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Kartiks Schicksal

Kartiks Schicksal

Titel: Kartiks Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Libba Bray
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Schichten von Spitze und Tüll schweben vorbei. Ich genieße nichts davon.
    Ich hatte gehofft, Kartik würde mich heute Abend überraschen. Aber ich habe vergeblich auf ein Zeichen von ihm gewartet, also nehme ich meine Laterne mit nach vorne, um auf meine Familie zu warten. Als Ersten sehe ich Vater. Er ist ein Radscha mit einem juwelengeschmückten Turban. Großmama hat eins von ihren eleganten Kleidern angezogen, trägt dazu aber eine Harlekinmaske an einem Stab. Tom hat eine Narrenkappe auf dem Kopf, die ihm viel besser steht, als er weiß.
    »Ah, hier ist nun unsere Gemma«, sagt Vater und nimmt den Anblick meiner Rüstung und der Stiefel in sich auf – und des juwelenbesetzten Dolchs an meiner Taille. »Aber Vorsicht, sie ist gar nicht unsere Gemma, sondern eine Anführerin männlicher Heerscharen! Eine Heilige, wie sie im Buche steht!«
    »Es ist Gemma von Orleans«, spottet Tom.
    »Und der Dummkopf«, gebe ich zurück.
    »Ich bin ein Hofnarr. Das ist etwas völlig anderes«, sagt er hochtrabend. »Ich hoffe, es gibt ein Abendessen.«
    Vater hat einen seiner Hustenanfälle.
    »Bist du wohlauf, Papa?«
    »Kerngesund.« Er niest. Sein Gesicht ist rot und schweißbedeckt. »Hab mich nur noch nicht ganz an diese Landluft gewöhnt.«
    »Dr. Hamilton hat gesagt, es würde dir guttun«, sagt Großmama eifrig.
    »Musste der Arzt gerufen werden?«
    Vater tätschelt meine Hand. »Na, na, mein Kleines. Kein Grund zur Besorgnis. Alles in bester Ordnung. Bin gespannt, was uns heute Abend Schönes erwartet.«
    Ein Stubenmädchen hält eine Auswahl reich verzierter Masken bereit – Vögel, alle möglichen anderen Tiere, Kobolde und Harlekins. Sie verwandeln das unter ihnen getragene Lächeln in drohende Fratzen.
    Felicity ist eine Walküre, ihr glänzendes blondes Haar wallt unter dem geflügelten Helm auf ein komplett silbernes Kleid herab. Ihre Mutter ist als kleiner Däumling gekommen; ihr Vater trägt seine Admiralsuniform und eine Fuchsmaske. Auch die Markhams sind da, sehr zu Mrs Nightwings Entzücken und Felicitys Leidwesen. Jedes Mal, wenn Horace als kleiner Lord Fountleroy in die Nähe kommt, macht sie ein Gesicht, als könne sie ihn erwürgen, was sie in seinen Augen noch begehrenswerter macht.
    Ich wünschte, ich könnte zu ihr gehen, tanzen und mit der Magie spielen, wie wir es früher getan haben. Aber in mir dröhnt ein Refrain: Nimm dich in Acht vor der Geburt des Mai. Und ich weiß nicht, was diese Nacht bringen wird.
    Unsere Direktorin ist eifrig bemüht, den Anwesenden zu zeigen, warum das Motto von Spence Grazie, Charme und Schönheit lautet. Sie ist als Florence Nightingale, ihr Vorbild, gekommen. Es würde mich erheitern, wenn ich Mrs Nightwing nicht so sehr misstraute.
    »Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen von ganzem Herzen, dass Sie uns an diesem Abend mit Ihrer Gegenwart beehren. Seit seiner Gründung genießt Spence das Ansehen einer Institution, wo Mädchen zu den vollkommensten jungen Damen erzogen werden. Doch seit vielen Jahren ist unsere großartige Schule von der schmerzlichen Erinnerung an eine schreckliche Tragödie überschattet. Ich spreche vom Ostflügel und dem Brand, dem dieser zum Opfer gefallen ist, zusammen mit dem Leben von zwei unserer Mädchen und unserer geliebten Gründerin, Eugenia Spence. Aber ihr zu Ehren haben wir den Ostflügel wiederaufgebaut und Ihre großzügigen Spenden werden es ermöglichen, dessen vollständige Renovierung in Angriff zu nehmen. Meinen ergebensten Dank.
    Und nun möchte ich Ihnen ohne Umschweife ein Programm unserer funkelnden Juwelen präsentieren. Diese Juwelen, von denen ich spreche, sind keine Brillanten oder Rubine, sondern die liebenswürdigen und untadeligen Mädchen von Spence.«
    Mrs Nightwing betupft rasch ihre Augen und setzt sich. Einige der jüngeren Mädchen – allesamt Prinzessinnen und Feen – führen einen Tanz auf und bezaubern die Gäste mit ihrer kindlichen Unbekümmertheit.
    Ein Mann schleicht sich an mich heran. Seine Maske verbirgt sein Gesicht, aber ich würde diese Stimme überall erkennen.
    »Schöner Abend für’n Kostümfest, hä?«
    »Was tun Sie hier?«, frage ich heiser.
    »Ich wurde eingeladen, Schätzchen.« Er grinst wie ein Teufel.
    Ich fauche leise in sein Ohr: »Wenn Sie mir oder meiner Familie oder meinen Freundinnen etwas antun, wenn Sie auch nur einen Schritt machen, dann werde ich die Magie so einsetzen, dass Sie nie wieder irgendjemanden bedrohen werden.«
    Fowlsons Stimme verrät sein hämisches

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