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Kaste der Unsterblichen

Kaste der Unsterblichen

Titel: Kaste der Unsterblichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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halten, Amarant zu werden?«
    »Eine ganze Menge.«
    »Lösen Sie eins der zwanzig Grundprobleme der Psychologie. Dann haben Sie es so gut wie geschafft.« Er beugte sich wieder über das Gekritzel und schien das Gespräch damit für beendet zu halten. Waylock lächelte, zuckte mit den Achseln und ging im Zimmer auf und ab.
    Ein Geräusch durchdrang die Wände, ein schriller und gräßlicher Schrei. Waylock sah Seth Caddigan an. »Das gute alte manisch-katatonische Syndrom«, kommentierte Caddigan. »Wenn es das nicht gäbe, säßen wir alle auf der Straße.«
    Die Tür in der Seitenwand öffnete sich. Waylock warf einen flüchtigen Blick in das dahinter gelegene Büro. Es wurde von einer gläsernen Trennwand unterteilt, und jenseits davon befand sich eine große Kammer. Basil Thinkoup stand im Eingang, gekleidet in eine schlichte graue Uniform.
     
2
     
    Am späten Nachmittag verließ Gavin Waylock das Palliatorium. Er rief ein Lufttaxi und flog zurück, über die Stadt hinweg. Jenseits der düsteren Öde des Sumpfgebietes ging die Sonne in orangefarbenem Dunst unter. Die Türme des Manufakturzentrums reflektierten glänzend ihr letztes Funkeln, schimmerten noch ein paar Augenblicke in trauriger Pracht, dann verblaßte das Glimmen. Unten begannen Lichter zu flackern und zu glühen, und auf der anderen Seite des Melodienstroms gleißte Kharnevall.
    Waylock dachte über seinen neuen Tätigkeitsbereich nach, in dem er Phylenaufstieg zu erringen hoffte. Basil war hocherfreut gewesen, ihn zu sehen, und hatte erklärt, Waylock habe die bestmögliche Wahl getroffen. »Hier gibt es viel Arbeit, Gavin – ganze Berge von Arbeit! Arbeit und Steigung!«
    Caddigan hatte auf der Unterlippe gekaut und in Waylock möglicherweise einen der ersten aus einer Reihe von Stümpern gesehen, deren einzige Qualifikation für dieses Fachgebiet aus Ignoranz bestand.
    Es wäre klug, dachte Waylock, sich zumindest eine oberflächliche Kenntnis vom Fachjargon anzueignen. Doch er durfte darüber seine eigentliche Absicht nicht vergessen – die Pfade zu vermeiden, die von hunderttausend Vorgängern breitgetreten worden waren.
    Er mußte mit kritischem Bewußtsein an das Problem herangehen, auf Widersprüchlichkeiten achtgeben und seine Aufmerksamkeit gegenüber nebensächlich erscheinenden Unklarheiten wahren.
    Er mußte von Anfang an die Lehren sowohl der klassischen als auch der gegenwärtigen Autoritäten auf diesem Gebiet verwerfen.
    Er mußte sich in die Lage versetzen, die Methoden und Doktrinen, die bis zum heutigen Tag so wenig erfolgreich gewesen waren, verstehen zu lernen und anwenden zu können – und er mußte sie gleichzeitig immer in Frage stellen.
    Doch bis sich ihm eine Gelegenheit bot, die Karriereleiter hinaufzuklettern – oder er die Voraussetzungen dafür schuf –, mußte er in der Lage sein, sich auf eine Weise zu verhalten, die ihm die wohlwollende Aufmerksamkeit der Vorgesetzten und des Prüfungsausschusses einbrachte. Voran mit der Steigung! Den letzten beißen die Hunde!
    Das Taxi setzte ihn auf dem Florianderdeck im Zentrum des Oktagon ab. Von hier aus waren es nur drei Minuten bis zu seiner Wohnung, wenn er die Sinkröhre und Gleitbänder benutzte.
    Er blieb vor einem Zeitungsstand stehen, der gleichzeitig eine Filiale der Zentralbibliothek war, und sah das Register ein. Er wählte zwei Fachbücher über die Grundlagen der Psychologie und eins über Organisation und Verwaltung von Institutionen der psychischen Gesundheitspflege. Daraufhin tastete er die Codenummer ein und schob einen Florin in den Zahlschlitz. Kurz darauf erhielt er drei Mikrofilmschnippsel in Zellophanumschlägen.
    Durch die Sinkröhre schwebte er auf das Bodenniveau hinunter, betrat das Allemande-Gleitband und wurde in Richtung Phariotstraße getragen.
    Der Frohsinn des Morgens hatte sich gelegt – er war nun müde und hungrig. Er bereitete sich eine Bratenplatte, aß, legte sich dann auf die Couch und döste ein oder zwei Stunden.
    Als er erwachte, erschien ihm seine Wohnung unbehaglich, klein und grau. Er steckte seine Mikrofilmbücher ein, nahm einen Betrachter und trat hinaus in die Nacht.
    Übel gestimmt wanderte er zum Esterhazyplatz und setzte sich aus reiner Gewohnheit ins Café Dalamatia. Zu dieser späten Stunde war der Platz dunkel und leer und schien vom Echo der Schritte derjenigen widerzuhallen, die während des Tages über ihn hinweggeeilt waren. Der Prangerkäfig mit der im Innern kauernden Frau hing noch immer am Aktuarius. Um

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