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Kartiks Schicksal

Kartiks Schicksal

Titel: Kartiks Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Libba Bray
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Felicity hinter dem Bootshaus geküsst hat. Auch Felicity hat ihn gesehen. Sie wird blass. Mit dem Hut in der Hand kommt der Mann auf Mrs Nightwing zu. »Wir suchen Arbeit. Wir sind Zimmerleute. Wir wissen, wie man baut.«
    »Verschwinde«, sagt Mr Miller mit leiser, drohender Stimme. »Das ist unsere Arbeit.«
    »Wir könnten zusammenarbeiten.« Ithal streckt Mr Miller seine Hand hin. Mr Miller ergreift sie nicht.
    »Von wegen. Das sind anständige Damen. Die brauchen hier kein dreckiges, diebisches Zigeunerpack.«
    Mrs Nightwing mischt sich ein. »Wir hatten seit Jahren Zigeuner hier auf unserem Grund. Es gab noch nie Ärger mit ihnen.«
    Mr Millers Augen glitzern. »Ich seh, dass Sie ’ne feine, gütige Dame sind, Ma’m. Aber wenn Sie freundlich zu denen sind, werden Sie sie nie los. Sie sollen in ihr eigenes Land zurückgehen.«
    Ithal packt seinen Hut so fest, dass er die Krempe zerknautscht. »Wenn wir zurückgehen, werden sie uns töten.«
    Mr Miller grinst breit. »Sehn Sie? Ihr eigenes Land will sie auch nicht haben. Sie woll’n doch keine Zigeuner anstellen, Missus. Eh’ Sie sich’s versehen, werden Sie ausgeraubt.« Er senkt die Stimme. »Und dann die jungen Damen, Ma’m … Was da passieren könnte, na, das behalt ich lieber für mich.«
    Ich mag Mr Miller nicht. Sein Lächeln ist falsch. Es passt nicht zum Gift seiner Worte. Ithal sagt nichts darauf, aber ich sehe an seinem angespannten Kinn, dass er sich die Antwort verbeißt.
    Mrs Nightwing strafft ihren Rücken, wie sie es tut, wenn sie eine von uns zur Rede stellt. »Mr Miller, ich vertraue darauf, dass dieser Bau rechtzeitig bis zu unserem Ball fertig wird?«
    »Klar, Missus.« Mr Miller lässt Ithal nicht aus den Augen. »’s war der Regen, der uns aufgehalten hat.«
    Mrs Nightwing spricht zu den Zigeunern, als würde sie auf Kinder einreden, die ins Bett gehen sollen. »Ich danke Ihnen für Ihr Interesse, meine Herren. Zurzeit haben wir die Sache gut im Griff.«
    Ich beobachte, wie sich die Zigeuner entfernen, und hoffe noch immer, Kartik jeden Moment zu sehen. Mrs Nightwing ist mit Mr Miller beschäftigt und ich packe die Gelegenheit beim Schopf. Ich schließe meine Hand um einen Penny und schlendere hinter den Zigeunern her.
    »Verzeihen Sie, Sir, ich glaube, Sie haben das hier verloren«, sage ich und halte einem von ihnen die glänzende Münze hin.
    Der Zigeuner weiß, dass ich die Geschichte erfunden habe; ich kann es an seinem misstrauischen Grinsen sehen. Er schaut Rat suchend zu Ithal.
    »Gehört uns nicht«, sagt Ithal.
    »Es wäre doch möglich!«, platze ich heraus.
    Der andere Mann lässt sich darauf ein. »Wofür?«
    »Vorsicht, Freund«, warnt Ithal. »Wir sind Dreck unter ihren Füßen.« Er wirft einen Blick zu Felicity, die ihn vollkommen ignoriert.
    »Ich möchte nur wissen, ob Mr Kartik sich zurzeit in Ihrer Gesellschaft befindet.«
    Ithal verschränkt die Arme vor seiner Brust. »Warum wollen Sie das wissen?«
    »Er hatte auf eine Anstellung als Kutscher gehofft. Zufällig kenne ich eine Familie, die einen braucht, und ich dachte mir, ich könnte es ihn wissen lassen.« Ich schäme mich für meine Lüge.
    »Siehst du? Dreck.« Ithal starrt mich an. »Ich habe Mr Kartik seit Monaten nicht mehr gesehen. Vielleicht ist er schon im Dienst bei einer vornehmen Familie und kann nicht mehr zum Spielen kommen.«
    Es ist eine Ohrfeige und sie tut weh, aber noch mehr schmerzt es mich zu wissen, dass niemand Kartik gesehen hat. Ich fürchte, dass ihm etwas Schreckliches zugestoßen ist.
    Mrs Nightwing treibt die Mädchen zusammen und ich eile zurück zur Herde. Ich höre noch, wie Ithal zu den anderen Zigeunern sagt: »Lasst euch nicht von englischen Rosen in Versuchung führen. Ihre Schönheit verwelkt, aber ihre Dornen bleiben.«
    »Miss Doyle! Was hatten Sie bei diesen Männern zu suchen?«, schimpft Mrs Nightwing.
    »Ich hatte einen Kieselstein im Schuh. Ich bin nur stehen geblieben, um ihn zu entfernen«, lüge ich.
    »Skandalös«, flüstert Cecily. Ihr Geflüster könnte die Toten aufwecken.
    Mrs Nightwing fasst mich am Arm. »Miss Doyle, keine Extratouren, bitte …« Ihre Ermahnung wird durch einen lauten Ausruf eines der Arbeiter unterbrochen.
    »He! Da unten ist was!«
    Einige der jungen Männer springen in die Grube zwischen dem neuen Turm und dem alten Teil der Schule. Eine Lampe wird geholt und hinuntergelassen. Wir folgen Mrs Nightwing und drängen uns um die Grube in der Hoffnung, einen Blick auf das, was da entdeckt

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