Katakomben (Van den Berg) (German Edition)
und grinste vor sich hin. Der Jäger konnte zufrieden mit ihm sein. Er hatte alles richtig gemacht. Jorge war tot. Er war sich sicher, dass die Polizei nichts von ihm erfahren hatte. Sein Plan, ihn zu befreien und dann zu beseitigen, war perfekt aufgegangen. Nun galt es die nächsten Weichen zu stellen, damit das Spiel weitergehen konnte.
In der Legion war Hugo einigen Männern vom Kaliber eines Jorges begegnet. Viele waren vor Hugo gegangen. Mit den meisten Mitstreitern hatte er Kontakt gehalten, nicht, weil er sentimental war, sondern aus purer Berechnung. Er ahnte, dass er sie einmal brauchen konnte. Jetzt war der Zeitpunkt gekommen, jemand musste Jorges Nachfolge antreten.
Hugo legte ein leeres DinA4-Blatt vor sich hin. Mit einem dünnen Filzstift zog er eine Tabelle, in die er fünf Namen eintrug. Er musste den besten Kandidaten für den Job finden. Hugo schrieb vier Eigenschaften auf das Papier: loyal, intelligent, anpassungsfähig und unabhängig. Die Vokabel „skrupellos“ sparte er sich, denn das waren ohne Zweifel alle fünf Kandidaten, daran bestand überhaupt kein Zweifel.
Schnell war der Zettel voll mit Anmerkungen zu den Männern sowie mit Plus und Minuszeichen. Hugo lächelte zufrieden. Er hatte die Wahl getroffen. Dimitri erfüllte alle Kriterien, er war derjenige, den auch sein Bauch gewählt hätte. Der Ukrainer hatte in der Legion immer loyal zu ihm gestanden.
Hugo erinnerte sich an seine Scherereien mit Piet Neeskens. Der Holländer, ein strohblonder muskelbepackter Hüne, hatte es vom ersten Tag an auf Hugo abgesehen. Er hatte keine Gelegenheit ausgelassen, ihn zu provozieren und ihm zu zeigen, dass er der Stärkere war. Hugo vermied eine offene Konfrontation mit dem streitsüchtigen Klotz. Er wählte ein anderes Mittel, er machte Neeskens zu einem Außenseiter, was kein Problem für Hugo war, da er die weitaus bessere Lobby in der Gruppe hatte.
Die anfängliche Abneigung zwischen den beiden steigerte sich zu tiefem Hass. Eines Nachts plante der Holländer, Hugo die Kehle durchzuschneiden. Dimitri hatte davon erfahren und Hugo rechtzeitig eingeweiht. Dimitri brach Neeskens sechs Knochen und sicherte sich auf diese Weise Hugos ewige Dankbarkeit. Wann immer Hugo in der Truppe Scherereien hatte, Dimitri war immer auf seiner Seite gewesen und zählte zu den Soldaten, mit denen Hugo intensiven Mail-Kontakt pflegte - er wusste, dass der Ukrainer für gut bezahlte Jobs jederzeit zu haben war. Und Geld konnte Hugo ihm reichlich bieten.
Van den Berg fuhr die Chaussée d´Ixelles hinauf, als er hörte, dass sein MG merkwürdige Geräusche von sich gab. Er befürchtete, dass wieder eine Antriebswelle kaputt gegangen war, diesmal die rechte. Zwei hatte der Wagen bereits verschlissen. Er ließ den Roadster in einer Werkstatt im Araber-Viertel und bat Nicole, ihn dort abzuholen.
Während sie gemeinsam nach Brügge fuhren, hielt Deflandre Stallwache und recherchierte mit De Breuyn weiter nach Paul.
Nicole fuhr deutlich schneller als erlaubt, mit 180 Sachen raste sie über die Autobahn. In 45 Minuten erreichten sie die malerische Stadt, die van den Berg so liebte. Die Lerisse bewohnten ein Haus, das unmittelbar an den Grachten lag. Das Anwesen war weiß getüncht, die schwere bronzene Eingangstür sah protzig aus. Man soll wohl sehen, dass die Hütte einen Haufen Kohle gekostet hat, dachte van den Berg.
Lerisse war Bankdirektor bei der West-Vlaamse Bank in Brügge, seine Frau kümmerte sich um Haus und Kinder. Ein Junge, den van den Berg auf fünfzehn schätzte, öffnete die Tür. Er trug einen schwarzen Kapuzenpulli mit einem grellen Thrasher-Aufdruck, den der Kommissar gleich der Skaterszene zuordnete. Van den Berg zückte seinen Ausweis. „Hallo, Polizei Brüssel. Wir möchten gerne ihre Eltern sprechen.“ „Einen Moment, bitte.“ Der Junge ließ die Tür mit einem lauten Knall ins Schloss fallen.
Ein piekfein aussehender Mann im dunkelgrauen Zweireiher riss die schwere Pforte zwei Minuten später wieder auf. „Guten Tag, sie kommen wegen Dorothee?“ „Das ist richtig, wir hätten da noch ein paar Fragen …“ Lerisse lotste van den Berg und Nicole in den großzügigen Salon, der konsequent in britischem Kolonialstil eingerichtet war. Der Kommissar fühlte sich an sein Zuhause erinnert. Auch er hatte einige Teakholzmöbel in seiner Wohnung, allerdings waren seine räumlichen Verhältnisse um einiges bescheidener als diese hier.
Dorothees Mutter kam auf leisen Sohlen in den
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