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Kartiks Schicksal

Kartiks Schicksal

Titel: Kartiks Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Libba Bray
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können dem Orden nicht trauen. Nur ich kann Ihnen helfen.«
    Es war ein Fehler hierherzukommen. »Ich gebe Ihnen gar nichts. Meinetwegen können Sie da drinnen verfaulen.«
    Sie sinkt wieder hinunter und das Letzte, was ich sehe, bevor sie verschwindet, ist eine blasse Hand, die nach mir zu greifen scheint.
    »Sie werden zu mir zurückkommen«, flüstert sie mit einer Stimme so kalt wie das eisige Wasser selbst. »Wenn es niemanden mehr gibt, dem Sie vertrauen können, werden Sie kommen müssen.«
    *
    »Hast du gefunden, was du gesucht hast, Lady Hope?«, fragt Ascha, als ich in die Höhlen der Seufzer zurückkehre.
    Ascha führt mich einen Gang mit verblassten Fresken entlang in eine Höhle, an die ich mich erinnere. Felszeichnungen, die nackte Frauen mit üppigen geschwungenen Hüften und lüsterne nackte Männer darstellen, schmücken die Wände. Sie ziehen mich an, obwohl ich bei ihrem Anblick erröte. Ich entdecke etwas, was ich früher nicht bemerkt habe. Es ist ein flaches Relief von zwei einander umschließenden Händen in der Mitte eines vollkommenen Kreises. Es kommt mir bekannt vor, wenngleich ich nicht sagen kann, woher, wie ein Bild aus einem Traum. Die Steine scheinen zu mir zu sprechen: Dies ist ein Ort der Träume für diejenigen, die bereit sind zu sehen. Lege deine Hände in die Mitte des Kreises und träume.
    »Hast du das gehört?«, frage ich.
    Ascha lächelt. »Es ist ein besonderer Ort. Hierher kamen die Frauen des Ordens und die Rakschana als liebende Paare.«
    Wieder steigt mir eine heiße Welle des Errötens in die Wangen, die nicht abkühlen will.
    »Sie legten innerhalb des Kreises ihre Hände ineinander, sodass einer in den Träumen des anderen wandeln konnte. Es schmiedete ein unzerstörbares Band. Der Kreis ist das Sinnbild ewiger Liebe. Weil er keinen Anfang und kein Ende hat. Verstehst du?«
    »Ja«, sage ich und fahre mit dem Finger die Kontur des Kreises nach.
    »Sie kamen, um die Tiefe ihrer Zuneigung zu prüfen. Wenn sie nicht in den Träumen des anderen wandeln konnten, waren sie nicht füreinander bestimmt.«
    Ascha führt mich durch den farbenprächtigen Gang des Tempels. Ich warte darauf, dass sie nach der Magie und dem Bündnis fragt, aber sie tut es nicht. »Ich habe vor, ein Bündnis zu schließen und die Magie unter uns allen zu teilen«, erkläre ich unaufgefordert. »Aber es gibt Dinge in meiner eigenen Welt, um die ich mich zuerst kümmern muss.«
    Ascha lächelt nur.
    »Ich werde die Magie mit euch teilen. Ich gebe dir mein Wort darauf.«
    Sie sieht mir in die Augen, als ich gehe. »Natürlich, Lady Hope.«
    Ich wandere allein durch die Klatschmohnfelder und einen staubigen, unter dem grünen Baldachin von Trauerweiden verborgenen Weg entlang. Die zarten Blätter der Bäume streifen mit einem leisen tröstlichen Rascheln über den Boden. Ich atme tief ein und versuche, klar zu denken, aber es klappt nicht. Circes Warnung hat sich in meinem Kopf eingenistet. Ich hätte nicht hingehen sollen. Ich werde diesen Fehler kein zweites Mal machen. Und Pippa? Vielleicht gibt es einen Grund, warum sie den Fluss nicht überqueren konnte. Vielleicht besteht immer noch eine Chance, sie zu retten. Der Gedanke beflügelt meine Schritte. Ich habe fast das Ende des Weges erreicht, als ich leises Pferdegetrappel höre.
    Durch den grünen Blättervorhang sehe ich etwas Weißes aufblitzen. Ein Pferd? Zehn? Sind dort Reiter? Wie viele? Die Blätter bewegen sich und ich sehe nichts mehr. Aber ich höre das Dröhnen der Hufe näher kommen. Ich hebe mein Nachthemd und renne. Ich stürme in das Weizenfeld, die peitschenden Halme mit den Händen teilend. Doch ich höre es noch immer. Mein Herz schlägt seinen Refrain: Schau nicht hinter dich; bleib nicht stehen; lauf, lauf, lauf.
    Ich habe das Bildnis der drei Frauen in den verschiedenen Lebensaltern, das den Weg zu dem geheimen Tor weist, fast erreicht. Mit keuchendem Atem laufe ich im Zickzack durch die Wache stehenden Steine. Vor mir auf dem moosbedeckten Hügel ist von dem Tor keine Spur zu sehen. Hinter mir erklingt gleichmäßiges Hufgetrappel. Ich stürme auf den Hügel. Zeig dich, zeig dich, zeig dich …
    Das Tor erscheint, ich stürze hindurch und das Geräusch von Pferdehufen verhallt. Ich rase durch den von Leuchtkäfern erhellten Gang und hinaus auf den Rasen. Das Licht erlischt und das Tor verschwindet, als wäre es niemals da gewesen.
    Auf dem Dach von Spence hocken die Wasserspeier auf ihren Plätzen und beobachten alles. Mit

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