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Kassandra Verschwörung

Titel: Kassandra Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: I Rankin
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fort, »hat Barclay sich auf die Frage konzentriert, wie sie nach Calais gekommen ist.«
    »Das habe ich auch überprüft«, warf Doyle kurz angebunden ein.
    Parry ignorierte ihn auch diesmal. »Er ist auf das örtliche Polizeirevier gegangen und hat sich erkundigt, ob in Calais und in der näheren Umgebung der Stadt irgendwelche stehen gelassenen oder zerstörten Autos aufgefunden wurden. Die Polizei konnte mit zwei derartigen Fällen in ihren Berichten antworten. In einem ging es um einen Wagen, der, ein paar Tage bevor die Hexe in Calais das Schiff bestiegen hat, in Paris gestohlen worden war und versteckt in einem Wäldchen gefunden wurde. Barclay ist jetzt auf dem Weg nach Paris, um die Einzelheiten des Diebstahls zu...« (sie wählte mit Bedacht das Wort, das auch Doyle benutzt hatte) »... überprüfen. Das ist alles, was ich zu sagen habe. Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen, meine Herren.«
    »Ja«, sagte Trilling. Er stand auf und packte seine Sachen zusammen. Er musste ebenfalls in eine andere Besprechung.
    Greenleaf musterte Dominic Elder. Ein gleichmütiges Gesicht, nicht alt, und, Doyles Sticheleien zum Trotz, mit Sicherheit nicht zu alt. Doyles Problem war, dass er zu viel von sich beziehungsweise von dem Bild, das er von sich hatte, preisgab. Nicht ganz ungefährlich, da er dadurch leicht zu durchschauen war. Greenleaf ging jede Wette ein, dass Elder Doyle durchschaute. Das konnte man schon daran erkennen, wie schlagfertig er auf Doyles Anspielung auf seinen Namen gekontert hatte. Als ob er nur darauf gewartet hätte. Er fragte sich, was Elder wohl von ihm hielt, vor allem nach seinem plötzlichen Redeerguss. Er wusste nicht, was in ihn gefahren war, aber er hatte das unbestimmte Gefühl, dass Shirley schuld daran war. Er hatte den ganzen gestrigen Abend versucht, sich zu konzentrieren und die Fakten zu studieren. Und sie hatte die Glotze angehabt – lauter als nötig. Er hatte sie gebeten, sie leiser zu stellen, aber sie hatte ihn angeschnauzt.
    »Was soll denn diese ganze Büffelei? Legst du es darauf an, die Lehrer zu beeindrucken, John? Ist es das, worum es dir geht? Lass es lieber, für so etwas bist du einfach zu alt. Das ist etwas für Schuljungen. Du bist ein erwachsener Mann. Eigeninitiative, das ist es, was die Leute an einem beeindruckt. Auswendiglerner sind Verrückte, Typen, die du in Blackpool sehen kannst oder im Fernsehen.« Dann hatte sie sich versöhnlicher gegeben und seinen Arm getätschelt. »John, Schatz, du bist nicht bei der Special Branch, weil du gut im Faktenbüffeln bist. Du bist dort, weil du gut bist, Punkt aus. Und jetzt gönn dir eine Pause von dem Kram, und setz dich zu mir. Na los!«
    Sie hatte schon seit Tagen nicht mehr so viel zu ihm gesagt, genau genommen seit ihrem Picknick nicht mehr. Den Rest des Abends hatten sie sich heiser geredet. Gott, war das befreiend gewesen! Aber nachdem Shirley eingeschlafen war, hatte er noch lange wach gelegen. Ihre Worte klangen ihm noch in den Ohren. Und es machte ihm Sorge, dass sein einziges Talent das Auswendiglernen und Aufsagen von Fakten und Zahlen war. Früher hatten sie ihn mal Streberbulle genannt. Aber Eigeninitiative – wann hatte er die jemals gezeigt? Er war durch und durch ein Gruppenmensch, und Eigeninitiative war etwas für einsame Wölfe wie Doyle, für Typen, die in jede erdenkliche Art Schwierigkeiten gerieten, aber am Ende doch mit einem brauchbaren Ergebnis aufwarten konnten. Also hatte er dagesessen, hin- und hergerissen zwischen dem Drang, seine Fakten aufzusagen, und dem verzweifelten Wunsch, Eigeninitiative zu beweisen. Die Eigeninitiative hatte zur Abwechslung mal gesiegt, und niemand hatte es ihm übel genommen. Es schien so, als ob dieser Barclay – der, der sich ganz zu Anfang an die Special Branch gewandt hatte – ebenfalls Eigeninitiative zeigte …
    Als Parry und Trilling den Raum verlassen hatten – nicht zusammen, sondern nacheinander, in gebotenem Abstand -, reichte Doyle ihm ein Stück Papier. Er faltete es auseinander und las: »Warum guckst du so verdammt selbstgefällig?«
    Er sah Doyle an und zuckte mit den Achseln. Die hingekritzelte Notiz enthielt nichts Boshaftes, und sie war völlig überflüssig, einzig und allein als eine gegen Elder gerichtete Geste gedacht. Die Botschaft an ihn war klar: Jetzt steht es zwei gegen einen, Doyle und Greenleaf stellten ein Team dar. Greenleaf wollte das nicht. Es hatte keinen Sinn, Elder zu isolieren. Also ließ er seinen Stift fallen, bückte

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