Katakomben (Van den Berg) (German Edition)
ziemlich schäbig aussah. Als Hugo die Hoteltür aufzog, sah er, dass am Empfang ein alter Mann döste, der fast achtzig war. „Ich brauche ein nettes Zimmer“, meinte Hugo lässig. „Wie viele Nächte?“ „Eine! Haben sie ein Zimmer zur Straße?“ „Kein Problem. Das sind vierzig Euro mit Frühstück.“ Hugo legte dem Alten seinen französischen Pass vor, in dem er Jean-Paul Miller hieß. „Woher aus Frankreich sind sie?“, fragte der Mann neugierig. „Aus Nimes“, antwortete Hugo. „Das hört man ihnen nicht an.“ „Ich bin wohl schon zu lange in Belgien!“ Hugo hasste Leute, die zuviel fragten, aber der Mann würde ihm sicher keine Scherereien machen. Hugo lief behände die Treppe rauf zu seinem Zimmer, das im dritten Stock lag. Er zog die vergilbten Vorhänge zur Seite und lächelte. Von hier aus hatte er den Eingang perfekt im Blick.
Sie verließen das Kommissariat, um letzte Details abzusprechen. Zur gleichen Zeit fuhr der Jäger bei Maastricht über die Grenze. Wie Hugo hatte er seine äußere Erscheinung stark verändert. Die grauen Haare hatten den schwarzen Ton seiner Jugend bekommen, der dichte Vollbart, den er ebenfalls gefärbt hatte, bedeckte sein Gesicht fast komplett. Der Jaguar bewegte sich mit hoher Geschwindigkeit auf die belgische Hauptstadt zu, obwohl noch reichlich Zeit war.
Van den Berg dachte nach. Es war nicht das erste Mal, dass er Ermittlungen auf eigene Rechnung führte, aber was er diesmal vorhatte, ging weit über das hinaus, was er früher durchgezogen hatte. Wenn die Sache schief ging, konnte er seine Dienstmarke abgeben, soviel war klar. Ihm drohte ein Verfahren wegen Amtsmissbrauchs – mindestens das. Auch wenn die Sache klappte, würde ihm der Staatsanwalt sicher einen Einlauf verpassen, aber das wäre auch alles. In den Medien würde er als Held gefeiert werden, als der Mann, der die schlimmsten Bestien in der Geschichte Belgiens zur Strecke gebracht hatte.
18
Als der Jäger seinen Wagen an der Kathedrale parkte, war das Areal um das Gotteshaus beinahe menschenleer. Es hatte leicht angefangen zu regnen und die Temperaturen, die nur knapp über dem Gefrierpunkt lagen, luden nicht zu Spaziergängen ein. Fontaine knallte die Autotür zu und ging im gemäßigten Schritt auf die mächtige Kirche zu. Er dachte daran, dass Jorge Ramos hier die erste Leiche abgelegt hatte. Es kam ihm wie vor einer Ewigkeit vor.
Der Jäger malte mit der Schuhspitze ein Kreuz in die Erde, während er wartete. Als seine Uhr zehn Minuten nach acht zeigte, reichte es ihm. Er blickte sich nach allen Seiten um, aber keine Menschenseele war zu sehen. Hatte man sich etwa einen bösen Scherz mit ihm erlaubt? Nein, das war äußerst unwahrscheinlich. Seine E-Mailadresse war schließlich kaum jemandem bekannt. Er wickelte einen Teil seiner Bankgeschäfte über diese Adresse ab, Hugo kannte sie, aber sonst niemand.
Fontaine schritt auf den Eingang zu und rüttelte heftig an der Tür, die verschlossen war. Jetzt fiel ihm auf, dass jemand etwas hinterlassen hatte. Es war eine elfstellige Zahlenreihe, die mit Kreide aufgemalt war. Fontaine dachte nach, das konnte nur eine Handynummer sein. Eilig tippte er die Zahlen ein. „Hallo!“ „Mit wem spreche ich?“ „Ich bin der, den sie sprechen wollen“, antwortete De Gruye cool. „Warum sind sie nicht hier?“ „Ich musste den Plan ändern, sagen wir in einer Stunde am Grand Place – ich warte vor dem Hotel de Ville.“ „Ich dachte, wir sollten ungestört sein“, erwiderte der Jäger unwirsch. „Nirgendwo sind wir anonymer als dort“, konterte De Gruye selbstsicher. „Okay“, zischte der Jäger und drückte auf die rote Taste. „Das hast du klasse gemacht“, sagte Nicole zu ihrem Kollegen, „das hätte niemand besser hingekriegt.“
Hugo stand am Fenster seines Zimmers und beobachtete den Hauseingang auf der anderen Straßenseite. Er schaute auf seine Armbanduhr: Es war genau 19:30 Uhr. In diesem Moment öffnete sich die Tür und Irina kam langsam heraus. Es verging kaum eine Minute, bis ein Taxi vorfuhr. Der Chauffeur war kein beliebiger Taxler, sondern ein alter Kumpel von van den Berg, der in seiner Freizeit Sportschütze war und diverse Kampfsporttechniken beherrschte. Der Kommissar hatte sich entschieden, keine weiteren Polizisten in die heikle Mission einzubeziehen, anderseits konnte er nicht riskieren, dass Irina ihrem Verfolger auf der Fahrt schutzlos ausgeliefert war.
Hugo raste behände
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