Kater Brown und die Klostermorde - Kriminalroman
gemeldet und den Vorstand so beeindruckt, dass der sich für ihn entschieden hat.«
»Er hat seine Einstellung eingeklagt?« Alexandra sah die Frau verdutzt an. »Das nenne ich ja einen guten ersten Eindruck.«
»Nein, er hat nicht geklagt, er hat nur damit gedroht. Sein Argument war, dass er als einziger Bewerber von außen keine Chance habe gegen die vier internen Kandidaten, und deswegen sei es diskriminierend, ihn nicht einzustellen.« Tina Wittecker verzog den Mund zu einem spöttischen Grinsen. Ihre Augen blitzten. »Er hatte den Vorstand in eine Zwickmühle manövriert, aus der es keinen anderen Ausweg gab als seine Einstellung.«
»Der Vorstand hätte doch ein paar Außenstehende bitten können, sich zum Schein zu bewerben, dann wäre Wilden mit seiner Drohung gegen die Wand gelaufen«, wandte Tobias ein.
»Ich weiß, und das sagen auch alle anderen. Vielleicht hatte er ja irgendetwas gegen den Vorstand in der Hand, mit dem er die Leute erpressen konnte, keine Ahnung.«
»Na ja, es wäre nicht das erste Mal, dass Spendengelder veruntreut wurden«, gab Alexandra zu bedenken. »Und wenn Wilden davon Wind bekommen hatte …« Sie sah zu Tobias, dann wandte sie sich wieder an die rothaarige Frau. »Vielen Dank, Frau Wittecker, Sie haben uns sehr geholfen, und ich versichere Ihnen, dass wir die Informationen vertraulich behandeln werden.«
»Danke. Notfalls können Sie ja behaupten, Sie hätten das auch alles bei irgendeiner Gelegenheit zufällig mitangehört«, sagte sie mit einem bedeutungsvollen Augenzwinkern, dann nickte sie knapp und schloss die Tür zu ihrem Zimmer auf.
Schweigend gingen Alexandra und Tobias den Korridor entlang. Erst als sie um die nächste Ecke gebogen waren, sagte er auf einmal: »Weißt du, was ich nie verstehe?«
»Warum du immer einen Korb bekommst?«
»Sehr witzig. Nein, ich frage mich, warum sich eine Frau wie diese Wittecker so aufreizend kleidet, wenn sie doch längst vergeben ist. Die Bluse ist zwei Nummern zu eng. Dann diese knallenge Hose, dazu das Make-up. Und dann wundert sie sich, dass sie von Männern angequatscht wird … und sogar von Frauen.«
Alexandra schüttelte den Kopf. »Ich glaube, sie wundert sich gar nicht, sondern wartet nur darauf. Sie ist dieser Typ, der ständig Bestätigung sucht. Sie braucht die bewundernden Blicke der Männer und die neidischen der Frauen, dann fühlt sie sich gut. Sie möchte auf keinen Fall übersehen werden. Wir haben da mal eine Untersuchung in Auftrag gegeben, und die hat was Interessantes ergeben. Sechs von zehn Frauen, die von männlichen Testpersonen aus unterschiedlichen Altersgruppen ausnahmslos als besonders gut aussehend beurteilt wurden, gaben an, dass sie sich aufreizend kleiden, um beachtet zu werden, aber nicht, um den nächstbesten Mann abzuschleppen, der sich für sie interessiert. Sie wollen einfach wahrgenommen werden. Nur dann fühlen sie sich schön.«
»Probleme haben die!«, murmelte er.
»Möchtest du auch was über die Studie wissen, die wir drei Ausgaben später nachgelegt haben? Warum sich gut aussehende Männer wie balzende Gockel verhalten, wenn die Frauen sich doch eigentlich von selbst auf sie stürzen müssten?«
Er winkte hastig ab. »Danke, kein Bedarf. Das betrifft mich ja nicht, und dann hab ich dazu auch keinen Bezug.«
»Wer’s glaubt«, sagte Alexandra lachend und schaute sich um, als sie das Foyer erreichten. »Wo ist eigentlich Kater Brown?«
»Da draußen.« Tobias zeigte durch die offen stehende Tür nach draußen. »Der Herr hält Siesta.«
Der Kater hatte sich in der Nähe des Brunnens auf den Boden gelegt, der von der Sonne aufgeheizt wurde, und döste vor sich hin. Als Alexandra und Tobias aus dem Gebäude kamen, drehte er das rechte Ohr in ihre Richtung und lauschte aufmerksam, dann hob er den Kopf und blinzelte sie beide an.
Alexandra zwinkerte ihm zu, ohne mit einer Reaktion des Tieres zu rechnen. Doch gleich darauf setzte der Kater zu einem Miauen an, das aber bald in ein ausgiebiges Gähnen überging. Dann stand er auf, streckte jede Pfote einzeln und machte einen Buckel. Nachdem er sich noch kräftig geschüttelt hatte, um sich von dem Staub zu befreien, der an seinem Fell hängen geblieben war, folgte er Alexandra und Tobias zum Parkplatz.
»Bist du irgendwie nervös?«, wollte Tobias wissen, dem nicht entgangen war, dass Alexandra sich immer wieder zu Kater Brown umdrehte.
»Der Kater läuft uns nach, und ich finde es nicht gut, dass er uns auf den Parkplatz folgt.
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