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Kartiks Schicksal

Kartiks Schicksal

Titel: Kartiks Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Libba Bray
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wo sich die Ranken kreuz und quer über meine Hände und Füße zu schlingen beginnen.
    »Pippa!«, schreit Felicity. Aber Pippa hat jetzt nur eines im Sinn.
    »Ich bin der Weg!«, ruft sie.
    Felicity schwingt die stumpfe Seite des Schwerts gegen sie und wirft sie nieder. Die Magie lockert ihren Griff.
    »Fee?«, sagt Pippa mit weit aufgerissenen Augen. Und dann sieht sie die klaffende Wunde in ihrem Arm, ihr Blut, das in die samtigen Ranken tropft. Die Burg knarrt in allen Fugen, sie schwankt und bockt, bis wir übereinanderfallen.
    »Was passiert hier?«, ruft Mae.
    Die Ranken peitschen um sich und greifen nach allem, was sie erreichen können. Mit einem gewaltigen Krach beginnen die alten Mauern einzustürzen. In panischer Angst rennen wir zu den Türen und versuchen dabei, den herabfallenden Trümmern auszuweichen.
    »Pip!«, ruft Felicity. »Pip, komm da raus!«
    Aber aus Pippas Gesicht leuchtet eine schreckliche Freude. Sie erhebt ihre Arme zum Himmel. »Es gibt nichts zu fürchten! Ich bin der Weg!«
    »Pip! Pip!«, schreit Felicity, als ich sie mit mir fortreiße.
    Hilflos sehen wir zu, wie die rasenden Ranken Pippa finden und sie mit eiserner Kraft herunterziehen. »Nein!«, brüllt sie. »Ich bin der Weg!« Aber der Himmel regnet Steine. Und dann stürzt die mächtige Burg vollends in sich zusammen, begräbt Pippa tief unter ihren Mauern und lässt sie für immer verstummen.
    Felicity, Ann und ich entrinnen mit knapper Not. Schwer atmend lassen wir uns ins Gras fallen, als die Burg in die Erde sinkt – das Niemandsland fordert das Seine zurück. Bessie und Mae sind mit heiler Haut entkommen wie auch einige der andern. Mercy wurde zusammen mit Pippa unter den Trümmern begraben.
    Die Mädchen starren auf den Platz, wo Pippa gestanden hat.
    Mae lächelt unter Tränen. »Sie wollte es so«, sagt sie in höchster Verzückung. »Versteht ihr nicht? Sie hat sich selbst geopfert. Für uns.«
    Bessie schüttelt den Kopf. »Nein.«
    »Sie war auserwählt«, beharrt Mae.
    »Nein, du irrst dich«, sage ich. »Sie war nur ein Mädchen.«
    Bessie läuft mir nach. »Kann ich mitkommen?«
    Ich nicke. Bessie ist nicht auf den Mund gefallen und das könnte für uns von Nutzen sein.
    Ich hole Felicity ein.
    »Fee …«, beginne ich.
    Sie wischt sich die Nase an ihrem Ärmel ab und dreht ihren Kopf von mir weg. »Sag nichts.«
    Ich sollte ihrem Wunsch folgen, aber ich kann nicht. »Pippa war schon seit Langem fort. Du warst die einzige Macht, die sie davon abgehalten hat, sich ganz zu verwandeln. Das ist Magie. Vielleicht die stärkste, die ich je gesehen habe.«

68. Kapitel
    Die Medusa hat unsere Rückkehr nicht abgewartet. Sie ist uns nachgesegelt und wartet jetzt hier auf dem Fluss auf uns. Kartik wirft einen Blick in Felicitys tränenüberströmtes Gesicht und fragt nicht weiter. Er und Bessie betrachten einander abschätzend und Bessie besteigt wortlos das Schiff.
    »Es ist vorbei«, erkläre ich ihm. »Medusa, bring uns in die Winterwelt.«
    Fowlson stürzt zu mir. »Warten Sie! Was soll das heißen? Wo ist Sahirah?«
    »Es tut mir leid«, sage ich leise.
    Ich fürchte, er werde schreien. Heulen. Uns verfluchen. Irgendwo seine Wut auslassen. Stattdessen sinkt er stumm auf die Planken des Schiffes, den Kopf in den Händen – und irgendwie ist das viel schlimmer.
    »Was können wir tun?«, flüstere ich Kartik zu.
    »Lass ihn.«
    Die Medusa steuert uns den Fluss entlang. Feuer brennen auf dem Wasser. Die Flammen lodern und prasseln und bedrohen uns mit ihrer Hitze. Der Wind bläst uns einen erstickenden Aschenregen ins Gesicht. Es ist, als würden wir in den Schlund der Hölle einfahren.
    Blitze zucken hinter den wabernden roten Wolken, die sich über der Winterwelt türmen.
    »Wir sind nahe«, sagt die Medusa.
    Ann unterdrückt einen Schrei und hält sich eine Hand vor den Mund. Sie starrt auf das Wasser, wo der leblose Körper einer unglücklichen Seele mit dem Gesicht nach unten vorbeitreibt. Alle sind verstummt. Wir verlassen das Niemandsland. Die Winterwelt nimmt uns auf und es gibt kein Zurück.
    *
    Die Medusa ankert an der gleichen Stelle, wo wir zum ersten Mal dem Heer der Toten begegnet sind. Auf den zerklüfteten Klippen brennen Feuer. Ich will nicht wissen, wer sie gelegt hat oder was als Brennstoff benützt worden sein mag. Das Waldvolk und die Hadschin haben ihre Boote an Land gezogen. Philon lässt seine gletschergrünen Augen suchend über die Klippen wandern.
    »Wo geht es zu dem Baum?«, fragt das

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