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Kartiks Schicksal

Kartiks Schicksal

Titel: Kartiks Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Libba Bray
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Sie damit?«, frage ich und beiße wieder ein Stück von meinem Brot ab.
    »So was spürt man einfach in seinen Knochen.« Sie tastet nach dem Kreuz, das sie um den Hals trägt. »Und eines Tages hab ich gehört, wie Mrs Nightwing Mrs Spence irgendwas über den Ostflügel gefragt hat, und Mrs Spence, Gott hab sie selig, hat gesagt, sie muss keine Angst haben, sie wird nie irgendwas hineinlassen, selbst wenn sie dafür sterben müsste. Mich schaudert’s, wenn ich nur dran denke.«
    Eugenia Spence, die ihr Leben dafür gegeben hat, Sarah vor den dunklen Geistern der Winterwelt zu retten. Das Brot, an dem ich gekaut habe, ist schwer zu schlucken.
    Brigid schaut durchs Fenster auf den dunklen Wald hinter der Schule. »Ich wünschte, sie würden die Finger davon lassen.«
    »Aber, Brigid, denken Sie, wie schön es sein wird, wenn er fertig ist und Spence wieder so ist, wie es einmal war«, wende ich ein. »Ist es nicht, als würde man Mrs Spence ein ehrendes Denkmal setzen?«
    Brigid nickt. »Ja, schon. Aber trotzdem …« Sie fasst mit der Hand unter mein Kinn. »Sie werden Ihre alte Brigid nicht wegen der Milch verraten, nein?«
    Ich schüttle den Kopf. »Natürlich nicht.«
    »Gutes Mädchen.« Sie tätschelt meine Wange und diese Geste bewirkt, besser als jedes Zauberwort, dass meine Seele von Geistern befreit wird. »Als Sie damals in Ihren Trauerkleidern zu uns gekommen sind, hab ich Sie für ein Gespenst gehalten. Es hat mit Ihren grünen Augen zu tun – die haben mich an die arme Mary Dowd erinnert, die zusammen mit ihrer Freundin Sarah im Feuer umgekommen ist. Aber Sie haben nichts mit denen gemein. Überhaupt nichts.«
    »Danke für das Brot«, sage ich, obwohl es sich in meinem Magen in Blei verwandelt hat.
    »Gern geschehen, Schätzchen. Jetzt gehn Sie besser zurück. Man wird Sie schon vermissen.« Wieder schaut sie in das Dunkel hinter den Fenstern. »’s ist nicht richtig, ihn wiederaufzubauen. Das spür ich. ’s ist nicht richtig.«
    Die Augen von Eugenia Spence folgen mir Schritt für Schritt die Treppe zu meinem Zimmer hinauf. Ihr weißes Haar ist nach der Mode ihrer Zeit frisiert, mit Locken auf der Stirn und einem üppigen Haarknoten am Hinterkopf. Ihr Kleid hat einen hohen Kragen und kunstvolle Rüschen auf beiden Seiten ihres leuchtend grünen Oberteils – kein gesetztes Grau oder Schwarz für Eugenia Spence. Und an ihrem Hals hängt das Amulett mit dem Auge des aufgehenden Mondes, das ich jetzt, unter meinem Kleid verborgen, an meinem Hals trage.
    Meine Mutter hat ihren Tod verschuldet.
    In meinem Zimmer hole ich das Tagebuch meiner Mutter heraus und lese wieder die Stelle, wie Eugenia heldenmütig sich selbst anstelle von Sarah und meiner Mutter geopfert hat.
     
    »Ich will Ersatz« , rief der dunkle Geist und packte Sarahs Arm.
    Eugenias Mund nahm einen entschlossenen Zug an. »Wir müssen in die Winterwelt eilen. « Und schon befanden wir uns in jener Welt aus Eis und Feuer, mit feindlichen, kahlen Bäumen und ewig währender Nacht. Eugenia richtete sich hoch auf: »Sarah Rees-Toome, du wirst nicht an die Winterwelt verloren sein. Komm zurück mit mir. Komm zurück. «
    Das Ungeheuer fuhr zu ihr herum. »Sie hat mich gerufen. Sie muss bezahlen oder das Gleichgewicht des Magischen Reichs geht verloren. «
    »Ich werde statt ihrer gehen« , sagte Eugenia bestimmt.
    »So sei es. Wir können jemanden, der so mächtig ist, gut gebrauchen …«
    Eugenia warf mir ihr Amulett des Mondauges zu. »Mary, lauf! Nimm Sarah mit durch das Tor und ich werde das Magische Reich verschließen! «
    Das Ungeheuer fügte Eugenia Schmerz zu, sodass sie gequält aufschrie. Ihre Augen flehten so verzweifelt, dass es mir den Atem nahm, denn ich hatte Eugenia noch nie furchtsam gesehen. »Das Magische Reich wird so lange verschlossen bleiben, bis jemand den Weg dorthin wiederfindet. Jetzt – lauft!«, rief sie.
    Dann sprach sie laut die Zauberformel, um das Magische Reich zu versiegeln, und das war das Letzte, was ich von ihr gesehen habe, bevor sie von der Dunkelheit verschluckt wurde.
     
    Ich schlage das Tagebuch meiner Mutter zu, dann lege ich mich auf den Rücken, starre zur Decke und denke an Eugenia Spence. Wenn sie das Amulett nicht meiner Mutter zugeworfen und das Magische Reich verschlossen hätte, wer weiß, was für schreckliche Dinge über unsere Welt hereingebrochen wären. Mit dieser Heldentat hat sie uns alle gerettet, obwohl es ihre eigene Vernichtung bedeutete. Ich frage mich, was aus ihr geworden

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