Kate und Leah
denn sie fürchtete, wieder in unkontrollierte Hysterie auszubrechen. Sie räusperte sich und versuchte, die Hände vom Mund zu nehmen, war aber bereit, sie beim ersten Schnaufen wieder als Schutzschild zu benutzen.
»Hi«, sagte der Mann. Auch wenn sein Grinsen zu breit war, so klang seine Stimme tief und männlich. »Wie geht es den Damen heute?« Seine Stimme folgte dem Weg seines Lächelns, dachte Leah.
Kate setzte sich in ihrem Sitz zurück, aber – verdammt – sie antwortete nicht. Sie gab Leah unterm Tisch wieder einen Tritt, diesmal ein bisschen härter. Leah verdrehte den Hals, um nach oben zu schauen, noch ein bisschen höher, bis sie sein Gesicht im Blick hatte. Himmel, war er groß.
»Gut«, sagte sie. »Es geht uns gut. Und wie läuft es für Sie?«
Er sah sie einen Moment lang verdutzt an, und danach breitete sich das Grinsen wieder auf seinem Gesicht aus. »Ich bin zufrieden. Brauchen Sie noch etwas?«
Ah, er arbeitete hier. Er wollte sie nicht nur anbaggern, oder vielleicht geschah das auch nur aus Mitleid. Kate ließ ein leises Geräusch hören, aber sie verzog keine Miene und tat so, als wollte sie ihr Glas betrachten.
Leah, gestärkt durch einen Tag, der wie eine Katastrophe begonnen hatte und jetzt mit Alkohol und ihrer besten Freundin endete, schaute in sein Gesicht.
»Ja, eigentlich ja«, sagte sie und rieb sich den Nacken. »Sie sind zu groß. Setzen Sie sich.«
Verdammt …
Er setzte sich.
Fünftes Kapitel
»Sie sind zu groß. Setzen Sie sich.«
Die Frau mit den dunklen Haaren sprach, als hätte sie nie Zweifel, das zu erhalten, was sie wollte. Brandon gehorchte. Er zog einen unbenutzten Stuhl vom Nachbartisch heran und setzte sich. Er sah, wie das Lächeln auf ihrem Gesicht gefror. Sie hatte offenbar nicht damit gerechnet, dachte er und fragte sich, warum sie ihm Platz anbot und dann nicht erwartete, dass er der Anregung folgte.
»Ist das besser?« Er drehte den Stuhl, damit er auf ihm grätschen konnte, dann faltete er die Hände auf dem Rücken und sah sie fragend an.
Es war nicht Brandons Job, sich um die Gäste zu kümmern, aber der Hotelmanager hatte ihn zu ein paar Zusatzschichten überredet, und das Geld konnte er gut gebrauchen. Dass er Heather während ihres Mutterschutzes vertrat, bedeutete zwar mehr Verantwortung, aber keine Lohnerhöhung. Nun, es war keine schwere Arbeit, sonst hätte er mit seiner Freizeit was Besseres anfangen können.
»Viel besser«, sagte die Frau, während die Freundin ein Lachen unterdrückte.
Er hatte schon veranlasst, dass die Kellnerin diese Gäste besonders beachtete, aber es war ihr Lachen, das ihn an ihren Tisch gelockt hatte. Sie hatten Spaß. Die Tatsache, dass sie beide heiße Frauen waren, hatte nichts damit zu tun, redete er sich ein, auch wenn er wusste, dass es nicht stimmte. Die Spätschicht hatte doch ihre Vorteile, was?
»Nun, wenn Sie irgendwas brauchen«, sagte er, »lassen Sie es mich wissen.«
»Hast du das gehört?«, fragte nun die Frau links von ihm. »Er hat gesagt, wenn wir irgendwas brauchen. Irgendwas, Leah …«
Leah! Er ließ den Namen auf der Zunge zergehen. Das Glas vor ihr war leer, und er wusste, dass er sie fragen sollte, ob sie es noch einmal gefüllt haben wollte, aber vorher erhob sich ihre Freundin. Sie hielt sich an seiner Schulter fest, um aus der Nische zu kommen, aber sie winkte ab, als er aufstehen wollte, um ihr zu helfen.
»Ich komme schon zurecht«, sagte sie. »Du bleibst, Leah. Ich bin fix und fertig und gehe schon mal nach oben.«
Leah sah sie an. »Kate …«
»Nein, nein«, sagte Kate, »du bleibst.«
Leah legte eine Hand über die Augen und schüttelte den Kopf, bevor sie die Freundin anschaute. »Du bist ja so schlecht …«
Kate grinste den Mann an, der sofort zurückgrinste. Sie strich wieder über seine Schulter. »Viel Spaß in Paris.«
Er wartete, bis Kate gegangen war, dann wandte er sich an Leah. »Paris?«
»Keine Bedeutung«, log Leah. »Ein privater Scherz.«
Um sich herum hörte er den gestiegenen Geräuschpegel, und er wusste, dass er weiterziehen sollte. »Ich schätze, ich muss zurück an die Arbeit …«
»Tatsächlich?« Sie hob eine Augenbraue und lehnte sich in ihrem Sitz zurück. »Was wird denn geschehen, wenn Sie nicht zurück an die Arbeit gehen?«
Wahrscheinlich nicht viel, dachte er. Rick hatte keinen Dienst, und an der Rezeption wusste man Bescheid, falls es Probleme geben sollte. Die Barleute brauchten keinen, der ihnen über die Schultern
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