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Karwoche

Karwoche

Titel: Karwoche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Föhr
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Hörweite war. Dann sahen sich die beiden Männer ins Gesicht, schnitten ratlose Grimassen und schwiegen. Wallner setzte sich schließlich auf eine verwitterte Bank an der holzverschalten Scheunenwand. Manfred setzte sich neben ihn. Eine Weile wurde nicht gesprochen, da jeder der beiden seine ersten Worte sorgfältig abwog, um nicht allzu viel Schaden anzurichten.
    »Zu Hause sind sechs Semmeln«, sagte Wallner endlich.
    »Die wo übrig bleiben, kannst ja einfrieren. Die schmecken wunderbar, wenn man s’ aufbackt.«
    »Natürlich.« Pause. »Ich habe auch zwei Bienenstiche gekauft.«
    »Das ist schlecht mit der Sahne. Ich mein zum Aufheben.«
    »Ich glaub, die muss man am nächsten Tag wegtun. Aber vielleicht ess ich auch beide. Mal sehen.«
    Nachdem die Aufbewahrung nicht gegessener Lebensmittel besprochen war, tat sich erneut ein Loch auf im Gespräch.
    »Macht einen netten Eindruck hier«, nahm Wallner den Faden wieder auf.
    »Ja. Sehr nette Leute.« Manfred hatte einen trockenen Zweig aufgelesen und stocherte damit im Staub herum.
    »Was hast du denen erzählt?«
    Manfred malte akribisch eine Acht in den Staub. »Mei – ich hab mich a bissl interessant gemacht. Bei die jungen Mädel kommt das an, wenn s’ was Gutes tun können. An alten, einsamen Mann retten zum Beispiel.«
    »Scheint zu funktionieren.«
    »Du, ich bin net der Dings … der Brad Pitt oder so. Ich muss mir was anderes einfallen lassen.«
    Wallner schwieg.
    »Es tut mir leid. Ich hab doch net ahnen können, dass ihr euch so bald begegnet. Ich stell das auch richtig. Ich geh gleich hin, und dann mach ich euch bekannt und sag, dass des a Schmarrn war, was ich erzählt hab.«
    Wallner schaute, als sei er nicht ganz einverstanden.
    »Was is? Schaust so, wie wenn’s dir net passen tät.«
    »Lass mal. Du musst ja mit den Leuten klarkommen, nicht ich. Ist mir eigentlich egal, was die von mir denken.«
    »Aber mir vielleicht net.«
    »Vor einer Stunde war’s dir noch egal.«
    »Aber jetzt hat sie dich kennengelernt. Vorher warst ja nur a Gespenst. Da is es wurscht, verstehst?«
    »Ich glaube, ja. Aber lass es trotzdem erst mal sein.«
    Erneutes Schweigen. Wallner lag etwas anderes auf dem Herzen.
    »Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll«, begann er. »Ostern war für dich immer ganz wichtig. Aber du … na ja, du willst es lieber mit den Leuten hier verbringen als mit mir.«
    »Das geht net gegen dich. Aber du hast doch im Moment eh keine Zeit. Ich find’s nett von dir, dass du sagst, mir frühstücken zusammen. Aber nach zwei Stund musst doch eh wieder weg. Wegen dem Mord. Oder wegen der Vera.«
    »Hast recht. Ich bin … wenig da in letzter Zeit. Ich hab auch irgendwo ein schlechtes Gewissen gehabt wegen Ostern. Deswegen hab ich mir ja gedacht, es wär netter für dich, wenn du es mit deinem Bruder und seiner Familie verbringst.«
    »Du hättst mich aber auch mal fragen können, was ich netter find.«
    »Warum mach ich das eigentlich nicht?«
    »Weil du meinst, du musst immer alles allein entscheiden. Du bist immer für alles zuständig. Ich kann aber ganz gut auf mich selber aufpassen. Bis Pflegestufe drei is noch a bissl hin.«
    Wallner sah seinen Großvater von der Seite an. »Bestimme ich über dein Leben, ohne dich zu fragen?«
    Manfred legte seinen knochigen Arm auf Wallners Schulter. »Du bist kein schlechter Kerl. Eigentlich sogar a ganz guter Kerl.«
    »Danke.«
    »Ich möchte auch gar keinen anderen Enkel.«
    »Kriegst du auch nicht.«
    »Nur – manchmal meinst es zu gut, verstehst? Mach dich a bissl locker. Ich komm schon zurecht. Und wennst mal wenig Zeit hast – sag’s.« Er stieß Wallner den Ellbogen in die Seite. »Des fehlt noch, dass mir’s Zicken anfangen wie die Weiber. Oder?«
    »Nein, das machen wir nicht.« Wallner gab Manfred ebenfalls einen Rempler, bedachte aber nicht, dass Manfred leicht war wie Papier und am äußersten Ende der maroden Bank saß. Der alte Mann verlor das Gleichgewicht und war plötzlich verschwunden. Wallner sprang auf, um seinem Großvater auf die Beine zu helfen.
    »Entschuldige. Das war ein bissl fest.«
    »Geht schon«, hüstelte Manfred.
    »Was machen Sie da?«, ertönte Jana Kienlechners stählerne Stimme.
    »Nix. Mir ham uns unterhalten, und da hab ich’s Gleichgewicht verloren«, beeilte sich Manfred, sie zu beschwichtigen.
    »Wie war die Unterhaltung?«
    »Mein Großvater hat mir den Kopf gewaschen«, sagte Wallner.
    Jana Kienlechner hielt Manfred einen anerkennenden, nach oben

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