Kasey Michaels
zweimal verschwunden, hatte so ihren Cousin in Sorge versetzt und
die Weiterreise verzögert, und nun beschwerte sie sich wegen einer geringfügigen
Wartezeit? Doch gelassen erwiderte sie: „Wie recht du hast, Jasmine, ich bitte
um Entschuldigung“, und ließ sich auf dem Stuhl nieder, den Mr Flynn ihr
zurechtrückte. „Danke, Mr Flynn.“
„Es ist mir
eine Ehre, einer schönen Frau behilflich zu sein“, erklärte er und setzte
sich ebenfalls.
„Jasmine,
wirklich, du solltest dich deinerseits bei Lydia entschuldigen“, mahnte
Tanner.
Doch
Jasmine blieb stumm, was natürlich besonders auffiel, da sie sonst kaum einmal
schwieg.
Lydia
schaute sie erstaunt an.
Jasmines
Gesicht spiegelte schwärzesten Hass, während sie hervorstieß: „Ich habe keinen
Hunger! Und ich finde, ihr seid alle ganz abscheulich!“ Damit sprang sie
auf und rannte so eilig aus dem Zimmer, dass es den Herren kaum gelang,
rechtzeitig aufzustehen.
„Launisches
kleines Ding“, sagte Justin gleichmütig, setzte sich wieder und hob die
silberne Haube von einem der Vorlegteller auf dem Tisch. „Na, umso mehr bleibt
für uns, nicht wahr? Mr Flynn, vielleicht ein wenig Potage ä la Monglas? Eine
Spezialität meines Kochs.“
Mr Flynn
schaute so komisch drein, dass Lydia rasch ihr Lachen in ein Husten
umwandelte. „Eine spezielle Hühnersuppe, Mr Flynn. Der Baron spaßt auf Ihre
Kosten.“
„Bitte,
Lady Lydia, der korrekte Begriff ist Geflügel! Edelgeflügel! Mein guter
Wigglesworth nähme nichts anderes. Wir beleidigen die edlen Tiere nicht, indem
wir sie einfach nur als Hühner bezeichnen.“
„Ich sehe
es ein, obwohl es dem Edelgeflügel in seinem jetzigen Zustand vermutlich
einerlei ist.“ Wie immer hatte Lydia Spaß an der Wortklauberei des Barons.
„Aber ich merke sehr wohl, wie Sie meine Bemerkung nicht korrigiert haben, dass
Sie auf Kosten Mr Flynns spaßen.“
Doch Flynn
wurde sichtlich ruhiger. „Ah, tut er das? Es wäre nicht nötig gewesen, ich
empfinde auch so schon genug Ehrfurcht angesichts der Menge Silber hier auf
dieser Tafel. Ich wusste nicht, dass es so vornehme Gasthäuser gibt.“
Justin
lachte auf. „Und wer spaßt nun über wen, Mr Flynn? Tanner, schenk ihm ein Glas
Wein ein. Ich glaube wahrhaftig, wir werden einen höchst erfreulichen Abend
verbringen. Und alle werden wir zu Wort kommen!“
Im Grunde
gab Lydia ihm recht, trotzdem fragte sie: „Soll ich gehen und Jasmine zum Zurückkommen
überreden? Sie sollte schon etwas essen. Tanner?“
„Nein“,
sagte er fest. „Wenn sie meint, schmollen zu müssen, lass sie. Ich werde ihr
ein Tablett hinaufbringen lassen. Ich weiß nicht, was in sie gefahren ist, aber
es ist mir herzlich gleichgültig.“
„Dann
sollte ich mich ihr vielleicht besser anschließen und die Herren allein
lassen.“ Lydia wurde gerade bewusst, dass sie die
einzige Frau am Tisch war. Und Sarah und Mrs Shandy waren noch nicht
eingetroffen. Zum Kuckuck mit Jasmine und ihrem Egoismus!
Doch in
diesem Moment trat nach kurzem Anklopfen die vermisste Mrs Shandy ein,
knickste, grüßte verlegen und zog sich auf einen Stuhl im Hintergrund zurück,
wo sie aus einem umfangreichen Arbeitsbeutel ihr Strickzeug hervorkramte.
„Sehr gut,
damit ist der Anstand gewahrt“, erklärte Justin. Dann nahm er Jasmines
unbenutzten Teller und richtete für die Anstandsdame ein kleines Mahl darauf
an, während Tanner eigenhändig neben ihrem Platz ein Tischchen aufstellte.
„Oh, nicht
doch, Euer Gnaden!“, zwitscherte die ältliche Dame und errötete
tatsächlich.
„Unsinn“,
wehrte Tanner ab, „Durch Ihre Anwesenheit wird Lady Lydia eine Verlegenheit
erspart. Außerdem bekommen die anderen schon im Schankraum serviert. Warum
sollten Sie
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