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Kartiks Schicksal

Kartiks Schicksal

Titel: Kartiks Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Libba Bray
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mit der etwas nicht stimmt!« Sie gibt dem Wasser einen kräftigen Tritt, dass es hoch aufspritzt und die Tropfen in einem schönen Bogen wieder herunterkommen und auf mir landen.
    »Ich … ich denke nur, dass es am besten ist, wenn wir zusammen ins Magische Reich gehen«, sage ich. »Für diesmal.«
    Felicity sieht mir gerade in die Augen. »Du hast nicht länger zu bestimmen.«
    »Bitte, Gemma«, fleht Ann. »Lasst das jetzt.«
    Sie nimmt Felicitys Hand und beide rennen zum Maibaum. Lachend schwingen sie die Bänder, flechten sie und ich wünschte, ich könnte alles vergessen und mitmachen. Aber ich kann nicht. Ich kann nur hoffen, dass ich die Dinge rechtzeitig in Ordnung bringe. Ich schlüpfe in meine Stiefel und schlage den Weg zu dem kleinen Friedhof ein. Die Grabsteine stehen stramm zu meiner Begrüßung, denn ich bin angemessen ernst.
    Ich lege eines von Felicitys Veilchen auf den Grabstein von Eugenia Spence. Geliebte Schwester. »Ich nehme nicht an, dass du weißt, wo ich den Dolch finde«, sage ich zu dem Stein. Der Wind antwortet, indem er die Blume fortbläst. »Dacht ich mir.«
    »Seit wann sprechen Sie mit Grabsteinen?« Es ist Kartik. Er hat eine kleine Proviantdose bei sich. Ein Sonnenstrahl fällt auf sein Gesicht und mich durchzuckt die Erkenntnis, wie schön er ist – und wie überglücklich ich bin, ihn zu sehen. »Sie müssen sich nur Sorgen machen, wenn sie antworten«, sagt er. »Ich gehe, falls …«
    »Nein, bleiben Sie«, sage ich. »Bitte.«
    Er setzt sich auf ein Grab, dessen Inschrift schon fast ganz verblasst ist, und deutet mit dem Kinn in Richtung Spence. »Ich höre, es gibt einen Maskenball.«
    »Ja, morgen«, sage ich. »Ich werde als Johanna von Orleans gehen.«
    »Passend.« Kartik betrachtet einen Apfel und wischt mit dem Daumen über eine angeschlagene Stelle. »Vermutlich werden viele Herren daran teilnehmen. Englische Herren.«
    »Mit Sicherheit werden viele Leute daran teilnehmen«, antworte ich vorsichtig.
    Er beißt in die Frucht. Ich reiße ein Blatt von einem Baum und zerteile es in kleine Streifen. Das verlegene Schweigen dehnt sich.
    »Es tut mir leid«, sage ich schließlich.
    »Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen. Ich habe Sie belogen.«
    Ich setze mich neben ihn. Der Abstand zwischen uns ist nicht groß und scheint doch riesig zu sein.
    »Kommen Sie auf den Ball«, sage ich leise.
    Kartik lacht. »Sie scherzen.«
    »Nein, überhaupt nicht. Es ist ein Maskenball. Wer soll es merken?«
    Kartik zieht seinen Ärmel hoch und enthüllt das warme Braun seiner Haut. »Wer sollte das nicht bemerken? Ein Inder unter den Engländern?« Er beißt krachend in seinen Apfel.
    »Ein indischer Prinz«, sage ich. »Und Sie werden eine Einladung vorweisen können. Ich werde Ihnen eine geben.«
    »Wenn ich nicht als ich selbst gehen kann, dann gehe ich nicht«, sagt er.
    »Denken Sie darüber nach. Wenn Sie sich anders besinnen, hängen Sie das Tuch an seinen Platz und ich treffe Sie morgen um halb sieben in der Waschküche.«
    Kartik blinzelt zur Sonne hinauf. Er schüttelt den Kopf. »Das ist Ihre Welt, nicht die meine.«
    »Was ist, wenn …« Ich schlucke. »Was ist, wenn ich Sie in meiner Welt haben möchte?«
    Kartik beißt wieder von seinem Apfel ab, schaut zu der Hügelkette in der friedlichen Landschaft hinaus. »Ich glaube nicht, dass ich dorthin gehöre.«
    »Ich auch nicht«, sage ich lachend, aber zwei Tränen entschlüpfen mir und ich muss sie rasch mit meinen Fingern erhaschen. Die Magie kribbelt in mir, eine Versuchung: Du könntest machen, dass er bleibt.
    Ich bringe sie zum Schweigen.
    »Dann kommen Sie mit mir ins Magische Reich«, sage ich stattdessen. »Wir könnten zusammen Amar suchen. Wir …«
    »Nein. Ich will nicht wissen, was aus Amar geworden ist. Ich möchte ihn so in Erinnerung behalten, wie er früher gewesen ist.« Er legt den angebissenen Apfel in seine Proviantdose zurück. »Ich habe in den letzten Tagen viel darüber nachgedacht und ich glaube, am besten wird für mich sein, wenn ich zur Orlando aufbreche. Hier hält mich nichts.«
    »Kartik …«, beginne ich, aber was kann ich schließlich schon sagen? »Sie müssen tun, was Sie für richtig halten.«
    »Ich werde in Indien an Sie denken«, sagt er. »Ich werde am Ganges für Sie und Ihre Familie ein Gebet sprechen.«
    »Danke.« In meiner Kehle ist ein Klumpen, der sich nicht hinunterschlucken lässt.
    Er nimmt seine Proviantdose auf. »Guten Tag, Miss Doyle.«
    »Guten Tag, Kartik.«
    Er

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