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Kaste der Unsterblichen

Kaste der Unsterblichen

Titel: Kaste der Unsterblichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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hatte sich im Städtchen Cobeck, das am oberen Lauf des Melodienstroms nahe der Grenze der Enklave lag, ein schreckliches Ereignis zugetragen. Die Einwohner wetteiferten hauptsächlich auf dem Gebiet des Bearbeitens und Polierens von feinem, rosafarbenem Marmor um Steigung und führten das bescheidenste und ruhigste Leben aller Enklavenbürger – bis am Dienstagnachmittag unter ihnen eine Massenhysterie ausbrach. Eine Flut aus Menschen ergoß sich aus der Ortschaft und bahnte sich heulend und kreischend einen Weg zur Grenzkontrollstation. Die aufgebrachte Menge brach die Tür ein, setzte das Gebäude in Brand und eliminierte sowohl den Kontrolloffizier als auch die Grenzwächter, die sich im oberen Stock verbarrikadiert hatten.
    Zum erstenmal seit vielen Jahrhunderten wurde die Elektrobarriere unwirksam. Der Mob zog hinaus ins Nomadenland, wo er umzingelt und angegriffen wurde. Es kam zu einer furchtbaren Schlacht im Wald, und die Einwohner von Cobeck wurden niedergemetzelt. Dann schwärmten die Nomaden über die Grenze der Enklave, stürmten am Lauf des Melodienflusses entlang und verbreiteten Angst und Schrecken. Es gelang schließlich, sie zurückzuwerfen, aber die Zerstörungen und Verluste an Menschenleben waren erheblich.
    Was war geschehen, das die Männer und Frauen von Cobeck in tollwütige Rasende verwandelt hatte? Steigung war nur schwer zu erringen; die Arbeit war eintönig und monoton, und es gab kein Kharnevall: Die Spannungen hatten sich über Jahre hinweg ohne ein Ventil angesammelt. Das war die hypothetische Erklärung … Waylock sah von der Zeitung auf. Ein langer, graugoldener Dienstwagen fuhr über den Platz, der normalerweise für den Verkehr gesperrt war.
    Kanzler Claude Imish stieg aus, gefolgt von seinem düstergesichtigen Sekretär. Sie wurden von Beamten des Aktuarius in Empfang genommen. Nach einem kurzen Austausch von Begrüßungsfloskeln verschwand die Gruppe im Innern des Gebäudes.
    Waylock senkte wieder den Kopf und las weiter.
     
3
     
    Kanzler Imish stand auf einem Mezzazin, von dem aus er die Archivkammer überblicken konnte. Zu seiner Begleitung gehörten Helmet Gaffens, der korpulente Stellvertretende Direktor, zwei oder drei weniger hochrangige Beamte und Rolf Aversham, Imishs Sekretär. Ein unangenehm schrilles Summen erfüllte den Raum unter ihnen, halb unter- und halb überhalb der Hörschwelle, wurde leiser und lauter, während die elektronischen Datenverarbeiter Berge aus Informationen schluckten. Gaffens blickte hinunter auf die walgroßen Geräteblöcke, die Kugeln aus vibrierendem Metall, auf die herabhängenden Glas-Piezostoren. »Sie können Flüstermitteilungen untereinander austauschen, die niemand außer ihnen zu verstehen vermag.«
    Kanzler Imish schüttelte den Kopf. »Ich habe mir diesen Ort nicht annähernd so überwältigend kompliziert vorgestellt.«
    »Es ist die Miniaturdarstellung der überwältigenden Kompliziertheit unserer Zivilisation«, sagte einer der niederrangigeren Beamten in lapidarem Tonfall.
    »Nun, ja, da haben Sie vermutlich recht«, erwiderte Imish.
    Helmet Gaffens stieß schnaubend die Luft aus. »Sollen wir weitergehen?« Er drehte sich um und berührte die Kennzeichnungsplatte an der Tür, die eine Unterteilung zweier Farbzonen darstellte. Als sie in den anderen Bereich wechselten, wurden sie von den Hausassassinen aufmerksam beobachtet.
    »Sie sind hier sehr vorsichtig«, wunderte sich Imish.
    »Eine notwendige Wachsamkeit«, gab Gaffens knapp zurück.
    Sie traten durch eine weitere Tür, auf der geschrieben stand:
     
    EXOÜBERWACHUNGS - LABORATORIUM
    FERNSONDIERUNG
     
    Gaffens rief Normand Neff, den Abteilungsleiter, und Vincent Rodenave, seinen Assistenten, zu sich und stellte sie vor.
    »Ihr Gesicht kommt mir bekannt vor«, sprach Imish Rodenave an. »Ich komme mit vielen Leuten zusammen, wissen Sie.«
    »Ich glaube, wir sind uns bei der Biebursson-Ausstellung begegnet.«
    »Ja, natürlich. Sie sind ein Freund der lieben Anastasia.«
    »Ganz recht«, antwortete Rodenave steif.
    Normand Neff brannte darauf, an seine Arbeit zurückzukehren, und trat zur Seite. »Vielleicht haben Sie die Güte«, wandte er sich an Rodenave, »den Kanzler mit einigen der bei uns laufenden Projekte vertraut zu machen.«
    »Es ist mir ein Vergnügen«, antwortete Rodenave. Er strich sich übers Kinn, als überlegte er angestrengt. »Nun … vielleicht sollte ich Ihnen das Fernsondierungssystem zeigen.«
    Am Zugang zur Fernsondierungskammer wurden sie

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