lumière vor.
Ich will mir die Zeit nicht vertreiben. Ich will sie beim Schopf packen und meine Fußspuren in der Welt hinterlassen.
»Oh, liebe Madame Lumière. Gehen Sie nur. Miss Doyle und ich werden hier warten, bis Sie zurückkommen«, sagt Felicity mit ihrem strahlendsten Lächeln. Madame Lumière verspricht, tout de suite wieder da zu sein. Sobald sie außer Sichtweite ist, stürzen wir uns befreit ins Ballvergnügen.
»Hast du irgendeinen charmanten Tanzpartner?«, frage ich, als mein Blick auf Felicitys Tanzkarte fällt.
»Lauter widerliche Knilche! Der alte Mr Carrington, der nach Whiskey riecht. Ein Amerikaner, der tatsächlich gefragt hat, ob meine Familie Land besitzt. Und noch ein paar Verehrer – kein Einziger, den ich vorm Ertrinken retten, geschweige denn heiraten würde. Und Horace natürlich.« Felicity knurrt leise. »Er folgt mir wie ein trauriger Dackel.«
»Du hast ihn gründlich verhext«, sage ich lachend.
»Simon hat gesagt, ich soll liebenswürdig sein, also habe ich bei jeder Begegnung mit Lady Markham und ihrem Sohn meinen Charme spielen lassen. Ich glaube nicht, dass ich seine Aufmerksamkeit noch viel länger ertragen kann.«
»Achtung, da kommt er.«
Ich deute mit dem Kinn auf die dreihundertköpfige Menge, aus der Horace Markham auf uns zusteuert, dabei die Hand hebt, als würde er einer zweirädrigen Droschke winken. Er ist groß und schlank und nach Felicitys Aussage dreiundzwanzig. Er hat ein jungenhaftes Gesicht, das zum Erröten neigt. An seiner Haltung – leicht vorgeneigt, ein bisschen linkisch – sehe ich mit einem Blick, dass er nicht Manns genug ist, um es mit Felicity aufzunehmen.
»Ach du meine Güte«, fährt es mir heraus.
»Du sagst es«, gibt Felicity zurück.
»Miss Worthington«, sagt Horace atemlos. Eine lockige Strähne löst sich aus seinem schütteren Haar und klebt an seiner hohen glänzenden Stirn. »So sieht man sich also wieder, wie es scheint.«
»Ja, es scheint so.« Felicity hebt den züchtig gesenkten Blick zu Horace. Ein scheues Lächeln spielt um ihre Lippen. Kein Wunder, dass der arme Junge fast den Verstand verliert.
»Ich glaube, jetzt kommt die Polka. Darf ich Sie um diesen Tanz bitten?«, fragt er und es klingt geradezu flehend.
»Mr Markham, das ist sehr freundlich, aber wir haben schon so oft getanzt, dass ich mir ernsthaft Sorgen mache, was die Leute sagen werden«, antwortet Felicity mit perfekt gespielter Wohlanständigkeit. Ich kann mir das Lachen kaum
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