Kassandra Verschwörung
ungeheuer kraftvoll sein.« Elder hob drohend den Zeigefinger. »Und das gilt auch für Sie, Mr. Greenleaf. Es bringt nichts, die Fakten des Khan-Attentats zu ignorieren. Die Hexe ist absolut gnadenlos.«
» So gnadenlos auch wieder nicht. Immerhin hat sie den Leibwächter und Khans Freundin am Leben gelassen.«
»Stimmt. Ich habe mich auch schon gefragt, warum sie das getan hat.«
»Und?«
»Dass sie den Leibwächter am Leben gelassen hat, war der einzige Beweis dafür, dass es sich bei dem Killer um eine Frau handelte.«
»Sie glauben, sie wollte, dass wir es erfahren? Das ergibt doch keinen Sinn.«
»Wahrscheinlich nicht. Aber dass sie diese beiden Schiffe in die Luft gejagt hat, ergibt ja wohl auch keinen Sinn .«
»Vielleicht wollte sie Tabula rasa machen? Möglicherweise wussten die Crews etwas, das wir nicht wissen.«
»Kann sein.« Elder klang nicht überzeugt.
»Also gut«, sagte Greenleaf, »warum will sie uns wissen lassen, dass sie hier ist?«
»Vielleicht will sie jemanden herausfordern.«
»Sie?«
»Ja.«
»Sie glauben, sie weiß von Ihnen?«
»Oh, sie weiß bestens über mich Bescheid.«
»Woher?«
Elder zuckte mit den Achseln.
»Wie können Sie sich dessen so sicher sein?«, hakte Greenleaf nach.
Ein weiteres Schulterzucken. »Ich bin es einfach, Mr. Greenleaf. Ich bin es einfach. Übrigens, Ihre Äußerung über den Gipfel als zu verlockendes Ziel – da könnte durchaus etwas dran sein.«
Es klopfte erneut an der Tür. Jemand öffnete sie, und jemand anders trug ein Tablett mit Tassen herein.
»Mrs. Parry meinte, Sie könnten vielleicht etwas Tee gebrauchen«, verkündete ein Mann. Er stellte das Tablett auf den Tisch. Der Tee befand sich bereits in den Tassen, aber auf dem Tablett standen auch noch ein Schälchen Zucker, ein Kännchen Milch und ein Teller mit Keksen.
»Danke, Derek«, sagte Elder. Der Mann lächelte.
»Ich hätte nicht gedacht, dass Sie sich noch an mich erinnern.«
»Natürlich tu ich das. Wie läuft’s denn so?«
»Geht so.« Der Mann senkte die Stimme ein wenig und rümpfte die Nase. »Es hat sich so manches verändert«, sagte er. »Es ist nicht mehr wie früher.« Sein auf dem Flur wartender Kollege, der die Hand immer noch am Türgriff hatte, hüstelte ungeduldig. Der Mann zwinkerte Elder zu. »Ich lass Sie dann mal allein«, sagte er und schloss die Tür hinter sich.
»Man könnte glatt meinen, Sie wären schon seit zwanzig Jahren im Ruhestand«, stellte Greenleaf fest.
»Der Mann hat recht«, entgegnete Elder und griff nach einer Tasse. »Ich bin erst einen ganzen Tag wieder hier, und mir sind die Änderungen auch schon aufgefallen. Mehr Apparate, weniger Personal.«
»Sie meinen die Computer?« Greenleaf goss etwas Milch in die Tasse, die er sich genommen hatte. »Sie sind ein Segen. Für die komplette Erstellung der Liste mit den möglichen Anschlagszielen hat die Profiling-Abteilung nur ein paar Stunden gebraucht.«
»Das Problem ist, dass die Computer die Agenten dazu verleiten, ebenfalls ihr Tempo zu erhöhen und dabei Fehler zu machen und sich Nachlässigkeiten zu erlauben, wo Geduld und mühsame Kleinarbeit unverzichtbar sind.« Elder dachte über einen Vergleich nach, um Greenleaf begreiflich zu machen, was er meinte. »Es ist wie wenn man in einem Mordfall ermittelte, ohne sich vor Ort umzusehen und von Tür zu Tür zu ziehen. Nichts geht über eine persönliche Befragung. Man bekommt eine Ahnung davon, ob einem sein Gegenüber die Wahrheit sagt oder nicht, oder? Ich habe Leute erlebt, die es geschafft haben, einen Lügendetektor zu überlisten, aber ich habe noch nie jemanden gesehen, der einen geschickten Vernehmungsbeamten hinters Licht führen konnte.«
»Das glaube ich Ihnen gerne«, erwiderte Greenleaf und hob seine Tasse an die Lippen.
Die Tür wurde erneut aufgerissen. Diesmal war es Doyle. Sein Blick wanderte hektisch im Raum umher und fiel schließlich auf die letzte Tasse Tee.
»Hm«, sagte er, nahm die Tasse und genehmigte sich einen Schluck, ohne Milch oder Zucker hinzuzugeben.
»Was ist los?«, fragte Greenleaf, der Doyle ansah, dass er Neuigkeiten hatte. Aber wie er ihn kannte, würde es eine Ewigkeit dauern, bis er damit herausrückte.
Und tatsächlich schüttelte Doyle den Kopf, während er trank und in aller Seelenruhe seine Tasse leerte. Anschließend ging er zu seinem Stuhl und schob im Stehen seine Papiere zusammen. Dann erst hielt er inne und musterte seine beiden Kollegen.
»Also los, gehen wir«, sagte
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