Kasey Michaels
vorhabe.“
„Ah, jetzt
verstehe ich, warum du meine Eltern zum Dinner einladen wolltest. Ihre
Anwesenheit sollte dich vor der Hartnäckigkeit zweier Mädels schützen, die
kaum dem Schulzimmer entronnen sind.“
„Ja, und ich
schäme mich zutiefst dafür“, sagte Rafe grinsend, denn er sah sich die
Schlacht schon gewinnen. „Ich bin ein
kläglicher Duke, ein Feigling, ein Drückeberger, der nur deine Verachtung
verdient. Kommst du trotzdem? Bitte, Charlie. Ehrlich, ich würde lieber wieder
in die Schlacht ziehen; da weiß ich wenigsten, wo der Feind ist – und er trägt
keine Röcke.“
„Ah, also
gut.“ Charlotte seufzte melodramatisch auf. „Ich sollte nicht, aber ich
komme. Allerdings nur, weil du dich wichtigen Angelegenheiten bezüglich des
Besitzes widmen musst, anstatt dich mit Problemen wegen der Bediensteten
herumzuschlagen.“
„Nein, du
kommst, weil du weißt, dass ich dich bis zum Irrsinn quäle, bis du
einwilligst. Ich schäme mich in der Tat.“
„Du nicht!
Du schämst dich nie. Und irgendwie gelingt es dir immer, deinen Willen
durchzusetzen.“
„Nicht
immer, Charlie“, sagte er leise, während er ihr die verschränkten Händen
bot, damit sie in den Sattel steigen konnte. „Aber ich gebe auch nie auf.“
6. Kapitel
nstatt nun mehrmals die Woche von Rose
Cottage hinüber nach Ashurst Hall zu reiten, um den
Zwillingen auf die Finger zu sehen oder sich mit dem Verwalter zu besprechen,
wie sie es seit Emmalines Heirat gehalten hatte, wanderte Charlotte nun
umgekehrt regelmäßig über den Waldpfad zu ihrem Elternhaus und war jedes Mal
froh, nach kurzem Besuch von dort wieder flüchten zu können.
Flüchten –
das Wort gefiel ihr nicht, doch sie gestand sich ehrlich ein, dass ihr
Verhalten dem einer liebenden Tochter nur wenig glich. War sie oberflächlich,
selbstsüchtig? Oder ein pflichtvergessenes Kind? Vielleicht alles drei.
Gleichzeitig
wich sie Rafe aus, außer bei den gemeinsamen Mahlzeiten und am Abend, wenn sich
nach dem Dinner alle im Salon zusammenfanden. Oft genug jedoch blieb er dort
fern, um seinem Freund Fitz Gesellschaft zu leisten.
Man hätte
denken können, er wich ihr aus.
Was, dachte
Charlotte, während sie den bewussten Pfad entlangeilte, es mir leichter macht, ihm auszuweichen.
Ihr war
klar, was er beabsichtigte. Er wollte ihr Zeit geben, ehe er sie erneut mit
seinen Fragen konfrontierte. Und ihr war klar, wie sie reagierte. Sie nahm sich
diese Zeit und war ihm dankbar dafür.
Da er
morgens mit John Cummings ausritt, nahm er sein Frühstück sehr zeitig ein. Also
ließ sie sich die Morgenschokolade am Bett servieren.
Da sie
wusste, dass er nach wie vor mit ihr über Harold reden wollte,
plauderte sie mit Nicole und Lydia über alberne Nichtigkeiten, sobald sich beim
Dinner eine Gesprächslücke auftat, denn sie wusste, das ihn diese ‚Frauengespräche‘
in die Flucht trieben.
Während
eines der Mädchen noch redete, suchte Charlotte schon verzweifelt nach dem
nächsten Thema. Wodurch sie erst am gestrigen Abend, ohne es selbst zu merken,
den Zwillingen erlaubt hatte, ihre Ausstattung für London zu planen.
Während sie
munter ausschritt, gedachte sie düster des erstickten Lautes, der vom Kopf der
Tafel gekommen war, als Nicole begeistert in die Hände geklatscht und gejubelt
hatte: „Siehst du, Rafe, Charlotte meint auch, dass wir dich begleiten
sollen, wenn du im März mit Captain Fitzgerald nach London reist. Sie findet
ebenfalls, dass wir hier nicht ewig verschimmeln können.“
„Das habe
ich nicht gesagt!“, protestierte Charlotte, ehe ihr dämmerte, dass sie es
durchaus gesagt haben könnte. „Rafe, du musst im Frühjahr sowieso nach
London“, erklärte sie schließlich in dem Wissen, dass er auf seine
unbeholfene
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