Katagi (Drachenfluch Zweites Buch) (DrachenErde - 6bändige Ausgabe) (German Edition)
rief Bratlor erregt, „und deshalb bleibt uns nichts anders übrig, als zu rennen und dabei zu den Göttern zu beten, dass wir die Orakelhöhle eher erreichen, als der Feuerstrahl eines Kriegsdrachen uns verbrennt!“
Rajin zögerte noch. Er sah die Eiswölfe in heilloser Flucht davonhecheln - und zwischen ihnen auf einmal die nur als Umriss erkennbare, durchscheinende Gestalt eines Vermummten, der in die entgegengesetzte Richtung lief. Im nächsten Moment war die Erscheinung verschwunden, als hätte der Erdboden sie verschluckt.
„Fjendur …“, murmelte Rajin. Als Vermummter, die Kapuze seines Mantels weit über den mit Tüchern und Bandagen umwickelten Kopf gezogen – so wurde der Gott der Kälte auf unzähligen Wandgemälden dargestellt, die mit gefärbtem brennendem Tran aufgetragen wurden. Und so beschrieben ihn auch die uralten Lieder der Legendensänger. Diese Senke war Fjendurs Reich, und vielleicht fühlte sich der Gott des Eises inzwischen doch in seiner Ruhe gestört.
„Komm endlich!“, hörte Rajin seinen älteren Freund Bratlor rufen, und da wirbelte er herum und nahm die Beine in die Hand. Sie umrundeten den schwarzen Felsen, und mit jedem kaltem Atemzug, den Rajin in sich hineinsog, glaubte er, innerlich zu erfrieren. So als ob die kalte Macht Fjendurs ihn völlig durchdrang.
„Denk nicht darüber nach, ob wir entkommen können, sondern lauf einfach!“, keuchte Bratlor. „Verkriechen können wir uns doch nirgendwo!“
Rajins Blick folgte der langen Reihe von Steinen, die den Weg zwischen dem schwarzen Felsen und dem Eingang der Orakelhöhle markierte – und gleichzeitig auch den Verlauf des kosmischen Tores, wenn es sich öffnete.
Und wieder sah Rajin für den Bruchteil eines Augenaufschlags den Vermummten, eingehüllt in einen Kapuzenmantel und den Kopf mit Tüchern und Bandagen umwinkelt. Eine durchscheinende Gestalt – viel größer als ein Mensch. So hoch wie der Mast eines mittleren seemannischen Schiffes, mit dem man schon auf die Seemammutjagd gehen konnte, ragte die Gestalt in den bläulich schimmernden Himmel. Doch noch ehe Rajin sie richtig erkannt hatte, war sie auch schon wieder verschwunden.
Der Eindruck eines Augenblicks, von dem man nicht sagen konnte, ob er sich tatsächlich ereignet hatte oder nur Einbildung gewesen war.
„Was ist los, Rajin?“, schrie Bratlor seinen Gefährten an, weil dieser mit einer Mischung aus Angst und Ehrfurcht stehen geblieben war.
„Hast du ihn nicht gesehen?“, fragte Rajin fassungslos.
„Wen?“
„Den Vermummten …“ Rajin streckte den Arm aus. „Er war dort!“
„Ich weiß nicht, was du gesehen hast, aber ich sage dir, was da schon sehr bald hinter dem schwarzen Felsen auftauchen wird: Eine Horde feuerspeiender Drachen und ihre nicht weniger blutrünstigen Reiter!“
Dann stockte auch Bratlor, denn auf einmal leuchtete das Juwel über dem Eingang zur Orakelhöhle grell auf. Gleichzeitig wurden plötzlich die Steine, die jene Linie zwischen Orakelhöhle und schwarzem Felsen bildeten, jeweils von einem bläulich schimmernden Lichtflor umgeben, dessen Leuchtkraft für einige Augenblicke stetig zunahm.
Doch dann verloschen die Lichter allesamt, von einem Moment zum anderen. Wie Seemammut-Tranfunzeln, die der Sturm ausgeblasen hatte.
„Das muss dein Freund, dieser Liisho sein!“, keuchte Bratlor. „Ich wette, er unternimmt gerade in der Höhle irgendwelche Experimente, um das Tor vielleicht auch ohne das Licht des Meermonds zu öffnen. Ich hoffe nur, dass er weiß, was er tut!“
Rajin und Bratlor wirbelten wieder herum, liefen weiter, und als sie auf halbem Weg zwischen dem schwarzen Felsen und dem Eingang zur Orakelhöhle waren, donnerte das Brüllen der Drachen in die Senke und wurde als Echo zwischen den Hängen hin und her geworfen.
Das erste dieser Ungeheuer flog in einer gewundenen Linie um den schwarzen Felsen herum. Es war ein gewöhnlicher Kampfdrache, nur unwesentlich größer als der Schwarz-Gelbe.
Dort, wo der Drachenreiter-Samurai in seinem Sattel saß, hatte man ihm nach drachenischer Art die Rückenstacheln auf einer Länge von zwei bis drei Schritt abgesägt.
Der Samurai trug eine drachenische Klinge am Gürtel, die – wie Rajin aus seinen Träumen wusste – eher ein Symbol seines Standes war. Normalerweise kam ein Drachenreiter-Samurai kaum dazu, sie jemals einzusetzen, denn seine mächtigste Waffe war der Drache selbst. In der Rechten hielt er den Drachenstab, den er zwischen die Rückenschuppen
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