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Katagi (Drachenfluch Zweites Buch) (DrachenErde - 6bändige Ausgabe) (German Edition)

Katagi (Drachenfluch Zweites Buch) (DrachenErde - 6bändige Ausgabe) (German Edition)

Titel: Katagi (Drachenfluch Zweites Buch) (DrachenErde - 6bändige Ausgabe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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und dem Verlangen zu töten.
    Als die kalte, kraftlose Sonne über Winterland ihren Höchststand erreichte, traf Wulfgarskint auf ein Rudel Eiswölfe. Einige der Tiere nagten noch an den Knochen ihrer letzten Beute. Wulfgarskint schätzte, dass es sich – der Größe und Gestalt der Knochen nach – um eine wildlebende Riesenschneeratte gehandelt hatte.
    Die Eiswölfe spürten die Gefahr in dem Moment, da sie die verbrannte, faulige und modrige Witterung aufnahmen. Sie winselten und ließen von den Knochen der Riesenschneeratte ab.
    Der Wunsch zu töten wurde in Wulfgarskint angesichts der lebendigen Kreaturen, deren Gegenwart er spürte, geradezu übermächtig. Auf einmal kam es ihm gar nicht mehr darauf an, wem oder was er den Tod brachte. Wichtig war nur, dass da etwas war, das ein schlagendes Herz, pulsierendes Blut und eine angstvolle Seele hatte, die sich vor nichts so sehr fürchtete wie vor einem qualvollen und grausamen Ende.
    Die Wölfe sprangen auf, scharrten sich um das Leittier, das deutlich größer war als der Rest des Rudels. Aber selbst der Anführer des Rudels wurde von jeglichem Mut verlassen und machte mit dem nur halb erhobenen Schwanz und dem sogar leicht gesenkten Kopf einen eher unterwürfigen Eindruck
    Wulfgarskint näherte sich dem Rudel, lief auf die Tiere zu. Doch dann hielt er inne, denn ihm kam in den Sinn, dass die Wölfe einfach die Flucht ergreifen könnten. Nichts wäre in diesem Augenblick furchtbarer für ihn gewesen, als wenn die einzigen Kreaturen im weiten Umkreis, die sein Bedürfnis zu töten befriedigen konnten, sich einfach davonmachten. Und wie schnell Eiswölfe zu laufen vermochten war Wulfgarskint aus seinem früheren Leben bekannt.
    Bleibt! Bleibt und lasst euch zerfleischen!
    Vielleicht spürten die Eiswölfe sogar seine Gedanken. Jedenfalls hetzten sie augenblicklich davon, als sich das Leittier endlich zur Flucht entschloss.
    Nein!
    Verzweiflung brandete in Wulfgarskint hoch. Die Aussicht, wieder vollkommen allein mit sich zu sein, erschreckte ihn bis in die Seele. Allein mit seiner Wut und seinem ungestillten Wunsch zu töten. Welch eine schlimmere Folter konnte man sich vorstellen?
    Er hetzte hinter den Wölfen her, aber deren Körper waren von den Göttern für das schnelle, ausdauernde Laufen geschaffen worden, der seine nicht. Und so wurde der Abstand zwischen ihm und den fliehenden Eiswölfen immer größer.
    Auf einem Hügelkamm blieb das Leittier stehen und drehte sich noch einmal mit aufmerksam gespitzten Ohren um. Wulfgarskint machte der tiefe Schnee zu schaffen, in den er beinahe bis zu den Knien einsank. Der Leitwolf stob davon, und nach wenigen Augenblicken waren die Wölfe hinter der Hügelkette verschwunden.
    „Nein!“, keuchte Wulfgarskint.
    Es gab kein Herz mehr, das in seinem toten Aschekörper schlug und das nach dem anstrengenden Lauf hätte rasen können – ebenso wenig wie sein untoter Körper so etwas wie Erschöpfung kannte. Und dennoch spürte Wulfgarskint, dass er an eine Grenze gelangt war, die er offenbar nicht überschreiten konnte.
    Wirst du so schnell aufgeben? Enttäusche mich nicht!, drangen wie aus weiter Ferne die Gedanken des Todverkünders in seinen Geist, und Wulfgarskint glaubte im nächsten Moment gar ein höhnisches Lachen zu hören. Oh, wie habe ich mich doch in dir getäuscht …
    Da fühlte Wulfgarskint, wie sich all die durch Hass und Wut gespeiste Kraft in ihm sammelte und zu etwas anderem wurde. Etwas, das sich in einen Kanal zwingen ließ wie das Wasser jenes Flusses in Feuerheim, von dem Ramnjolf Silbergier damals gesprochen hatte. Er musste die völlige Kontrolle über die Ansammlung von Asche an sich bringen, die nun sein Körper war. Dieser Leib war mehr als ein unvollkommenes Behältnis für die Reste seiner Seele, die der Todverkünder mit dieser Gestalt gestraft hatte.
    Der Aschekörper Wulfgarskints zerfiel zu feinem Staub, der eine Wolke bildete – eine Wolke, die sich wie einer jener gefürchteten Schwärme von Fressschrecken verhielt, die die Felder im Süden des Seereichs in regelmäßigen Abständen heimsuchten, im Südenthal-Land etwa oder in der Provinz Osland an der Grenze zu Drachenia. Wulfgarskint hatte nur von Handelsfahrten von diesen Schwärmen gehört, die den Himmel verdunkeln konnten, denn abgesehen von Bratlor Sternenseher war kaum ein Mann aus Winterborg je so weit gereist.
    Wie einer dieser Schwärme, jedoch bestehend aus feinsten Aschestückchen, flog Wulfgarskint über die weiße Ebene

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