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Kartiks Schicksal

Kartiks Schicksal

Titel: Kartiks Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Libba Bray
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schenken mir ein Lächeln.
    »Bist du gekommen, um die Magie in den Tempel zurückzubringen?«, fragt Ascha.
    »Noch nicht. Aber ich werde es tun«, versichere ich ihr.
    Ascha verbeugt sich, doch ohne zu lächeln. Daran erkenne ich, dass sie mir nicht glaubt. »Was können die Hadschin für dich tun?«
    »Ich möchte Zutritt zum Brunnen der Ewigkeit.«
    »Willst du deiner Angst ins Auge sehen?«
    »Es gibt dort etwas, dem ich helfen muss, Ruhe zu finden«, antworte ich.
    Sie wiegt bedenklich den Kopf. »Das ist nicht leicht. Es steht dir frei einzutreten.«
    Eine Wasserwand trennt mich von dem, was im Innern liegt. Ich muss nur durch sie hindurchtreten und dann werde ich Gewissheit haben. Meine Lippen sind trocken vor Angst. Ich befeuchte sie mit der Zunge, versuche alle meine Sinne zusammenzunehmen. Mit angehaltenem Atem durchstoße ich den Vorhang aus Wasser und befinde mich im innersten Heiligtum des Tempels.
    Der Brunnen der Ewigkeit liegt in der Mitte. Aus seinen Tiefen dringt kein Laut. Mit wild klopfendem Herzen nähere ich mich dem Brunnen, bis meine Finger an seinen Rand stoßen. Ich kann kaum atmen. Die Zunge klebt mir am Gaumen. Ich umklammere den Brunnenrand fest und schaue hinein. Das Wasser hat sich in Eis verwandelt. Mein Gesicht spiegelt sich undeutlich in der rauchgrauen Oberfläche. Ich kann den Umriss erkennen.
    Das Gesicht einer Frau presst sich gegen die Oberfläche und ich taumle mit einem Aufschrei zurück. Ihre Züge treten nun deutlich hervor. Augen und Mund sind wie im Tod geschlossen. Ihr Gesicht entbehrt jeder Farbe. Ihr Haar treibt im Wasser unter der eisähnlichen Oberfläche wie die Strahlen einer dunklen Sonne.
    Circes Augen öffnen sich. »Gemma … Sie sind gekommen.«
    Ich weiche noch weiter zurück und schüttle den Kopf. Mein Magen krampft sich zusammen. Ich möchte mich übergeben. Aber die Angst hält mich sogar davon ab. »Sie … Sie sind tot«, flüstere ich. »Ich habe Sie getötet.«
    »Nein. Ich lebe.« Ihre Stimme ist ein ersticktes Flüstern. »Als Sie die Magie an sich gebunden haben, haben Sie mich hier gefangen. Ich werde sterben, wenn die Magie zurückgegeben wird.«
    »Und ich b-bin froh darüber«, stammle ich und gehe schnell auf die Wasserwand zu, die diesen schrecklichen Raum von den Höhlen der Seufzer trennt.
    Circes unheimliche Stimme hallt in der Höhle wider wie die Einflüsterungen unsichtbarer Dämonen. »Der Orden schmiedet ein Komplott gegen Sie. Er plant, das Magische Reich ohne Sie zurückzugewinnen. Gemma, Sie können ihm nicht trauen.«
    »Sie sind es, der ich nicht trauen kann!«
    »Ich habe Nell Hawkins nicht getötet«, sagt sie, den Namen des Mädchens nennend, dessen Blut an meinen Händen klebt.
    »Sie haben mir keine Wahl gelassen!« Aber es ist zu spät. Sie hat meine wunde Stelle gefunden und bohrt weiter darin.
    »Es gibt immer eine Wahl, Gemma. Solange noch Zeit ist, kann ich Ihnen helfen, Ihre Zauberkraft zu bändigen, sodass sie Ihnen gehorcht. Wollen Sie sich von der Magie beherrschen lassen oder wollen Sie deren Meisterin sein?«
    Vorsichtig trete ich an den Brunnen heran. »Meine Mutter hätte es mich vielleicht zur rechten Zeit gelehrt. Aber sie bekam dazu keine Gelegenheit. Sie haben sie vorher getötet.«
    »Sie hat sich selbst getötet.«
    »Um ihre Seele vor Ihnen und diesem schrecklichen Ungeheuer der Winterwelt zu retten – diesem Todesschergen! Sie wollte dem Bösen nicht dienen! Ich hätte dasselbe getan.«
    »Ich nicht. Für eine Tochter wie Sie hätte ich bis zu meinem letzten Atemzug gekämpft. Aber Mary war nie eine große Kämpferin so wie Sie.«
    »Sie haben kein Recht, von meiner Mutter zu sprechen«, sage ich scharf.
    Ich werfe einen verstohlenen Blick auf sie und für eine Sekunde sehe ich in ihrem Gesicht etwas von dem, was sie einmal war, einen flüchtigen Schimmer von meiner früheren Lehrerin, Miss Moore. Aber dann spricht sie und ein kalter Schauder läuft mir über den Rücken.
    »Gemma, Sie brauchen keine Angst vor mir zu haben. Ich würde Ihnen nie etwas Böses antun. Aber ich könnte Ihnen immer noch helfen. Und alles, was ich als Dank dafür verlange, ist, wieder ein wenig von der Magie zu kosten – nur einmal noch, bevor ich sterbe.«
    Für einen Moment schwanke ich. Doch nein, ich falle nicht darauf herein. Es ist nur eine Taktik, um die Magie an sich zu bringen. Sie hat sich nicht geändert. »Ich gehe jetzt.«
    »Der Plan ist schon im Gang. Sie haben keine Vorstellung, welche Gefahr Ihnen droht. Sie

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