Kasey Michaels
Justins Schritte.
Als sie
sich umdrehte, tauchte Tanner gerade den Zipfel eines Handtuchs ins
Waschbassin. „Er weiß es ... und es amüsiert ihn. Er ist ein seltsamer
Mensch.“
Tanner
hielt ihr das feuchte, kühle Tuch an die Lippen. „Lass es da einen
Moment“, bat er. „Deine Lippen sind ... äh ... sehr gerötet. Ja, Justin
ist schon seltsam, und schnell von Begriff, auch was frisch geküsste Lippen
angeht. Und wir wollen doch nicht zu seiner weiteren Erheiterung beitragen,
oder?“
Kopfschüttelnd
nahm Lydia das Tuch fort. „Wie sieht es jetzt aus?“
„Dein
Mund?“ Tanner lächelte. „Außerordentlich küssenswert wie immer. Offen
gesagt, sollte ich Justin dafür danken, dass er in dem Augenblick geklopft
hat.“
Sie spürte,
wie sie errötete. „Ja, das denke ich auch.“ Aber lieber würde ich ihm
eine Backpfeife geben.
Tanner hob
sachte ihr Kinn an, sodass sie ihm ins Gesicht sehen musste. „Lydia, wir haben
Zeit, alle Zeit der Welt. Und morgen sind wir in Malvern.“
Sie nickte
und entfernte sich ein wenig von ihm – von der Versuchung. Mühsam nur enthielt
sie sich der Worte: „Das glaubte Fitz auch.“
Sich ihr
zuneigend, küsste Tanner sie auf die Wange und drückte leicht ihren Arm. „Ich
werde jetzt etwas sehr, sehr Tapferes tun: Ich werde gehen und dich allein
lassen. Beim Essen sehe ich dich wieder.“
Als er fort
war, lehnte sie sich gegen die Tür und schloss die Augen. Sie hatte ihn
geküsst? Hatte ihn wirklich geküsst? Er hatte geklungen, als wollte er sie
küssen, er hatte sogar gefragt, ob er sie küssen dürfe, aber sie, sie hatte
ihn dann geküsst. Und er ging anschließend einfach hinaus?
Wenn sich
seine Ehrenhaftigkeit noch steigerte, würde sie auch Tanner eine Backpfeife
geben müssen.
Nachdem sie
sich noch einmal im Spiegel betrachtet und vorsichtshalber ein wenig Reispuder
auf die ebenfalls gerötete Haut ihres Kinns aufgetragen hatte, machte sie sich
auf zum Dinner. Unten am Fuß der Treppe traf sie auf einen großen, recht ansehnlichen
rothaarigen Mann mit schwarzer Augenklappe.
„Guten
Abend, Madam“, sprach er sie an und verneigte sich höflich, wenn auch ein
wenig nervös. „Sind Sie wohl zufällig Lady Lydia oder Miss Harburton?“
Sein
weicher irischer Tonfall versetzte ihr einen kleinen Stich, trotzdem lächelte
sie. „Ich bin Lydia Daughtry, ja. Und Sie müssen Mr Flynn sein?“
„Das bin
ich, Mylady, und nun steh ich hier und komme mir ganz dumm vor, dass ich neben
einem Duke hergeritten bin und es nicht merkte. Stellen Sie sich vor, ich war
dreist genug, ihm einfach die
Hand zu reichen, wo ich doch vor ihm den Hut ganz tief hätte ziehen müssen. Nun
laufe ich hier schon eine Weile auf und ab und traue mich nicht, hineinzugehen
und mich mit jemand so Hochgeborenem an einen Tisch zu setzen.“
„Wenn Seine
Gnaden Sie einlud, meinte er es auch so, Mr Flynn. Begleiten Sie mich doch
einfach zum Speisesalon, denn ich merke gerade, dass ich gar nicht weiß, wo er
ist.“
Flynn
neigte höflich den Kopf und bot ihr den Arm. „Es wäre mir eine Freude, Lady
Lydia, und ich hoffe sehr, Sie werden für sich behalten, dass ich mich hinter
Ihren Röcken verstecke.“
Sie lachte
und lächelte immer noch, als sie den Raum betraten, wo die übrige Gesellschaft
schon beisammensaß.
Tanner und
Justin erhoben sich, schüttelten Mr Flynn die Hand, und Tanner stellte ihn
Jasmine vor.
„Es ist mir
eine Ehre und ein Vergnügen, Miss Harburton!“, sagte Flynn, indem er sich
verneigte.
Jasmine
ignorierte ihn ostentativ. „Tanner, können wir bitte endlich essen? Ich
habe lange genug gewartet. Wirklich, Lydia, man sollte denken, du hättest
längst unten sein können, mit Rücksicht auf andere.“
Lydia
überkam an diesem Tag ständig der Drang, Backpfeifen auszuteilen. Jasmine war
heute gleich
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