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Kartiks Schicksal

Kartiks Schicksal

Titel: Kartiks Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Libba Bray
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grinst. »Zum Baum.«
    Sie zerren sie zum Baum Aller Seelen. Er ist nicht ganz so majestätisch wie der Baum, den ich gesehen habe. Einer der dunklen Geister der Winterwelt schneidet in Eugenias Hand. Sie schreit vor Schmerz und dann vor Entsetzen auf, als sie erkennt, was sie ihr antun wollen. Aber ihre Schreie verhallen ungehört. Die Geister tränken die Wurzeln des Baumes Aller Seelen mit Eugenias Blut und binnen Sekunden klettern die Wurzeläste kreuz und quer über ihre Beine und an ihrem Körper hoch.
    »Wenn ihr Blut vergossen ist, muss sie mit dem Baum vereinigt werden.«
    Die Wurzeln setzen ihren Vormarsch fort, sie verschlingen Eugenia. Und dann ist sie Teil des Baumes, ihre Seele eins mit ihm.
    »Lasst mich los, bitte«, fleht sie flüsternd.
    Ich sehe Eugenia im Baum gefangen und ich merke, wie ihr Geist im Laufe der Jahre zersplittert. Ich sehe sie an dem Tag, als sie die dunklen Geister zum ersten Mal um ein Opfer bittet und ein winziger Streifen Rot in den sich ballenden Wolken der Winterwelt erscheint.
    Die dunklen Geister verbeugen sich in Ehrfurcht vor ihr. »Wir sind verloren und brauchen eine Führerin. Eine Mutter. Wirst du uns leiten?«
    Die Glieder des Baumes strecken sich aus und schlingen sich wie schützende Arme um die dunklen Geister der Winterwelt. Und die Stimme Eugenias dringt aus dem Baum wie ein Schlaflied. »Ja … ja …«
    Der Nebel verdichtet sich. Der Baum spricht wieder. »Eine wird kommen, die große Zauberkraft besitzt. Sie wird uns geben, was wir haben wollen.«
    »Wir werden ihr Blut an dem Baum vergießen!«, brüllt ein Scherge unter donnerndem Applaus.
    »Aber zuerst muss ich den Weg für unsere Rückkehr bereiten«, sagt der Baum.
    Die Szene wechselt in ein Varietétheater. Wilhelmina Wyatt schreibt auf ihre Schiefertafel: Ihr müsst den Ostflügel wiederaufbauen und das Magische Reich wieder in Besitz nehmen. Der Orden muss den Sieg davontragen.
    Freudentränen strömen über Wilhelminas Wangen, als sie die Botschaft ihrer geliebten Eugenia empfängt. Sie zeigt sie Miss McChennmine und der Plan wird in die Wege geleitet. Denn wie könnte der Orden eine Nachricht seiner geliebten Eugenia missachten?
    Aber Wilhelmina kann in die Dunkelheit blicken und bald erkennt sie die Wahrheit. Ich bin zurück in dem Zimmer und beobachte, wie Wilhelmina ihre verzweifelte Botschaft an die Wände kritzelt. Und als ihr das Wissen über den Kopf wächst, setzt sie sich eine Nadel und sinkt in Bewusstlosigkeit. Ich sehe, wie sie in Briefen und Bittschriften versucht, den Orden zu warnen, aber das Kokain und ihre Angst haben sie in zunehmendem Maß zerstört. Und als sie ihr Buch schreibt – ein letzter, verzweifelter Versuch, die anderen zu erreichen –, betrachten diese sie als eine Verräterin und Lügnerin.
    Im Drogenrausch unternimmt Wilhelmina einen letzten Versuch. Sie versteckt den Dolch in der Schiefertafel, dann geht sie in die kalte Nacht hinaus. Ihr Geist ist zerrüttet und sie sieht in jeder dunklen Ecke Gespenster – Todesschergen und Ungeheuer. Eine Kutsche saust die dunkle Gasse entlang und in ihrer Vorstellung ist es eine Geisterkutsche. Sie rennt zu den Docks, rutscht aus, schlägt sich den Kopf an einem Brückenpfeiler an und fällt in die Themse. Und als die Bootsmänner ihren leblosen Körper wieder hineinwerfen, umfängt Wilhelmina die Dunkelheit, vor der sie sich gefürchtet hat, aber es macht ihr nichts mehr aus. Langsam sinkt sie in die Tiefe und ich hinterher.
    Schwer atmend reiße ich mich von der Vision los. Kartik ist neben mir und streichelt mein Haar. Er sieht mich besorgt an. »Du warst stundenlang weggetreten. Bist du in Ordnung?«
    »Stundenlang«, wiederhole ich. Mein Kopf schmerzt.
    »Was hast du gesehen?«
    »Ich brauche Luft«, keuche ich. »Draußen.«
    Auf dem Kai weht mir die kühle Luft vom Fluss ins Gesicht und ich erhole mich wieder. Ich erzähle ihnen alles.
    »Niemand hat Wilhelmina getötet«, sage ich und schaue zu den Booten hinaus, die auf dem Wasser schaukeln. »Es war ein Unfall. Sie ist ausgerutscht, hat sich den Kopf angeschlagen und ist ertrunken. Dumm, dumm.« Genauso gut könnte ich von mir selbst reden. Ich habe alles aus der Hand gegeben.
    Nein, noch nicht. Ich kann es noch aufhalten. Noch ist Zeit.
    »Mr Fowlson«, sage ich, »wir müssen so rasch wie möglich nach Spence. Wie schnell können Sie fahren?«
    Er schmunzelt. »So schnell Sie wollen.«
    »Dann nichts wie los«, sage ich.
    Wir stürzen zur Kutsche, die gottlob noch

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