Kassandra Verschwörung
vorsichtig zieht sie die Schutzfolie von der klebenden Seite ab und drückt den Kunststoff an das kleinere Fenster, sodass die Folie das Fenster exakt bedeckt. Im gleichen Kaufhaus hat sie zudem ein paar gelbe, hochwertige Staubtücher erworben und in einer kleinen Eisenwarenhandlung etwas Gartenschnur und einen Hammer. Der eifrige junge Verkäufer hatte der Dame, die vorgegeben hatte, ihre zukünftigen Gemüsebeete abstecken zu wollen, die notwendigen Utensilien nur zu gern verkauft.
Sie holt den Hammer aus ihrer Reisetasche, um dessen Kopf mit der Schnur eines der Staubtücher gewickelt ist. Aus dem Verschnitt der Kunststofffolie hat sie provisorische Griffe angefertigt, die sie jetzt an der am Fenster klebenden Folie befestigt. Sie umfasst mit der einen Hand einen dieser Griffe, während sie mit der anderen vorsichtig und beinahe geräuschlos rundum auf das Glas einhämmert, das sich aus dem Fensterrahmen löst, jedoch an der Kunststofffolie haften bleibt. Innerhalb von drei Minuten hebt sie die komplette Fensterscheibe aus dem Rahmen und legt sie auf den Boden. Da sich die Alarmanlage direkt neben der Küchentür befindet, würde sie jetzt vermutlich losdröhnen, wenn sie sie nicht vorher deaktiviert hätte. Doch sie hört sie nicht. Sie hört überhaupt nichts, nicht einmal ihren eigenen Herzschlag.
Oben schläft Henrik und träumt auf Dänisch. Er träumt von Bardamen mit an den Brüsten befestigten Pumpen, von fliegenden Champagnerflaschen und davon, dass es ihm gelungen war, Khan und den vor seiner Schauspielerkarriere als Bodybuilder bekannten Arnold Schwarzenegger in einem Wettbewerb zu bezwingen. Vor dem Zubettgehen hat er ein Glas Wodka getrunken und auf seinem Achtzehnzollfernseher im Satellitenkanal noch zehn Minuten einen Film gesehen, bevor ihm die Augen zugefallen waren und er eine halbe Stunde später gerade noch einmal kurz aufgewacht war, um den Fernseher auszuschalten.
Er schläft und träumt, eine Hand fest zwischen seine Beine geklemmt, eine Gewohnheit, die ihn seit seiner Kindheit begleitet. Diverse Freundinnen haben ihn schon darauf angesprochen, ihn sogar gehänselt. Wenn er sich dabei ertappt, schiebt er die Hand schnell unter ein Kissen, doch sie scheint ganz von allein immer wieder nach unten zu wandern.
Die Bardamen singen. Aus irgendeinem Grund sind sie oben ohne, und sie singen in einer Sprache, die er nicht kennt. Seinen Namen? Seinen Namen? Singen sie vielleicht tatsächlich... seinen Namen?
»Wach auf!« Das drängende Flüstern einer Frau. Er öffnet die Augen, doch es ist stockfinster. Er versucht, sich aufzurichten, doch eine weibliche Hand drückt gegen seine Brust, und er sinkt zurück. Die Hand bleibt auf seiner Brust, reibt sie. Eine seidig glatte Hand.
Sharis Hand.
»Was ist los?«, flüstert er zurück. »Was ist los, Shari?«
Ihr Gesicht scheint ihm ganz nah zu sein. »Es ist wegen Khan. Er schläft wie ein Baum... wie immer. Er kann mich einfach nicht... Ich will ihn nicht etwa schlechtmachen, aber er kann mich einfach nicht befriedigen .«
Bardamen oben ohne... Brüste. Henrik verzieht sein Gesicht in der Dunkelheit zu einem schlaftrunkenen Halbgrinsen. Er hebt eine Hand und greift dorthin, wo er ihre Brust vermutet. Sie ist angezogen... trägt vielleicht eine Art Nachthemd oder ein Babydoll.
»Ich wusste, dass du kommen würdest«, flüstert er. »Ich wollte dich besuchen, wenn wir zurück in London sind. Khan ist ein Scheißkerl, er lässt dich fallen, sobald das Flugzeug gelandet ist.«
»Ich weiß.« Ihre Hand streichelt ihn, zieht jetzt größere Kreise, die seine Schultern und seinen Bauch einschließen. Fühlt sich gut an. »Er kapiert einfach nicht, wie ich es mag.«
»Wie du es magst?«
»Sex.« Ein tiefer, kehliger Laut, mehr ein Stöhnen als ein Flüstern. »Ich liebe Sex.« Ihre weiche Hand streichelt ihn immer noch. »Ich stehe auf Fesselspiele. Khan nicht, dabei törnt es mich so an. Wie ist es mit dir? Törnt es dich auch an?«
»Na klar.« Er wacht jetzt richtig auf. Fesselspiele ?
»Willst du’s mal versuchen? Ich hab ein paar von Khans Krawatten mitgebracht. Willst du es mit seinen Krawatten versuchen?«
»Warum nicht?« Sie nimmt erst seinen einen Arm, dann den anderen, hebt sie beide über seinen Kopf, bis seine Hände die Bettpfosten umfassen. Jetzt erst kapiert er, dass sie ihn fesseln will... und nicht umgekehrt, wie er dachte, aber was soll’s... Sie ist schon voll bei der Sache. In null Komma nichts hat sie die Krawatten um
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