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Kassandra Verschwörung

Titel: Kassandra Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: I Rankin
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Gedanken gemacht. Scharfschützen der Polizei auf den Dächern entlang der Victoria Street: Das war vorauszusehen. Zu bestimmten Zeiten würden sämtliche Staatschefs die Victoria Street entlang Richtung Buckingham Palace fahren. Scharfschützen auf den Dächern... und in den Gebäuden? Dieses Gebäude verfügte über breite Vorsprünge vor den Fenstern. Die Hexe hatte in ihren diversen Verkleidungen viel Zeit damit zugebracht, die an der Victoria Street gelegenen Gebäude des Wirtschaftministeriums auszukundschaften. Hatte hinaufgeschaut und gelegentlich ein Foto gemacht. Nur eine Touristin, die gerade einen Hamburger aß oder Zeit totschlug. Die Schützen würden auf den Fenstervorsprüngen postiert werden. Aber würden sie...?
    »Haben Sie denn je Gelegenheit, mit ihnen zu reden?«, fragte sie. Die jungen Frauen kicherten wieder.
    »Leider nicht genug«, erwiderte die eine.
    »Nicht annähernd genug«, pflichtete die andere ihr bei.
    »Ach, Gottchen, wir hatten da mal einen... wann war das noch mal? Im April?«
    »Im März«, korrigierte ihre Freundin sie.
    »War es März? Stimmt, als sich dieser Wie-hieß-er-nochmal in der Stadt befand. Er war ein Stück weiter die Straße runter zu Besuch. Damals hatten sie auf den Fenstervorsprüngen Polizisten postiert. Und der vor unserem Büro...«
    »Wahnsinn! Ein richtiger Adonis!«
    Die Hexe lachte mit ihnen und bat sie, ihr den Mann zu beschreiben, was sie auch taten.
    »Ich hoffe, er wird wieder uns zugeteilt.«
    »Ich drücke die Daumen«, sagte die Hexe. »Wie kommen die Polizisten eigentlich auf die Fenstervorsprünge?«
    »Oh, einige der Fenster lassen sich öffnen. Wie im Büro des Ministers, wissen Sie. Auf die Weise kann man hinaussteigen.«
    »Ich war noch nie im Büro des Ministers«, gestand die Hexe.
    »Nein? Wir sind ständig dort, stimmt’s, Shelley?«
    »Ja, ständig«, stimmte sie zu. »Er hat da drinnen seinen eigenen Fernseher und alles, was man sich nur vorstellen kann.«
    »Eine Getränkevitrine, all diese Papiere, und die Bilder, die an der Wand hängen, sollen richtig wertvoll sein.«
    »Tatsächlich?«, entgegnete die Hexe.
    »O ja«, sagte Shelley. »Und wenn sie ihm nicht mehr gefallen, werden ihm neue besorgt.«
    »Von Bildern verstehe ich nichts. Aber ein großes Poster von diesem Polizeiadonis wäre mir jederzeit willkommen.«
    Die Hexe überließ die beiden ihrem Gekicher und erkundete den Flur in der dritten Etage. Dabei achtete sie darauf, ob Mr. Verschränkte Arme irgendwo in Sicht war. Womöglich kam er auf die Idee, ihr zu folgen und einen erneuten Versuch zu starten, sie anzuquatschen. Sie wollte auf keinen Fall Gefahr laufen, dass er sie persönlich zu Mrs. Spurriers Büro geleitete.
    Sie gelangte zu einer soliden Holztür mit einem Schild, auf dem »Konferenzraum« stand. An der Tür hing ein Blatt mit Daten, Uhrzeiten und Namen, vermutlich die Termine, für die der Raum reserviert war. Für jetzt war keine Reservierung vermerkt. Sie drehte den Knauf. Die Tür ließ sich öffnen. Sie schlüpfte hinein und schloss sie hinter sich. Drinnen roch es muffig, als ob der Raum länger nicht genutzt worden wäre. Es gab einen schlichten ovalen Tisch mit zwei gläsernen Aschenbechern, fünf lindgrüne Stühle. An der Wand hing ein einziges fades Bild. Auf dem Boden neben dem Fenster stand ein leerer Metallmülleimer.
    Funktionell. Der Hexe gefiel der Raum. Sie ging zum Fenster, stützte die Hände auf die Fensterbank und sah hinaus. Es war keines jener Fenster, die sich öffnen ließen, und es wurde von etlichen Metern Vorhängen aus einem durchscheinenden grauweißen Stoff verhüllt. Voluminöse Vorhänge dieser Art waren in öffentlichen Gebäuden beliebt, weil die Meinung vorherrschte, dass diese nach einer Explosion nach innen fliegende Scherben geborstener Fensterscheiben aufhalten würden. Durch die Vorhänge erkannte die Hexe undeutlich den Verkehr und die Fußgänger auf der Victoria Street. Die zeitweise Unterbrechung des Verkehrs wegen des VIP-Konvois hatte für erregte Gemüter gesorgt und einen Stau verursacht. Sie dachte kurz an die Fahrt, die ihr morgen oder am Mittwoch bevorstand. Sie musste den Weg in- und auswendig kennen. Heute Abend würde sie sich ein Auto besorgen und eine Testfahrt machen. Sie musste sich zwei Autos besorgen. Es gab noch so viel zu tun. Der Fenstersims war, wie sie mit Freude feststellte, nicht breit genug, um dort einen Mann postieren zu können. Die Vorsprünge eine Etage tiefer waren breit genug, das

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