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Kastner, Erich

Kastner, Erich

Titel: Kastner, Erich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die verschwundene Miniatur
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Arzt eben gesagt: Nun können Sie wieder aufstehen, Meister!
    Der Herr, der Rudi hieß, musterte das junge Mädchen, das neben ihm lehnte, und wußte nicht, was er im besonderen und im allgemeinen von der Sache halten sollte.
    »Entschuldigen Sie, liebes Fräulein«, sagte Herr Külz. »Ich bin noch völlig durcheinander. Erst der Schreck und nun die Freude.
    Eins verstehe ich am allerwenigsten. Wenn die Miniatur, die mir diese Mausehaken geklaut haben, falsch war, brauchten Sie mir doch nicht einzureden, sie sei echt!«
    »Doch, Papa Külz! Das mußte ich Ihnen einreden«, erwiderte sie.
    »Sind Sie mir deshalb böse?«
    »Nicht im Traum«, sagte er. »Sie haben mich zwar mächtig auf den Arm genommen. Aber böse sein, nein, böse sein kann man Ihnen wirklich nicht. Und warum«, fragte er das Mädchen, »warum mußten Sie mir einreden, daß die falsche Miniatur echt sei?«
    »Aus einem höchst einfachen Grunde! Weil es zwei Miniaturen gibt! Eine falsche und eine echte!«
    Die beiden Männer verloren beinahe die Balance.
    »Jawohl«, sagte Irene Trübner. »Der amerikanische Sammler, dem das Original gehörte, ließ schon vor Jahren eine Kopie anfertigen. Von einem amerikanischen Holbein-Kopisten. Sie wurde auf Ausstellungen statt der echten Miniatur gezeigt, ohne daß jemand davon wußte. Die echte selbst auszustellen, war zu riskant. Informiert waren nur der Sammler und sein Kustos. Und neuerdings der Auktionator. Herr Steinhövel erwarb die Kopie automatisch mit dem Original und deponierte beides in einem Kopenhagener Banktresor.«
    »Und die Männer, die Sie bis zum Bahnsteig brachten?« fragte Külz.
    »Das waren Bankdetektive. Ist nun alles klar?«
    »Nein«, antwortete Herr Struve. »Es geht mich absolut nichts an, aber ich wüßte gern, warum Sie nun eigentlich Herrn Külz die Kopie gaben und ihm einschärften, es sei das Original.«
    »Mich geht es zwar sehr viel an«, brummte Külz. »Aber ich wüßte es auch ganz gern.«
    Fräulein Trübner sagte mit einem mißtrauischen Seitenblick auf Struve: »Seit gestern mittag hatte ich das untrügliche Empfinden, daß man mich beobachtet und auf Schritt und Tritt verfolgt. Herr Külz meinte allerdings, daß ich nur nervös sei…«
    »Und daß sich das nach dem ersten Kind legen würde«, erzählte Külz schmunzelnd. »Aber Fräulein Trübner meinte, so lange könne sie nicht waren.«
    »Diese Meinung entspricht durchaus den Tatsachen«, bemerkte der junge Mann.
    Irene Trübner überhörte das und fuhr fort: »Am Nachmittag brachten die Zeitungen die Meldung, daß Kunstgegenstände im Werte von einer Million Kronen verschwunden waren. Es unterlag keinem Zweifel: ich saß in der Falle. Ich wußte mir keinen Rat. Bis ich auf den Gedanken verfiel, Herrn Külz um Hilfe zu bitten.« Sie legte ihre Hand dankbar auf den Lodenärmel des alten Herrn. »Wir blieben lange Zeit im Hotel sitzen. Wenn man mich, wie ich annahm, beobachtete, mußte das auffallen. Wir gingen in die Amalienborg und setzten uns auf eine Bank, wo wir nicht belauscht, aber beobachtet werden konnten. Wahrscheinlich ist man uns gefolgt.«
    »Und ob!« sagte Herr Struve. Und als ihn die beiden anderen neugierig ansahen, verbesserte er sich. »Todsicher ist man Ihnen gefolgt! Das geht ja aus dem Raub der Kopie eindeutig hervor!«
    »Wenn man uns aber gefolgt war«, fuhr Fräulein Trübner fort,
    »dann mußte unsre nächste Begegnung doppelt gründlich beobachtet werden. Damit war zu rechnen. Und deshalb bestimmte ich den Bahnhof als Treffpunkt. Dort konnte sich mühelos ein Dutzend Spitzel aufhalten. Sie mußten sehen, daß ich tat, als ob ich Herrn Külz nicht kenne. Und sie mußten sehen, daß ich ihm betont heimlich ein Päckchen zusteckte! Das konnte, ihrer Meinung nach, nur die Miniatur sein. Also mußten sie Herrn Külz bestehlen.« Sie kicherte selig wie ein Backfisch. »Nun, meine Rechnung hat gestimmt. Herr Külz wurde bestohlen! Die Miniatur ist fort! Glücklicherweise die falsche!«
    »Wenn Sie mir wenigstens die Wahrheit gesagt hätten!« meinte Külz. »Dann hätte ich vorhin nicht so einen Schreck gekriegt.«
    »Lieber Herr Külz«, sagte die junge Dame, »wenn ich Ihnen die Wahrheit vorher gesagt hätte, wäre der Bluff mißlungen. Denn Sie sind ein viel zu ehrlicher Mensch, als daß Sie sich verstellen könnten. Die Diebe hätten Ihnen an der Nasenspitze angesehen, daß wir sie hineinlegen wollten.«
    »Ehrt mich«, meinte Külz. »Fahren Sie fort! Was wird nun?«
    »Nun ist die Bande davon

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