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Kartiks Schicksal

Kartiks Schicksal

Titel: Kartiks Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Libba Bray
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retten. Denkt nur an den Baum. Geht und fällt ihn. Ich kann nicht sagen, ob dieser Plan gut ist oder nicht. Aber wir müssen etwas tun. Und wenn überhaupt, so können wir es nur gemeinsam schaffen.«
    Ich strecke meine Hand vor und warte. Es ist der längste Moment meines Lebens. Kartik legt seine Hand auf meine. Felicity und Ann folgen schnell. Philons lange Finger sind die nächsten. Bessie und Fowlson. Die Hadschin. Die Zentauren. Das Waldvolk. Hand auf Hand, bis zum Letzten, schließen wir uns zusammen. Ich muss mich konzentrieren, um alle Gedanken mit Ausnahme meiner eigenen fernzuhalten. Es wäre ein Leichtes für die Gedanken der dunklen Geister, in meinen Kopf einzudringen. Ich fühle, wie die Magie von mir in die anderen überfließt, von einem zum anderen. Und als ich meine Augen öffne, ist es wie im Spiegelkabinett eines Jahrmarkts. Alle ringsum sehen haargenau gleich aus. Alle tragen mein Gesicht. Wer wollte da unter allen die Richtige herausfinden?
    »Wir haben jetzt keine Zeit, um alles noch einmal zu überdenken«, sage ich. »Sie könnten uns jeden Moment entdecken. Wir dürfen uns nicht überrumpeln lassen.«
    Die Trommeln beginnen wieder zu schlagen. Mein Blut pocht rascher in meinen Ohren. Wir schwärmen über die Klippen aus. Die schauerlichen Schergen unten zeigen mit ihren Knochenfingern und kreischen. Sie rüsten sich zum Angriff, genau wie wir auch. Ein Teil von uns stürmt aufs Feld. Schwerter werden gezogen. Das Klirren von Eisen gegen Eisen jagt mir Schauer über den Rücken. Ein Hagel von Pfeilen fliegt von den Zentauren auf den Klippen ins Tal. Ein Pfeil sirrt an mir vorbei und findet sein Ziel in einem dunklen Geist in meiner nächsten Nähe.
    »Aahhhhh!« Ein wilder Kriegsschrei zerreißt die Luft. Ich sehe eine von uns ein Schwert schwingen, als sei sie dazu geboren, und ich weiß, dass unter diesem Trugbild das Herz meiner Freundin Felicity schlägt.
    Ich traue meinen Augen kaum. In wildem Tempo rast die Medusa auf uns zu, ein Schwert in jeder Hand. Sie macht eine prächtige, schreckenerregende Figur; eine grüne Riesin, die nach links und rechts Hiebe austeilt. Die Schlangen auf ihrem Haupt winden sich und zischen.
    Ihre Stimme übertönt den Lärm. »Wenn ihr einen Kampf wollt, so sollt ihr ihn haben. Ich bin die Letzte meiner Art. Ich werde nicht kampflos untergehen.«
    In all ihrer Selbstherrlichkeit ist die Medusa ein unvergesslicher Anblick. Die Schlangen gebärden sich wie wahnsinnig auf ihrem Haupt. Ich bin sowohl von Ehrfurcht ergriffen als auch von Furcht vor ihrer sagenhaften Kraft gepackt. Ein paar dunkle Geister versteinern bei ihrem Anblick; andere mäht sie mit ihren Schwertern nieder. Es ist, als würde sie uns nicht mehr hören oder sehen. Sie ist ganz in den Kampf vertieft, so sehr, dass sie irrtümlich das Schwert gegen eine von uns erhebt.
    »Medusa!«, rufe ich.
    Augenblicklich fährt sie zu mir herum. Und, oh, die schreckliche Absicht dieser gelben Augen, nun, wo sie frei ist. Es ist ein Schrecken, von dem ich mich nicht losreißen kann. Ich erliege dem verhängnisvollen Zauber der Medusa. Meine Füße werden zu Stein. Ich kann mich nicht bewegen. Die Welt kippt weg. Die Geräusche des Kampfes sind verstummt. Ich höre nur das verführerische Zischen der Medusa. »Sieh mich an, sieh mich an, mich, mich, sieh und staune …«
    Die Versteinerung kriecht durch mein Blut. »Medusa«, sage ich mit erstickter Stimme, aber ich weiß nicht, ob sie es gehört hat oder nicht.
    Sieh mich an, sieh mich an …
    Kann nicht atmen.
    Die Schlangen zischen wild. Der Blutrausch weicht aus den Augen der Medusa. Sie weiten sich entsetzt. »Sieh mich nicht an, Gebieterin ! «, schreit die Medusa. »Schließe deine Augen!«
    Mit letzter Kraft gehorche ich. Sofort ist der Bann gebrochen. Meine Glieder werden schlaff vor Erleichterung und ich falle schwer atmend auf den Boden.
    Die Medusa hilft mir auf die Füße. »Du darfst mich jetzt nicht ansehen, denn ich bin nicht die, die du kennst. Ich bin mein kriegerisches Selbst. Hüte dich. Verstehst du?«
    Ich nicke heftig.
    »Ich hätte dich töten können«, sagt sie erschüttert.
    »Aber du hast es nicht getan«, keuche ich.
    Ich höre ein Stöhnen. Eine von uns ist gefallen. Ein dunkler Geist hat versehentlich ihr Blut vergossen. Die falsche Gemma stürzt zu Boden.
    »Dummkopf!«, brüllt Amar. »Wenn du ihr Blut hier vergießt, gehört ihre Seele nicht uns!«
    Aber die Verwundete auf dem Boden ist nicht länger ein Trugbild meiner

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