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Kassandra Verschwörung

Titel: Kassandra Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: I Rankin
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das Telefon auf seinem Nachttisch klingeln. Jemand aus New York konnte anrufen und ihm ein Fax avisieren, das nur für seine Augen bestimmt war. Jemand in Seoul konnte Informationen benötigen. Oder jemand aus Karatschi, Lahore, Patna, Bombay, Bangkok, George Town, Schanghai... nicht alle machten sich Gedanken darüber, wie viel Uhr Ortszeit es gerade in Großbritannien war, wenn sie zum Hörer griffen. Egal, ob es der Anfang, das Ende oder die Mitte ihres Arbeitstags in der Bank war – Khan war rund um die Uhr für die Bank im Dienst.
    Aber nein, die Unstimmigkeit, die er spürte, hatte nichts mit dem Geschäft zu tun. Was die Geschäfte anging, gab es keine Probleme. Hing es mit Shari oder Sherri zusammen? Ja, vielleicht. Vielleicht war es das. Sie liebte, was er im Bett mit ihr anstellte... und anderswo innerhalb und außerhalb des Hauses. Ihr amerikanischer Akzent ging ihm auf die Nerven, aber nur ein wenig. Sie war nicht besonders gesprächig, was er als Segen empfand. Und sie sah immer gut aus. Sie machte sich hübsch zurecht. Was war es also dann?
    Tja... Wenn seine Lust gestillt war, gab es einen Moment, in dem er es mochte, wenn seine Frauen sich ihm gegenüber ein wenig öffneten, ihm von sich erzählten. Normalerweise interessierte er sich nicht für die Vergangenheit anderer, doch direkt im Anschluss an den Liebesakt verhielt es sich anders. Dann lauschte er gern ihren Geschichten und speicherte sie ab. Auf diese Weise konnte er sich sicher sein, dass er eine Frau aus Fleisch und Blut gevögelt hatte, eine Frau mit einer Geschichte, und nicht nur eine schöne Gummipuppe.
    Und genau in dieser Hinsicht hatte Shari oder Sherri ihn enttäuscht. Weil sie sich zunächst nur vage geäußert und dann in offensichtliche Widersprüche verstrickt hatte. Sie hatte ihm zum Beispiel von einem Zwischenfall in ihrer Kindheit erzählt, als ein Nachbarjunge ihr unter den Rock fasste und seine kleine heiße Hand in ihr Höschen schob. Sie hatte ihm die Geschichte zweimal erzählt, und beim ersten Mal war die Hand des Jungen vorn in ihrem Schlüpfer gewesen, beim zweiten Mal jedoch hinten. Khan hatte dazu geschwiegen, aber sich darüber gewundert. Er hatte immer weiter nachgebohrt, wollte mehr aus ihrer Vergangenheit wissen. Er hatte sich dieselben Geschichten einmal beim Frühstück und dann noch einmal beim Abendessen erzählen lassen, und darauf geachtet, ob sie übereinstimmten. Er hatte sie bei ein oder zwei Ungereimtheiten ertappt, die für sich genommen jedoch nicht bedeutsam waren.
    Er erinnerte sich, wie er sie kennengelernt hatte. In einem Klub. Sie war mit einem Freund da gewesen, vielleicht einem Verehrer. Sie hatte atemberaubend ausgesehen und ihn ein paar Mal angeschaut, und er hatte ihren Blick erwidert, bis ihr Augenkontakt irgendwann intensiver und eindeutiger wurde. Er mochte Eroberungen dieser Art, wenn er die Frau einem anderen Mann buchstäblich aus den Armen riss. Am Ende des Abends saß sie dann an seinem Tisch, und der Rivale hatte das Weite gesucht. Es war ein Kinderspiel gewesen, und er hatte dieses süße Erfolgsgefühl genossen.
    Er wusste, dass sie als Model arbeitete. Na ja, genau genommen wusste er nur, dass sie behauptet hatte, als Model zu arbeiten. Einmal hatte er sie vor einer renommierten, in einer Seitenstraße der Oxford Street gelegenen Modelagentur abgeholt. Doch hatte sie nicht bereits auf dem Bürgersteig gewartet, als er vorfuhr? Woher sollte er wissen, dass sie das Gebäude je von innen gesehen hatte? Was wusste er eigentlich wirklich über sie? Ziemlich wenig, wie er sich jetzt eingestehen musste. Früher hatte er das gemocht, hatte es vorgezogen, die Dinge oberflächlich zu belassen, ohne dem Ganzen auch nur ansatzweise etwas von einer bedeutenderen, langfristig angelegten Beziehung zu verleihen. Aber jetzt... Plötzlich verspürte er den Drang, mehr über sie zu erfahren. Wie war ihr Nachname? Kazowski? Kaprinski? Irgendein osteuropäischer Name. Sie hatte ihm erzählt, dass sie sich wegen ihrer Modelkarriere umbenannt hatte. Shari Capri oder Sherri Capri. Bescheuerter Name. Bescheuerte Namen.
    Und da war noch etwas. Verhielt sie sich nicht auffallend freundlich zu Henrik? Mit ihrem ewigen »Danke, Henrik«, wann immer sie ins Auto stieg oder es verließ. Und wie sie ihn ständig anlächelte. Die Art und Weise, wie sie leicht seinen Arm tätschelte, wenn sie ihn etwas fragen wollte. Khan prüfte, ob sie sich auch tatsächlich im Bad befand, steuerte rasch sein Arbeitszimmer an,

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