Kaste der Unsterblichen
Geld?«
»Ja, Rubel.« Der Grayven Warlock, Verleger des Clarges Anzeiger , war ein wohlhabender Mann gewesen. »Sie können als Zahlmeister fungieren.«
»Wann brauchen Sie diese Männer?«
»Ich gebe Ihnen vier Stunden vorher Bescheid. Sie müssen kräftig, geschickt und intelligent sein. Sie müssen in der Lage sein, gewöhnliche Todesfallen rechtzeitig zu erkennen und ihnen aus dem Wege zu gehen. Sie müssen sich genau an gegebene Anweisungen halten.«
»Ich bezweifle, ob es in ganz Kharnevall hundert solcher Männer gibt«, sagte Rubel.
»Dann nehmen Sie Frauen. Sie sind genauso geeignet, vielleicht sogar noch besser, was bestimmte Aspekte anbelangt.«
Rubel nickte.
»Ein letzter Hinweis noch. Die Assassinen arbeiten im allgemeinen mit Ihnen zusammen, Rubel. Sie sind ihr Agent.«
Rubel schüttelte lächelnd den Kopf, aber Waylock ignorierte das.
»Deshalb kennen Sie die kleineren Spitzel. Es darf keine undichten Stellen geben. Dafür sind Sie verantwortlich. Haben Sie verstanden?«
»Vollkommen«, sagte Rubel.
»Schön. Beim nächsten Mal bringe ich Ihnen das Geld.«
Eine kleine Kommubox summte. Rubel warf Waylock einen vorsichtigen Blick zu und meldete sich. Eine Stimme ertönte und sprach in dem für den Durchschnittsbürger von Clarges unverständlichen Kharnevalljargon.
Rubel wandte sich zu Waylock um. »Die Assassinen möchten eine Unterredung mit Carleon.«
»Sagen Sie ihnen, daß Carleon tot ist.«
3
Die Nachricht wurde Jarvis übermittelt, und der Generaldirektor reagierte sofort und mit aller Entschiedenheit darauf. »Schicken Sie das Sonderkommando nach Kharnevall, jeden Mann. Der Befehl lautet, Gavin Waylock zu finden und ihn festzunehmen.«
Zwei Stunden verstrichen, und die ersten Berichte trafen ein.
»Er ist uns entwischt.« Jarvis lehnte sich in seinem Sessel zurück und blickte über die schwarzen Dächer von Garstang hinweg. »Nun, wir werden ihn finden … Wirklich bedauerlich, daß wir ohne Fernsondierung auskommen müssen … Die Gesetze binden uns die Hände!« Er drehte sich um und gab einen ganzen Hagel an Befehlen.
ACHTZEHN
1
Die Amarant-Gesellschaft hatte sich zu ihrer zweihundertneunundzwanzigsten Konklave versammelt. Jedes Mitglied saß zu Hause in seiner Konferenzkammer vor einer Wölbwand, die sich aus zehntausend Facetten zusammensetzte. Jede Facette zeigte das Gesicht eines Amarant und seinen Votierungsindikator – eine winzige Farbblase, die in dem Rot heftiger Ablehnung erglühen konnte, dem Orange von Mißbilligung, dem Gelb von Neutralität, dem Grün von Billigung und dem Blau begeisterter Zustimmung.
In der Mitte des Mosaiks befand sich ein Tabulator, der die Votierungen zusammenfaßte und die jeweilige Farbe der Gruppenentscheidung zeigte. Jedes Mitglied, das sich mit einer Ansprache an die Versammlung wandte, wurde auf einem großen Zentralschirm abgebildet.
An diesem Abend waren zweiundneunzig Prozent der Gesellschaft an die Konferenzschaltung angeschlossen.
Nach der traditionellen Eröffnungszeremonie beanspruchte Der Roland Zygmont den Bildschirm des Sprechers.
»Ich will keine Zeit mit Einleitungsfloskeln vergeuden. Die heutige Versammlung findet statt, um eine Angelegenheit zu diskutieren, die wir alle geflissentlich zu ignorieren versuchten: die gewaltsame Entleibung eines Amarant durch einen anderen.
Wir haben dieser Sache keine Beachtung geschenkt, weil wir sie für schamlos und nicht allzu ernst hielten: Schließlich kann jeder von uns auf ichidentifizierte Surrogate zurückgreifen.
Jetzt aber müssen wir mit allem Nachdruck für unsere Prinzipien eintreten. Die Auslöschung von Leben ist eine elementare Sünde. Wir müssen jeden Rechtsbrecher in unseren Reihen hart bestrafen.
Sie fragen sich, warum diese Problematik gerade jetzt zur Sprache kommt. Die maßgebende Ursache dafür ist die über Jahre hinweg anhaltende stetige Entleibungsserie, der zuletzt Die Anastasia de Francourt zum Opfer fiel. Der Übeltäter setzte seinem Leben selbst ein Ende. Bisher sind weder die neue Anastasia noch der neue Abel zu uns zurückgekehrt.
Es gibt jedoch einen Fall, der beispielhaft ist für das Unheil, das aus der Geringschätzung des Lebens anderer erwachsen kann. Es geht in diesem Fall um einen gewissen Gavin Waylock, der vielen von uns als Der Grayven Warlock bekannt ist.«
Von dem Facettenmosaik kam ein interessiertes Murmeln.
»Ich übergebe nun an Die Jacynth Martin, die sich mit den näheren Umständen befaßt hat.«
Auf
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