Kaste der Unsterblichen
zusammengesteckt. Ihr Blick streifte Waylock, als er zwischen den Portieren hervortrat, glitt dann aber ohne aufglimmendes Erkennen weiter.
Waylock reihte sich ein in den langsam fließenden Strom aus Gästen und durchschritt die Halle. Die Jacynth achtete nicht auf ihn, sondern behielt weiterhin den Eingang im Auge. Ihre Begleiterin, eine kleine, verführerisch gebaute Frau, schien ihre Wachsamkeit zu teilen. Ihr reizvolles Gesicht war schmal an den Unterkiefern und breit in Höhe der Wangenknochen. Ihre Augen waren groß und dunkel, die schwarzen Haare zerzaust. Irgend etwas an ihr kam Waylock vage vertraut vor. Irgendwo hatte er dieses Gesicht schon einmal gesehen.
Er schritt an den beiden vorbei und blieb dann in der Nähe stehen, so daß er Bruchstücke ihres Gesprächs hören konnte.
»Ob er kommt, ob er kommt?« fragte Die Jacynth in einem ungeduldigen Stakkato.
»Natürlich«, entgegnete die schwarzhaarige junge Frau. »Der lächerliche Kerl ist ganz vernarrt in mich.«
Waylock hob die Augenbrauen. Also galt die Aufmerksamkeit gar nicht ihm. Er fühlte sich ein wenig gekränkt.
Die Jacynth lachte nervös. »Reicht es aus, um … nun, reicht es aus?«
»Vincent würde sogar Konvertierungspamphlete bei den Nomaden verteilen, wenn ich ihn dazu aufforderte … Da kommt er schon.«
Waylock folgte dem Blick der beiden Frauen, der nun einem Mann galt, der gerade eingetreten war. Er mochte Ende Zwanzig oder Anfang Dreißig sein und sah aus, als gehörte er einer mittleren Einstufungsphyle an. Seine Kleidung war weder besonders originell noch teuer, und seine Körperhaltung drückte eine gelinde Gehemmtheit aus. Kleine lehmbraune Augen, eine lange und sehr spitze Nase und ein kleines, geteiltes Kinn führten dazu, daß ihm ein didaktischer, neugieriger und auch bedrohlicher Eindruck anhaftete.
Die Jacynth drehte sich halb um. »Es ist wohl besser, wenn er uns nicht zusammen sieht …«
Das schwarzhaarige Mädchen zuckte mit den Achseln. »Wie Sie meinen …«
Waylock stand nun direkt im Blickfeld Der Jacynth und hielt es für besser, weiterzugehen und nicht länger zuzuhören. Das schwarzhaarige Mädchen wandte sich zum Gehen und stieß dabei gegen zwei ältere Männer, die auf Die Jacynth zutraten. Es zirpte eine charmante Entschuldigung, eilte davon und wurde kurz darauf von einem weiteren, jüngeren Mann aufgehalten, der ihm irgend etwas mitzuteilen hatte. Seine Worte erweckten ganz offenbar das Interesse der jungen Frau. Die beiden älteren Männer traten an Die Jacynth heran und verwickelten sie in ein Gespräch.
Waylock setzte seine Wanderung durch den Saal fort. Der Mann namens Vincent schien in den Plänen Der Jacynth irgendeine Rolle zu spielen: Es mochte sich als klug erweisen, ihn kennenzulernen.
Vincent hatte sich der schwarzhaarigen jungen Frau nähern wollen, doch als er nun sah, daß sie sich mit jemandem unterhielt, wandte er sich ganz offensichtlich verstimmt ab. Dann entdeckte er Reinhold Biebursson, trat auf ihn zu und sprach ihn an.
Waylock schlenderte näher.
»Es beschämt mich, sagen zu müssen«, erklärte der junge Mann mit den scharf geschnittenen Gesichtszügen, »daß ich mit Ihrem Werk nicht ganz vertraut bin.«
»Das sind nur wenige.« Bieburssons Stimme klang guttural und schwerfällig.
»Ich bin selbst ein Techniker, Herr Biebursson, aber ich muß sagen, eine Sache bereitet mir Kopfzerbrechen: die Verwendung von erstarrtem Wasser, dieser gläsernen, quartzartigen Substanz. Wie bringen Sie es fertig, dem Wasser diese Formen zu geben, es zu diesen miteinander verbundenen Kurven und Wölbungen zu gestalten und die Modellierung zu stabilisieren, während Sie sie mit dem Mesonenstrahler verdichten und kristallisieren?«
Biebursson lächelte. »Mit den natürlichen Vorteilen, die ich auf meiner Seite habe, ist das kein Problem. Ich bin Raumfahrer – ich arbeite in einer Umgebung, in der es keine Auswirkungen der Schwerkraft gibt und wo die Gesamtheit der Zeit mir und meiner Beschaulichkeit gehört.«
»Wunderbar!« rief der junge Mann aus. »Und ich hätte gedacht, die unendliche Weite des Alls würde Ihre Kreativität eher betäuben als anregen.«
Bieburssons Gesicht zeigte sein charakteristisches feierlich-ernstes Lächeln. »Die Leere gleicht einem riesigen Maul, das schreiend darum fleht, gestopft zu werden, einem stumpfen Geist, der um Gedanken bettelt, einer formlosen Masse, die das verzweifelte Verlangen nach Gestaltung verspürt. Was nicht ist, induziert den
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