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Kaste der Unsterblichen

Kaste der Unsterblichen

Titel: Kaste der Unsterblichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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Geheimnisse der Materie erforscht, den interstellaren Raum durchquert, Türme gebaut, die bis zu den Wolken emporreichen, und das Alter besiegt – wir wissen so viel und können so viel erreichen und bewerkstelligen … und doch stehen wir hilflos außerhalb des Portals, das uns Zugang gewährt zum menschlichen Bewußtsein!
     
    Waylock schob die Zeitung nachdenklich in den Ständer zurück. Er war nun zu unruhig, um noch länger im Café sitzen zu bleiben, trat hinaus, überquerte den Esterhazyplatz und wanderte langsam die Ramboldstraße hinauf in Richtung Manufakturzentrum.
    Dies war ein Tätigkeitsbereich, der genau seinen Erfordernissen entsprach – und in dem ihm Basil Thinkoup erst gestern abend einen festen Posten angeboten hatte. Natürlich durfte er kaum damit rechnen, gleich in einer höheren Stellung als der eines Krankenwärters anzufangen. Und das war ein unangenehmer Job, soviel stand fest. Er verfügte über kein Hintergrundwissen – es war unerläßlich, dieses Fachgebiet zu studieren, sich den Jargon anzueignen, vielleicht sogar eine Abendschule zu besuchen. Aber Basil Thinkoup hatte all diese Mühen auf sich genommen. Und jetzt stand er bereits kurz vor dem Aufstieg in Dritte.
    Waylock betrat das Gleitband und ließ sich nach Norden tragen. Als er den Turm des Pelagischen Produktionszentrums erreichte, fuhr er mit einem Lift hinauf zu der neuen Luftstraße, dem »Sonnenstrahl«, einer beliebten Promenade für Ausflügler. Die Aussicht war prachtvoll: Sie umfaßte nahezu achtzig Kilometer des Melodienstroms. Man konnte hinausblicken auf das gelbbraune Ödland des Sumpfgebietes, auf das Amüsierzentrum Kharnevall, das wie zusammengeknülltes Staniolpapier funkelte, die Mündung des Melodienstroms, und in der Ferne war sogar das undeutliche Grau des Meeres zu erkennen. Weit unten lagen die Straßenschluchten der Stadt, die dumpf brummenden Lebensadern von Clarges. Oben spannte sich das Blau des Himmels. Waylock bummelte neben dem Gleitband dahin und ließ sich den Wind ins Gesicht blasen.
    Er blickte auf die gewaltige Stadt hinab, und plötzlich ergoß sich eine hohe Woge der Begeisterung über ihn! Er fühlte sich inspiriert. Clarges, die Enklave und die Stadt, eine herrliche und majestätische Zitadelle in einer barbarischen Welt! Er, Gavin Waylock, hatte bereits das Höchste erreicht, das erstrebenswerteste Ziel überhaupt.
    Er konnte es noch einmal schaffen.

 
FÜNF
     
1
     
    Im Norden des Manufakturzentrums beschrieb der Melodienstrom einige große Bogen, floß an den Flanken des Semaphorbergs entlang und durchzog das Tal, das gemeinhin Engelsbau genannt wurde. Dann gurgelte er um die Vandoongrate herum, zwischen dessen Gipfeln – im Vandoon-Hochland – die beste Wohngegend von Clarges lag. An den Nordhängen der Vandoongrate erstreckte sich Balliasse, ein Bezirk, der zwar noch immer recht teuer, aber nicht mehr ganz so exklusiv war. Dort wohnten hauptsächlich Angehörige von Rand, einige wenige Dritte und eine Anzahl reicher Lulks, die fehlende Phylenregistrierung durch einen extravaganten Lebensstil ausglichen.
    Das Palliatorium lag etwas weiter unten am Steilhang, nur knapp hundert Meter über der Uferstraße. Im Balliasse-Terminal verließ Waylock die Röhrenbahn und trat in die Verteilerhalle. Es war eine weite, gekachelte Betonfläche, über der sich ein schimmerndes und gewölbtes Dach aus grünem und blauem Glas spannte. Ein Hinweisschild mit der Aufschrift »Palliatorium von Balliasse« zeigte ihm den Weg zu einem Gleitband. Waylock betrat es und wurde durch einen terrassenförmig angelegten, hübschen Park mit Bäumen, Sträuchern und Kletterpflanzen einen Hang hinaufgetragen. Das Gleitband wandte sich der Horizontalen zu, brachte ihn durch einen kurzen Tunnel, stieg dann wieder an und setzte ihn in einer Empfangshalle ab.
    Waylock ging zum Informationsschalter, bat um einen Gesprächstermin mit Basil Thinkoup, und man sagte ihm, er solle das Zimmer 303 im dritten Stock aufsuchen. Er benutzte die Rolltreppe und machte das Zimmer 303 nach kurzem Suchen ausfindig. Die Tür trug eine Kennung in wallenden, grünen Lumineszenzbuchstaben:
     
    B ASIL T HINKOUP
    A SSISTENT DES A NSTALTSPSYCHIATERS
     
    Und darunter, in kleinerer Schrift:
     
    S ETH C ADDIGAN
    P SYCHOTHERAPEUT
     
    Waylock öffnete die Tür und trat ein.
    An einem Schreibtisch saß ein Mann und arbeitete mit der Aura würdevoller Entschlossenheit und Intensität. Mit Hilfe eines Kartographen zeichnete er Diagramme. Das

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