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Karwoche

Karwoche

Titel: Karwoche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Föhr
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ihrem Mund. Es musste Klebeband sein. Als sie es sich vom Gesicht reißen wollte, wurde ihr bewusst, warum sie die Hände nicht hinter ihrem Rücken hervorholen konnte. Sie waren nicht nur taub. Sie waren gefesselt. Die Marimba spielte wieder. Durch den Schleier vor ihren Augen sah sie in der Dunkelheit ihren Rucksack auf einem alten Stuhl mit Farbresten an der Lehne. Die Töne kamen aus dem Rucksack. Es war ihr Handy. Jemand rief sie an. Sie wollte sich aufsetzen. Als sie es versuchte, riss sie ein dicker Hanfstrick am Hals zurück. Erneut die Marimba. Wo war sie? Was war das für ein Keller? Und wer hatte sie gefesselt? Adrenalin schoss durch ihre Adern und wischte den Schleier von den Augen. Sie war jetzt hellwach, ihr Herz schlug bis zum Hals. Der Kommissar hatte recht behalten. Sie war in eine tödliche Falle getappt.
     
    Wallner legte auf, nachdem er Jennifer Loibl auf die Box gesprochen hatte. Er verabschiedete sich von den Kollegen und fuhr zurück zum Bäcker. Die Schlange war etwas kürzer geworden, aber lang genug, um ein paar Telefonate zu führen. Dass Jennifer Loibl nicht erreichbar war, behagte Wallner nicht.
    Auf der Neurologie meldete sich eine Schwester Birga.
    »Ich weiß, dass Frau Loibl heute frei hat«, sagte Wallner. »Aber vielleicht wissen Sie ja trotzdem, wo ich sie erreichen kann.«
    »Ich geb Ihnen mal die Schwester Sarah. Die kennt die Jennifer besser. Warten S’ kurz.«
    Nachdem Schwester Birga und Schwester Sarah eine Weile neben dem Telefon diskutiert hatten, meldete sich Schwester Sarah. »Hier spricht Schwester Sarah. Worum geht es denn?«
    »Wallner, Kripo Miesbach. Wir suchen die Frau Loibl.«
    »Ich weiß ja net, ob ich Ihnen Auskunft geben darf. Bin ich dazu verpflichtet?«
    »Nein, sind Sie nicht. Aber Frau Loibl wird Ihnen sicher dankbar sein. Sie ist möglicherweise in Lebensgefahr, und wir können sie nicht erreichen.«
    »Des is jetzt kein Trick, dass ich Ihnen was sag, oder?«
    »Nein.«
    »G’wiss net?«
    Wallner brannte die Sonne auf den Kopf, es roch aus der Bäckerei nach frischem Brot, und er hatte Hunger. »Schwester Sarah – es ist wirklich ernst. Stellen Sie sich vor, Sie erfahren morgen, dass Frau Loibl tot ist, und müssen sich sagen, dass Sie es hätten verhindern können. Keine schöne Vorstellung. So was hängt einem das ganze Leben nach.«
    »Na gut, wenn’s so ernst ist: Sie hat mir gesagt – aber das dürfen Sie nicht offiziell verwenden …«
    »Ich werde schonenden Gebrauch davon machen. Was hat sie Ihnen gesagt?«
    »Sie hat eine Einladung bekommen, vom Dr. Weber. Der ist hier Oberarzt auf der Station. Er hat eine Hütte am Spitzingsee. Dahin hat er sie eingeladen.«
    »Haben Sie mal die Nummer von Dr. Weber?«
     
    Wallner erreichte René Weber auf der Dachterrasse seiner Wohnung in München-Gern, wo er den warmen Feiertag mit seiner Schwester und deren neugeborenem Kind genoss.
    »Jemand sagte mir, Jennifer Loibl wäre bei Ihnen.«
    »Nein, die habe ich das letzte Mal am Freitag im Krankenhaus gesehen.«
    »Sie haben sie also nicht auf eine Hütte am Spitzingsee eingeladen?«
    »Eine Hütte am Spitzingsee?«
    »Sie haben keine Hütte am Spitzingsee?«
    »Nein. Ich bin nur am Spitzingsee, wenn dort irgendwelche Fachkongresse oder Seminare stattfinden.«
    »Ich vermute, Jennifer Loibl hat sich auch nicht bei Ihnen gemeldet.«
    »Nein. Allerdings habe ich Probleme mit dem Handy.«
    »Inwiefern?«
    »Ich kann zwar anrufen. Aber ich bekomme keine Anrufe. Wir haben es ausprobiert. Wenn man mich anruft, läutet es nicht. Aber meine Mailbox geht dran. Ich hab beim Provider angerufen. Aber die sagen, es wär alles in Ordnung.«
    »Haben Sie Ihre Box mal abgehört?«
    »Stimmt. Das könnte ich machen. Bleiben Sie kurz dran.«
    Nach einer halben Minute meldete sich René Weber wieder.
    »Die Sache wird immer merkwürdiger. Da meldet sich die Box einer anderen Telefonnummer. Das gibt’s doch nicht!«
    »Das kann eigentlich nur eins bedeuten …«
    »Was denn?«
    »Nehmen Sie doch mal die SIM -Karte aus Ihrem Handy.«
    Kurz darauf sagte der irritierte Oberarzt: »Die Karte ist von einem anderen Provider. Ich versteh das nicht.«
    »Jemand hat Ihre Karte gestohlen und sie durch eine andere ersetzt. Lassen Sie Ihr Handy manchmal unbeaufsichtigt?«
    »Im Krankenhaus ist es im Arztzimmer. Wenn ich bei den Patienten bin, kann ich eh nicht telefonieren. Sagen Sie: Was soll das? Wer hat mir meine SIM -Karte geklaut?«
    »Das«, sagte Wallner, »würde ich auch

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