Kasey Michaels
Auge. Er
lenkte sein Pferd neben Tanners und passte sich dem Tempo an. „Guten Tag“,
rief er, lüpfte seinen Hut und enthüllte einen dichten Schopf roter Haare.
„Benjamin Flynn, einst Viertes Königliches Infanterieregiment“, fuhr er
fort, wobei er Tanner die behandschuhte Hand hinstreckte. „Hätten Sie etwas
dagegen, wenn ich mich Ihnen für eine Strecke anschließe? Bin bisher
querfeldein geritten, aber da es nun langsam dunkel wird, dachte ich, es wäre
besser, wieder die Straße zu nehmen, ehe mein guter alter Brauner noch in ein
Kaninchenloch tritt und ich ein unrühmliches Ende finde.“
Tanner nahm
die Hand des Mannes. „Tanner Blake, und ja, schließen Sie sich ruhig an. Lange
Reise?“, fragte er angesichts der hinter dem Sattel des Fremden
aufgeschnallten Decke. Der irische Tonfall Mr Flynns erinnerte ihn an Fitz.
„Das weiß
ich erst, wenn ich ankomme. War immer unterwegs, seit ich zurück in England bin.
Kann immer noch nicht so recht entscheiden, wo ich mich niederlassen möchte.
Jetzt grade zieht es mich ,zu den lieblichen Höhen der Malvern Hills', wie der
Dichter sagt.“
„Ah,
ja.“ Tanner nickte. „Das wurde mir als Junge eingetrichtert. Hab's nur
widerwillig gelernt, kam aber nicht drum herum. Immerhin ist Malvern meine
Heimat. Ich bin gerade mit Freunden dahin unterwegs.“
„Tatsächlich?
Ob Sie mir dann wohl für die Nacht ein gutes Gasthaus empfehlen können? Ich
sehne mich nach einem heißen Bad und einem Bett, das ausnahmsweise nicht klamm
ist.“
„Wir machen
im ‚Crown and Sugarloaf' halt, ein paar Meilen von hier. Es wäre mir eine
Ehre, wenn ein Mitkämpfer der letzten Schlacht gegen Bonaparte sich meiner
Gesellschaft zum Dinner anschlösse.“
„Also, nun,
wie dumm müsste man sein, eine solche Einladung abzulehnen. Herzlichen Dank,
Blake.“
Als das
Gasthaus in der Ferne auftauchte, fragte Tanner sich, wie Lydia auf den
irischen Akzent des Mannes und vor allem darauf, dass er im gleichen Regiment
wie Fitz gekämpft hatte, reagieren werde.
Vielleicht
hatte Justin recht, und er war einfach „zu gut“. Oder, einfacher, er war
ein Idiot. Ja, er wollte, dass Lydia sich für ihn entschied, und er wollte,
dass sie dessen sicher war und sich nicht nur auf ihn einlief?, weil Fitz ihr
vielleicht diese Lösung
nahegelegt hatte!
Aber wie,
fragte er sich, komme ich dazu, ausgerechnet den umwerfenden Baron Justin Wilde
mit seinen Verführungskünsten als Konkurrenten zu wählen? Und setze dann noch
eins drauf, indem ich gewissermaßen Fitz' Geist an meine Tafel einlade?
13. Kapitel
ie
Kutsche mit der
Dienerschaft war noch in Verzug, daher war Lydia dankbar für die Dienste einer
der Mägde, die ihr ein Bad richtete und ihr anschließend auch beim Ankleiden
behilflich war.
Noch
dankbarer war sie, weil sie dieses Mal ihr Zimmer nicht mit Jasmine teilen
musste. So sehr sie dagegen anging, fühlte sie sich doch nicht mehr recht wohl
in deren Gesellschaft.
Nicht, dass
sie sie verurteilt hätte! Zwar missbilligte sie deren Verhältnis mit diesem
Bruce Beattie, doch letztendlich durfte sie ihr nicht anlasten, dass ein
moralloser Schuft ihr den Kopf verdreht und sie sich in ihrer jugendlichen
Naivität verführen ließ.
Sie
musterte sich im Spiegel des Frisiertischs und sagte zu ihrem Spiegelbild „Was
bist du doch für ein selbstgefälliger Tugendbold! Jasmine erlebt ein Abenteuer.
Und was tust du?“
Da sie
darauf nur hätte „nichts“ erwidern können, schwieg sie lieber und suchte
stattdessen nach weiteren Gründen, warum sie das Mädchen nicht mehr leiden
mochte.
Jasmine
Harburton war selbstsüchtig, hirnlos, leichtsinnig und unreif. Auf den eigenen
Vorteil bedacht. Spielte einem etwas vor.
Führte
etwas im Schilde.
Ja, das war
es! Sie
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