Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kartiks Schicksal

Kartiks Schicksal

Titel: Kartiks Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Libba Bray
Vom Netzwerk:
Wangen. »Sie will mich zur perfekten Ehefrau modellieren. Wenn es ihr gelingt, kann sie sich diesen Erfolg als Feder an den Hut stecken. Und dann geht es natürlich ums Geld.«
    »Aber es ist dein Erbe …«
    »Verstehst du nicht? Sobald ich verheiratet bin, gehört mein Erbe meinem Mann! Es wird keine Dachstube in Paris geben. Meine Zukunft wurde für mich entschieden.« Felicity ist so klein und leblos wie eine Porzellanpuppe.
    »Es tut mir leid«, sage ich, obwohl das viel zu dürftig ist.
    Felicity nimmt meine beiden Hände in ihre. Meine Knochen stöhnen unter ihrem schmerzhaften Griff. »Gemma, du siehst, wie es ist. Sie haben unser ganzes Leben geplant, von den Kleidern, die wir tragen, bis zu der Entscheidung, wen wir heiraten und wo wir leben sollen. Ob du darüber glücklich bist oder nicht, danach kräht kein Hahn, und du hast auch noch zu lächeln, selbst wenn du tief drinnen stirbst. Wir sind wie schöne Pferde und genau wie den Pferden wollen sie uns Scheuklappen anlegen, damit wir nicht nach rechts und links schauen können, sondern nur geradeaus, auf den vorgezeichneten Weg.« Felicity legt ihre Stirn an meine und hält meine Hände zwischen ihren wie in einem Gebet. »Bitte, bitte, bitte, Gemma, lass uns nicht innerlich sterben, bevor es zu spät ist.«
    »Was kann ich tun?«
    »Versprich mir, dass wir die Magie noch ein wenig länger behalten, bis ich selbst über meine Zukunft entscheiden kann – nur bis zu unserem Debüt«, fleht sie.
    »Es sind noch Wochen bis dahin«, antworte ich. »Und ich muss dem Waldvolk meine Aufrichtigkeit beweisen. Wir sollten das Bündnis schließen.«
    »Gemma, es geht um mein ganzes restliches Leben«, sagt sie und ihre Tränen werden zu Tränen des Zorns.
    Zwei kichernde Mädchen huschen am Zelt vorbei. Sie wirbeln wild in ihren Prinzessinnenkleidern herum, schneller und schneller, und lachen dabei wie verrückt. Es spielt keine Rolle, dass die Kleider nur ein geborgter Putz für eine Nacht sind. Sie glauben daran und der Glaube versetzt Berge.
    Ich lege meine Hände an Felicitys. »Ich werde es versuchen.«
    *
    Ich sitze auf meinem Bett und versuche, mir einen Reim auf alles zu machen, aber es gelingt mir nicht und der erste Mai ist bald da. Um mich abzulenken, räume ich meine wenigen Habseligkeiten auf und ordne sie schön säuberlich in meinem Schrank: den Elefanten aus Elfenbein, der mich von Indien bis hierher begleitet hat, das Tagebuch meiner Mutter, Kartiks rotes Halstuch, Simons Kästchen mit dem doppelten Boden. Ich sollte es wegwerfen. Zur Aufbewahrung all Ihrer Geheimnisse, hat er gesagt. Ich brauche einen größeren Kasten als diesen für meine Geheimnisse. Ich lege das Kästchen als Geschenk auf Anns Bett und fahre fort, Ordnung zu machen. Ich staple die Bücher in einer Ecke. Handschuhe und Taschentücher. Wilhelmina Wyatts Schiefertafel, genauso stumm wie ihre Besitzerin. Was soll ich mit dem Ding machen? Es ist nutzlos. Und schwer. Dieser dicke hölzerne Sockel macht es so schwer … Plötzlich wird mir klar, wie dumm ich war.
    Die Illustration in dem Buch – sie sagte mir, wo ich suchen muss. Das verborgene Objekt. Wilhelmina Wyatt war die Assistentin eines Magiers und kannte sich mit Taschenspielertricks aus. Wenn sie etwas hätte verstecken wollen …
    Ich taste die Kanten der Schiefertafel ab, bis mein Fingernagel auf einen kleinen Riegel stößt. Ich schiebe ihn beiseite und die Tafel löst sich. Darunter ist der lederne Beutel, den ich in meinen Visionen gesehen habe. Meine Finger zittern, als ich die Bänder aufknüpfe.
    Und darin ist ein schmaler Dolch mit einem juwelenbesetzten Griff.

51. Kapitel
1. Mai
    Die Sonne hat ihren Bogen vollendet und die Däm merung fällt ein. Die Luft ist warm; Vögel stimmen sich auf ihr nächtliches Orchester ein. Alles in allem ist es ein perfekter Abend für den Maskenball von Spence, aber ich werde keine Ruhe finden, bis die Nacht vorüber ist.
    Laternen wurden auf dem Rasen und bis weit die Straße hinunter aufgestellt, um den Weg zu beleuchten. Eine lange schwarze Reihe von Kutschen schiebt sich die Auffahrt herauf. Unsere Familien kommen an. Diener helfen Marie Antoinette und Sir Walter Raleigh, Napoleon und Königin Elisabeth aus ihren Kutschen. Alle möglichen farbenprächtigen Gestalten bewegen sich über den Rasen. Mit ihren maskierten Gesichtern verleihen sie der Veranstaltung eine fantastische Atmosphäre. Musik erfüllt den Ballsaal. Sie dringt aus den Fenstern bis in den Wald. Mädchen in

Weitere Kostenlose Bücher