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Kartiks Schicksal

Kartiks Schicksal

Titel: Kartiks Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Libba Bray
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einer Reihe auf. Wir Mädchen bitten, auch hinausgehen zu dürfen, und Mrs Nightwing lässt sich erweichen.
    Die kalte Nachtluft kitzelt im Nacken und flüstert mir Geheimnisse ins Ohr, die nur der Wind kennt. Nebel steigt auf. Die Kutsche hält und eine schlanke Frau in einem komfortablen blaugrauen Kostüm steigt aus. Sie hebt den Kopf, um den Anblick der Schule in sich aufzunehmen, und ich erkenne sie sofort: dunkle, forschende Augen unter dichten Brauen; ein schmaler Mund in einem scharf geschnittenen Gesicht und die Gestalt von der geschmeidigen Anmut eines Panthers. Miss McChennmine ist zurückgekehrt.
    Sie begrüßt unsere Direktorin mit einem knappen Lächeln. »Guten Abend, Lillian. Tut mir leid, dass es so spät geworden ist, aber die Straßen waren schlammig.«
    »Das macht nichts. Nun bist du da«, antwortet Mrs Nightwing. Die Dienstboten hasten hin und her, während Brigid Befehle erteilt und den Kutscher durch den Hintereingang in die Küche bittet und ihn zu einer Mahlzeit einlädt. Die jüngeren Mädchen stürzen auf Miss McChennmine zu, um sie willkommen zu heißen. Ich versuche mich unsichtbar zu machen, aber da ich ziemlich groß bin, ist es unmöglich, lange unentdeckt zu bleiben. Miss McChennmines Augen begegnen meinen und das genügt, um meinen Herzschlag zu beschleunigen.
    »Meine Damen, ich gewähre eine zusätzlich Stunde, um unsere Miss McChennmine gebührend zu begrüßen«, verkündet Mrs Nightwing, begleitet von Freudenrufen.
    Das Feuer im Marmorsaal wird geschürt, bis es wieder hell brennt. Kekse und Tee werden gereicht. Willkommensgrüße werden an Miss McChennmine gerichtet und die Mädchen berichten über die Neuigkeiten von Spence, über die kommende Londoner Saison und die Kostüme, die sie auf dem Maskenball tragen werden. Miss McChennmine hört sich alles an, ohne irgendetwas über sich selbst zu erzählen oder mitzuteilen, wo sie in den vergangenen drei Monaten gewesen ist.
    Um halb elf verkündet Mrs Nightwing, dass es Zeit ist, ins Bett zu gehen. Widerstrebend machen sich die Mädchen auf den Weg zum Treppenhaus. Ich bin fast dort, als mich Miss McChennmine aufhält.
    »Miss Doyle, könnten Sie noch einen Moment bleiben?«
    Felicity, Ann und ich tauschen verstohlene Blicke. Ich schlucke den Klumpen, der in meiner Kehle wächst, hinunter und beobachte, wie meine Freundinnen die Treppenstufen zu ihren sicheren Zimmern hinaufsteigen, während ich im Lager des Feindes verharre.
    Miss McChennmine und ich nehmen auf dem Samtsofa in dem kleinen Empfangssalon Platz und lauschen dem Ticken der vergoldeten Uhr auf dem Kaminsims, das die quälende Stille in Sekunden zerlegt. Miss McChennmine wendet mir ihre dunklen Augen zu und ich fange an zu schwitzen.
    »Wie schön ist es, wieder in Spence zu sein«, sagt sie.
    »Ja. Die Gärten sind eine Pracht«, antworte ich. Es ist wie eine Partie Rasentennis, bei der keine von uns denselben Ball zurückspielt.
    Tick-tack, tick-tack, tick-tack.
    »Und sicherlich freuen Sie sich auf Ihre Saison, habe ich recht?«
    »Ja, sehr.«
    Tick. Tack. Tick.
    »Da ist diese andere Sache, über die wir sprechen müssen. Die Sache mit dem Magischen Reich.«
    Tack.
    »Miss Doyle, ich habe mit der Suche nach den letzten Mitgliedern des Ordens begonnen. Ich weiß nicht, wie viele überlebt haben oder welche magischen Kräfte noch vorhanden sind. Aber ich hoffe, dass wir bald ins Magische Reich zurückkehren werden und unsere Schwesternschaft ihre frühere Herrlichkeit wiedergewinnen wird.«
    Tick-tack-tick-tack-tick-tack.
    Miss McChennmine verzieht ihre Lippen zu so etwas Ähnlichem wie einem Lächeln. »Sie sehen also, ich habe versucht, Ihnen zu helfen.«
    »Sie haben sich selbst geholfen«, korrigiere ich.
    »Ist es so?« Sie richtet diesen durchdringenden Blick auf mich. »Sie hatten keine Probleme seitens der Rakschana, nehme ich an?«
    »Nein«, sage ich überrascht.
    »Und haben Sie sich nicht darüber gewundert?«
    »Ich …«
    »Das haben Sie mir zu verdanken. Aber ich kann Sie nicht für immer vor ihnen beschützen.«
    »Wie konnten Sie die Rakschana aufhalten?«
    »Denken Sie, ich würde das dem Zufall überlassen? Wir haben unsere Spione in ihren Reihen, wie sie ihre Spitzel in den unseren haben«, sagt sie bedeutungsvoll. Mein Magen krampft sich zusammen, als ich an Kartiks letzte schreckliche Mission für die Rakschana denke. »Vielleicht darf ich Sie daran erinnern, dass Sie schon früher einmal vorschnell geurteilt haben.«
    »Was wollen Sie von

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