Katakomben (Van den Berg) (German Edition)
Deflandre hatte die Spur aufgenommen. Er sah einen großen Mann in dunkler Jacke, der den Strand entlang rannte. Das musste er sein.
Deflandre glaubte seinen Augen nicht zu trauen, als van den Berg unvermittelt neben ihm auftauchte. Er hätte zu gern etwas gesagt, aber für Sprüche war jetzt keine Zeit. Sie zogen das Tempo noch einmal an, sie kamen dem Flüchtenden immer näher, keine 100 Meter lagen jetzt mehr zwischen ihnen. Der Strand war fast menschenleer, nur ein paar Familien gingen mit ihren Kindern am Meer spazieren. Es hatte aufgehört zu regnen. „Bleiben sie stehen, Grangé! Polizei!“, brüllte van den Berg so laut er konnte. Der Flüchtende rannte weiter, er drehte sich nicht einmal zu ihnen um.
Nur langsam gelang es ihnen, Grangés Vorsprung aufzuholen. Die Polizisten mussten anerkennen, dass ihr Gegner offensichtlich in guter Form war. Plötzlich blickte er einen kurzen Moment zu ihnen und wechselte mit einem flinken Haken die Richtung, jetzt rannte er vom Wasser weg in Richtung der dicht bebauten Promenade. „Wir müssen ihn kriegen, bevor er vom Strand runter ist“, rief van den Berg zu Deflandre. Der Polizist zog seine Pistole und feuerte eine Kugel in die Luft ab. „Das ist die letzte Warnung, Grangé!“ Der Gejagte drehte sich zu den Polizisten, im gleichen Moment stolperte er und ging zu Boden. Er raffte sich noch einmal auf, aber im tiefen Sand dauerte es zu lange, bis er Geschwindigkeit aufnehmen konnte, die Polizisten kamen immer näher.
Grangé schien unbewaffnet zu sein, sie verzichteten darauf, auf ihn zu schießen. Deflandre warf sich auf den Mann und packte seinen rechten Fuß. Das Phantom strauchelte und fiel bäuchlings in den Sand. Deflandre versetzte ihm einen Faustschlag aufs Kinn, während er auf ihm kniete. Van den Berg drehte Grangé auf dem Rücken, er keuchte und rang nach Luft. Er reckte die Hände nach oben als Zeichen, dass er keinen Widerstand mehr leisten würde. „Legen sie sich auf den Bauch – die Hände auf den Rücken!“, befahl Deflandre. Grangé gehorchte und drehte sich im nassen Sand.
Jetzt kam Nicole dazu, die auf van den Bergs Geheiß Abstand zu dem Verdächtigen gehalten hatte. Sie sah die Erleichterung in van den Bergs Gesicht, den Gesuchten endlich dingfest gemacht zu haben. „Ich wusste gar nicht, dass du so schnell laufen kannst“, flachste Deflandre, während er seinen Kollegen angrinste. „Du weißt vieles nicht“, gab van den Berg zurück.
Während die Psychologin den Wagen holte, führten die beiden Polizisten Grangé in Handschellen zur Promenade. Einige Urlauber hatten die Verhaftung mitbekommen und begafften den Gefangenen neugierig. „Kommt doch näher, dann könnt ihr besser gucken“, blaffte van den Berg die Touristen an. Grangé sah fast so aus, wie auf dem alten Fahndungsfoto, das van den Berg in der Tasche hatte. Sein Haar war etwas grauer geworden und er hatte ein paar Falten unter den Augen, ansonsten hatte er sich während seiner Haft nicht verändert. Sie setzten den gefesselten Mann nach hinten in den Wagen, Deflandre rutschte neben ihn.
Van den Berg und Nicole drehten sich zu ihm um. „Am besten, sie gestehen gleich alles, das spart uns allen viel Zeit“. Van den Berg erwartete nicht, dass der Mann seinem Wunsch nachkam, es war vielmehr ein Versuch, ihn zum Reden zu bringen. „Was sollte ich denn gestehen?“, fragte Grangé cool. „Verkaufen sie uns nicht für dumm! Sie haben zwei Menschen vergiftet und genüsslich krepieren lassen. Sie haben ja Erfahrung darin, Leute auf diese Weise umzubringen.“
Grangé wurde blass, seine Gesichtszüge waren regelrecht eingefroren. Er begann, wie wild an den Handschellen zu rütteln. „Ihr seid wohl völlig krank, wovon redet ihr überhaupt?“, fauchte er wie ein wild gewordener Tiger. Deflandre brachte Grangé schnell zur Räson, indem er die Handschellen enger zog. Nicole gab van den Berg das Zeichen auszusteigen. Sie wollte mit ihm allein sprechen. „Er war es nicht“ Die junge Psychologin schaute ihren Kollegen mit einer Selbstsicherheit an, die ihn verblüffte. „Ich habe ihn beobachtet. Als du ihm die Morde vorgehalten hast, war er irritiert. Ich glaube nicht, dass das gespielt war.“ Van den Berg zog nachdenklich die Augenbrauen hoch und sagte nichts. Die beiden stiegen wieder in den Wagen. Sie befragten Grangé nach seinem Alibi. „Ich bin seit einer Woche in De Panne in dieser beschissenen Pension.“ „Aber doch wohl nicht ständig?“,
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