Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kaste der Unsterblichen

Kaste der Unsterblichen

Titel: Kaste der Unsterblichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
Vom Netzwerk:
Waylocks Büro. Behutsam nahm er in einem Sessel Platz. Seine Rippen schmerzten noch immer, und auch die braunen und blauen Flecken waren noch nicht aus seinem Gesicht verschwunden. Er hatte darüber hinaus auch psychische Verletzungen davongetragen, was sich an der Gewichtsabnahme und den Falten zeigte, die sich in seine Mundwinkel gegraben hatten.
    Waylock hörte aufmerksam zu, als sich Imish bemühte, eine bestimmte Vorstellung in wohlüberlegte Worte zu kleiden.
    »Wie Sie wissen, Gavin, bin ich so etwas wie ein Anachronismus. Ein Goldenes Zeitalter braucht keinen starken Führer. Und dennoch …« Er zögerte und dachte nach. »Wir legen großen Wert auf Sicherheit, auf eine Kraft, deren Hilfe man im Notfall beanspruchen kann. Deshalb das Amt des Kanzlers.« Imish trat ans Fenster und sah zum grauverhangenen Himmel empor. »In Clarges geschehen sonderbare Dinge – aber niemand scheint sich darum zu kümmern. Ich habe vor, mich näher mit dieser Sache zu befassen.« Er drehte sich um und sah Waylock an. »Rufen Sie Caspar Jarvis an, den Generaldirektor der Assassinen, und bitten Sie ihn für elf Uhr zu einer Unterredung hierher.« Waylock nickte. »Wie Sie wünschen, Kanzler.«

 
SIEBZEHN
     
1
     
    Waylock rief die Zentralzelle in Garstang an und bat um eine Verbindung mit Generaldirektor Caspar Jarvis. Dieser Vorgang nahm einige Zeit und Mühe in Anspruch. Er setzte sich der Reihe nach mit dem Vermittler, einem für Öffentlichkeitsarbeit zuständigen Beamten, dem Zellenleiter und dem Stellvertretenden Direktor auseinander, bis es ihm schließlich gelang, zu Jarvis selbst durchzudringen – einem Mann mit dunklen, buschigen Augenbrauen, der an seinem Schreibtisch kauerte wie ein Hund über einem Knochen. »Was zum Teufel ist jetzt wieder los?«
    Waylock legte es ihm dar, und Jarvis wurde daraufhin überraschend freundlich. »Der Kanzler möchte mich also um elf Uhr sprechen?«
    »Stimmt genau.«
    »Und Sie sind Vizekanzler Waylock?«
    »Der bin ich.«
    »Interessant! Ich bin neugierig darauf, Sie persönlich kennenzulernen, Vizekanzler!« Er öffnete den Mund und lachte in kleinen, lautlosen Stößen.
    »Bis um elf dann«, sagte Waylock.
    Jarvis erschien um zehn vor elf in der Begleitung von zwei Adjutanten. Er betrat die reichgeschmückte Empfangshalle, schritt an den Schreibtisch heran, musterte Waylock von Kopf bis Fuß und lächelte wie über einen vertraulichen Witz. »Somit begegnen wir uns endlich einmal persönlich und sehen uns von Angesicht zu Angesicht.«
    Waylock erhob sich und nickte.
    »Nicht zum ersten- und letztenmal, wie ich hoffe«, fügte Jarvis hinzu. »Wo ist der Kanzler?«
    »Ich bringe Sie zu ihm.«
    Waylock geleitete sie ins offizielle Beratungszimmer, vor dessen Tür Jarvis seine beiden Adjutanten postierte.
    Drinnen wartete Imish bereits. Der massive, alte Sessel, in dem er saß, und die Wappen früherer Kanzler hinter ihm gaben ihm eine gewisse erhabene Würde. Er begrüßte Jarvis, dann gab er Waylock ein Zeichen.
    »Ich brauche Sie nicht weiter, Gavin. Sie können gehen.«
    Waylock zog sich zurück. »Ich bin ein beschäftigter Mann, Kanzler«, sagte Jarvis in einer Art knapper Freundlichkeit. »Ich nehme an, Sie haben mir etwas Wichtiges mitzuteilen.«
    Imish nickte. »Etwas von nicht geringer Bedeutung. Ich bin kürzlich auf eine Situation aufmerksam gemacht worden, die …«
    Jarvis hob die Hand. »Einen Augenblick bitte, Kanzler. Wenn Waylock in diese Sache verwickelt ist, dann können Sie ihn genausogut wieder hereinkommen lassen, denn der Lump hört uns bestimmt mit einem Minispion ab.«
    Imish lächelte. »Vielleicht ist er tatsächlich ein Lump, aber mit Minispionen hört er unser Gespräch ganz gewiß nicht mit, weil es hier keine gibt. Ich habe dieses Zimmer sorgfältig überprüft.«
    Jarvis sah sich skeptisch in dem Raum um. »Darf ich mir die Freiheit nehmen, meinen eigenen Test durchzuführen?«
    »Selbstverständlich.«
    Jarvis holte ein röhrenförmiges Instrument aus seiner Tasche, schritt durchs Zimmer, drehte das Gerät hin und her und beobachtete dabei eine Anzeige. Er runzelte die Stirn und wiederholte die Messung.
    »Es gibt kein Abhörgerät in diesem Raum.« Er ging zur Tür und öffnete sie. Seine Adjutanten glichen reglosen Säulen, die dort standen, wo er sie zurückgelassen hatte.
    Jarvis setzte sich wieder. »Jetzt können wir reden.«
    Waylock stand im Nebenzimmer, das Ohr an das winzige Loch gepreßt, das er in die schalldichte Wandverkleidung

Weitere Kostenlose Bücher