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Kartiks Schicksal

Kartiks Schicksal

Titel: Kartiks Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Libba Bray
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uns die Verantwortung tragen. Wir werden Sie als eine der Unseren in den Orden bringen. Sie werden Ihren rechtmäßigen Platz einnehmen.«
    »Und wenn ich mich weigere?«
    Miss McChennmines Stimme wird rasiermesserscharf. »Dann kann ich Sie nicht länger beschützen.«
    Sie will mir Angst machen. Aber ich werde nicht so leicht aufgeben.
    »Miss McChennmine, ich muss Ihnen ein Geständnis machen«, sage ich, immer noch auf den Boden starrend. »Ich kann das Magische Reich nicht betreten. Nicht mehr.«
    »Was soll das heißen?«
    Ich zwinge mich, ihrem Blick zu begegnen. »Ich habe es versucht, aber die Zauberkraft hat mich verlassen. Ich hatte Angst, es Ihnen zu sagen. Ich bin nicht die, für die Sie mich gehalten haben. Es tut mir leid.«
    »Aber ich dachte, Sie hätten die Magie an sich gebunden.«
    »Das dachte ich auch. Aber es war ein Irrtum. Oder sie wollte sich letztendlich nicht in mir festsetzen.«
    »Ich verstehe«, sagt sie.
    Für den längsten Moment meines Lebens hält Miss McChennmine meinen Blick fest, während ich verzweifelt versuche, nicht zu zucken. Die Uhr misst unseren unausgesprochenen Hass in Ticktackschlägen. Schließlich wendet Miss McChennmine ihre Aufmerksamkeit einer kleinen Engelsfigur aus Keramik zu, die am äußersten Rand eines Beistelltisches steht.
    »Miss Doyle, wenn Sie lügen, werde ich es früher oder später erfahren. Eine solche Kraft ist nicht leicht zu verbergen.«
    »Es tut mir leid, Sie zu enttäuschen«, sage ich.
    »Nicht halb so sehr wie mir.«
    Sie versucht, den Engel in die Mitte des Tisches zurückzuschieben und ihre Finger zittern dabei ein wenig. Der Engel wackelt gefährlich und steht dann wieder still.
    »Darf ich jetzt zu Bett gehen?«, frage ich und sie entlässt mich mit einer Handbewegung.
    *
    »Gemma. Pssst!« Es ist Felicity. Sie und Ann haben sich in Anns Bett versteckt. Felicity schnellt hoch wie ein Schachtelmännchen mit Haarschleifen. »Was ist passiert? Hat Miss McChennmine dich mit ihren Raubtierfängen gebissen?«
    »Sozusagen«, antworte ich, während ich an meinen Schnürstiefeln ziehe. Ich löse die winzigen Schlingen aus den Häkchen. »Sie wollte, dass ich ein Mitglied des Ordens werde und dessen Regeln befolge.«
    »Du meinst, sie wollte, dass du ihnen deine ganze Zauberkraft gibst«, höhnt Felicity.
    »Hat sie davon gesprochen, uns in den Orden aufzunehmen?«, fragt Ann.
    »Nein«, sage ich und lasse meine Strümpfe in einem Häufchen auf dem Boden liegen. »Sie wollte nur mich.«
    Felicitys Augen werden schmal. »Du hast also abgelehnt?« Es ist weniger eine Frage als eine Forderung.
    »Ich habe ihr erklärt, dass ich die Magie nicht mehr besitze und dass ich das Magische Reich überhaupt nicht betreten könne.«
    Felicity schnaubt zufrieden. »Gut gemacht, Gemma!«
    »Ich fürchte, sie hat mir nicht geglaubt«, warne ich. »Wir werden sehr vorsichtig sein müssen.«
    »Sie ist uns nicht gewachsen.« Felicity springt aus Anns Bett. »Bis morgen, mes amies! «
    »Mawah meenon ne le plus poohlala« ,sage ich mit einer affektierten Verbeugung.
    Felicity lacht. »Was soll das bitte heißen?«
    »Mein Französisch. Ich finde, es wird immer besser.«
    Ann ist innerhalb von Minuten eingeschlafen und ich liege wach und starre auf die sich verzweigenden Risse rechts und links in der Decke. Was ist, wenn Miss McChennmine recht hat? Was, wenn das Magische Reich meine Freundinnen und das Waldvolk nicht anerkennt? Wem werden sie die Schuld dafür geben? Andererseits: Miss McChennmine hat schon einmal versucht, mich zu zwingen, sie ins Magische Reich zu bringen. Sie würde alles sagen oder tun, um dem Orden das Magische Reich zurückzugeben.
    So viele Entscheidungen, so viel Verantwortung und kein deutlich sichtbarer Weg. Draußen vor meinem Fenster ist es dunkel, nur der schwache Lichtschein vom Feuer des Zigeunerlagers erhellt den Wald. Wenigstens eine Sache gibt es, über die ich mir heute Nacht Klarheit verschaffen kann, und ich werde mir diese Antwort holen.
    Ich schleiche die Treppe hinunter. Die Tür zum Marmorsaal steht einen Spaltbreit offen. Drinnen brennt noch eine Lampe. Ich höre flüsternde Stimmen und taste mich näher, um zu lauschen.
    »Bist du sicher?«
    »Es ist die einzige Möglichkeit. Wir dürfen es nicht dem Zufall überlassen. Das Risiko ist zu groß.«
    »Du baust mit voller Zuversicht auf diesen Plan? Wir haben keine wirklichen Beweise …«
    »Vertrau mir. Ich kann das nicht ohne dich tun.«
    »Ich bin loyal. Das weißt

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