Kasey Michaels
können, sie gehen zu lassen.“
„Wie sehr muss
sie ihren Vater gehasst haben, dass sie ihn kaltblütig umbringen ließ!“
„Sie hat
behauptet, er habe ihr ein Ultimatum gestellt. Wenn ich am Ende der Saison
nicht um sie angehalten hätte, wollte er sie mit unserem Pfarrer verheiraten,
der eine Mutter für seine sieben Kinder sucht. Das wäre sicherlich kein angenehmes
Schicksal.“
Leider
konnte Lydia dem Mädchen kein Wort mehr glauben. „Ist das nicht nur eine neue
Ausrede? Glaubst du denn, das hätte er seiner einzigen Tochter angetan?“
„Wir werden
es nie erfahren. Dabei hätte sie sich nur an mich zu wenden brauchen, ich hätte
ihr selbstverständlich geholfen. Stattdessen versuchte sie sich selbst zu
helfen und glaubte, den perfekten Ausweg gefunden zu haben, als sie Flanagan
traf.“
„Nur
traurig, dass ich einem Mörder mehr Glauben schenke als deiner eigenen
Verwandten, Tanner“, warf Justin ein. „Sagen Sie, meine Liebe, da in
ihren Händen, ist das ‚Malverns Pracht‘?“
Lydia
reichte ihm die Schatulle, sorgsam bedacht, seinen Anblick zu meiden. Bisher
war Tanner der einzige Mann, den sie ohne Bekleidung gesehen hatte, und sie war
nicht traurig, es dabei zu belassen.
Er hob den
Deckel ab, und zum Vorschein kam der wundervollste Schmuck, den man sich
vorstellen konnte. Ein Collier, zwei Armbänder, Ohrgehänge, eine Brosche, dazu
einige Haarnadeln und mehrere Ringe, alle mit den klarsten Brillanten besetzt.
„Ah, wirklich prachtvoll!“, murmelte er, zog seine Lupe hervor und setzte
sie ans Auge. „Ja, wahrhaftig eine Pracht! Aua! Wigglesworth, vorsichtig, ich
bin schon verwundet!“
„Ja, Sir,
und Sie haben mit Ihrem Blut einen sehr schönen Anzug ruiniert“, erwiderte
der Diener, anscheinend den Tränen nahe.
Lydia
fürchtete, jeden Moment in hysterisches Lachen auszubrechen. „Werdet ihr mir
endlich sagen, wo Mr Flanagan ist?“
„Wir haben
ihn laufen lassen“, sagte Tanner. „Genau genommen haben wir ihm einfach
den Rücken zugekehrt und bis zehn gezählt, und als wir wieder hinsahen, war er
fort.“
„Hat genug
gelitten, der arme Hund“, meinte Justin. „Ich glaube, er liebt sie immer
noch. Und außerdem wäre es schwierig geworden, ihn festzuhalten. Tanner und er
standen sich mit den Pistolen gegenüber – klassisches Patt – es hätte bös enden
können. Ich bin überzeugt, er wird zum Besseren bekehrt nach Irland
heimkehren.“
Einen
Moment schwieg Lydia nachdenklich, und Tanner beobachtete sie mit einem
Lächeln, als wüsste er schon, was sie sagen würde.
„Dann ist
das also erledigt, nicht wahr?“, äußerte sie schließlich; Lydia, wie sie
leibte und lebte. „Möchte nun vielleicht jemand eine Tasse Tee?“
Epilog
eiß brannte die Augustsonne auf die
kleine Gesellschaft
nieder, die auf den Stufen der malerischen weißen
Dorfkirche wartete. Lydia war dankbar für ihren neuen Schutenhut mit der extra
breiten Krempe – und der blauen Seidenschleife, mit dem man ihn unter dem Kinn
befestigte. Ein Blau wie das des kleinen Stückchens Band, das sie stets in
ihrem Retikül mit sich herumtrug. Ihr Glücksbringer.
Tanner
hatte es gebilligt, und das bedeutete ihr alles.
Sie waren
erst am Vortag auf Ashurst Hall eingetroffen, beide nicht sonderlich begierig,
Malvern und die ersten herrlichen Wochen ihrer Ehe hinter sich zu lassen.
Nicole
hatte ihre Schwester mit begeisterten kleinen Schreien und herzlichen
Umarmungen begrüßt und ihr versichert, wie wunderschön und wie glücklich sie
aussehe. „Du hast genau das gefunden, was ich dir immer gewünscht habe“,
sagte sie, „eine nette, ruhige Liebe.“
Lydia hatte
nur gelächelt und ihr nicht widersprochen, doch sie zweifelte,
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